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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Januar 2006, Seite 20

Leonardo Padura: Ein perfektes Leben, Zürich: Unionsverlag, 2005, 269 S., 9,90 Euro.

Mord und Todschlag

Mit berechtigtem Stolz verweist der Unionsverlag auf die Platzierung als Nr.1 der Krimiwelt-Bestenliste im Oktober für das Meer der Illusionen, den vierten Teil des Havanna- Quartetts von Leonardo Padura. Mit der Herausgabe des kubanischen Autors hat sich Thomas Wörtche wieder einmal als sensibles Trüffelschwein erwiesen, das im Wust von Krimiveröffentlichungen die literarischen Delikatessen für seine Metro-Reihe aufspürt. Auf der Suche nach exotischen Szenarien sind vor allem US-amerikanische und britische Schriftsteller auf den ganzen Globus ausgewichen, um in der Fremde neue Reize für ihre Storys zu finden.
Anders der Unionsverlag, hier überwiegen Autoren, deren Einbindung in die lokalen Gesellschaften und deren literarischer Bearbeitung zu schmecken ist. Ganz besonders zu spüren ist dies bei Leonardo Padura. Nach seiner Abstrafung beim Caiman Barbuda und der Versetzung zur Juventud Rebelde, wo er als Journalist arbeitete, entwickelte er den an den vier Jahreszeiten orientierten Zyklus um den Teniente Mario Conde, der nach einigen schriftstellerischen Versuchen bei der Polizei in Havanna landete.
Die Reihe beginnt mit dem Roman Ein perfektes Leben, der nun auch in der Taschenbuchausgabe vorliegt. Mario Conde erhält den Auftrag, Rafael Morín Rodríguez wieder aufzufinden, der nach einer Silvesterfeier spurlos verschwunden ist. Äußerst widerwillig nimmt er die Arbeit auf. Rodríguez ist ein Bekannter aus seiner Schüler- und Studentenzeit und mit ihm verbinden sich nur üble Erinnerungen. Der Kader aus dem Außenhandelsministerium war ein Musterschüler, smart und in Konfliktfällen immer auf Parteilinie. Und was noch schwerer wiegt: Er heiratete Mario Condes angebetete Freundin Tamara. Nach allen Jahren der Distanz fürchtet sich der Polizist vor einem Widersehen mit ihr und ist doch voller Sehnsucht nach seiner Jugendliebe. Conde ermittelt an allen möglichen Ecken und Enden Havannas und führt die Leser zu den Bewohnern der Stadt, wie dies für Touristen nie zu erleben wäre. Wie sehr 1989 ein Jahr des Umbruchs ist, kann Conde noch nicht ahnen, noch ist Havanna die Stadt mit dem unverwüstlichen Herzschlag, die es besser zu machen versucht. Noch sind es die Schmerzen, die aus der Vergangenheit rühren, die schweren Verletzungen seines besten Freundes Carlos, der als Krüppel aus Angola nach Hause gekommen ist. Aber es gibt schon die Ahnungen, dass Teile der Partei von Korruption infiziert sind, und dass aus einem Musterkader, der Geschichte machen wollte, ein Handelsreisender wurde, der eigene Geschäfte machen will.

Udo Bonn

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