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Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Januar 2006, Seite 22

Oldenburg, 16./17.12.05

Kritische Theorien und emanzipatorische Praxis

Von Zeit zu Zeit lohnt es sich für Linke, gemeinsam über den Stand der Dinge zu diskutieren. Neoliberale Hegemonie, mag sie nun brüchig geworden sein oder nicht, kann nur überwunden werden, wenn ein dazu alternatives Projekt neue Konzepte entwickelt und sich neu aufstellt. Wissenschaftlich-politische Kongresse können dafür Foren bieten. Dass es in relativ kurzen zeitlichen Abständen zuletzt verschiedene derartige Initiativen gab (z.B. Kommunismuskongress in Frankfurt, Kritische-Wissenschaften-Kongress in Frankfurt, zuletzt Kapitalismus Reloaded in Berlin), ist sicherlich kein Zufall.
Die Debatte zwischen Bewegungen und (universitärer) kritischer Gesellschaftswissenschaft voranbringen wollte auch der Kongress «Kritische Gesellschaftstheorien und emanzipatorische Praxis heute» vom 16./17.Dezember an der Oldenburger Carl von Ossietzky-Universität. Beide Tage wurden durch den studentischen «Arbeitskreis kritische Gesellschaftstheorie Oldenburg» vorbereitet.
In rund zwanzig Veranstaltungen, Seminaren, workshops und Plena, diskutierten Bewegungsaktive, Studierende und (Nachwuchs-)Wissenschaftler unter dem Motto «...weder von der eigenen Ohnmacht noch der Macht der anderen sich dumm machen zu lassen». Das Engagement lokaler politisch-sozialer Bewegungen wurde folgerichtig ebenso thematisiert, wie die Auseinandersetzung mit theoretischeren Entwürfen gesucht wurde.
Eröffnet wurde am Freitag von Stefan Müller-Doohm mit einem Vortrag über den «Einspruch des öffentlichen Intellektuellen als emanzipatorische Praxis», in dem er die Konzeptionen von Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas verglich.
Marxistische Theoriebildung (Christoph Jünke über den revolutionären Humanismus Leo Koflers) fand an den beiden Tagen ebenso ihren Platz, wie das Verhältnis von Theorie und Praxis aus der Perspektive antirassistischer Bewegung diskutiert wurde (Gruppe Quark). Des Weiteren reichten die Themen von «Staat und Geschlechterverhältnissen im flexiblen Kapitalismus» (Jörg Nowak), über Foucaults Machtanalytik bis hin zum aus der Pädagogik stammenden Anti-Bias-Ansatz. Den Freitagabend beschloss Sabine Kebir mit Ausführungen zu ihrer Lesart des Zivilgesellschaftskonzeption Antonio Gramscis. Und Roger Behrens versuchte sich am Samstagabend abstrakter an der Verteidigung kritischer Theorie. Ob es gelang, die Debatte konstruktiv zu gestalten, bleibt abzuwarten.

Thomas Goes

Infos.



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