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Am 15.September 2005 kamen Frauen aus dem gesamten Bundesgebiet zum Linken
Frauenaufbruch in den geschichtsträchtigen Club Voltaire nach Frankfurt. Die Vorstellungsrunde
erinnerte fatal an den sarkastischen Titel des 1981 von Ulla Jelpke herausgegebenen Buches Das höchste
Glück auf Erden, Frauen in Linken Organisationen. Nahezu alle Frauen, sie waren aus verschiedenen
Organisationen und Parteien, berichteten davon, wie schwer es im Jahr 2005 ist, sich, trotz formaler
Bekenntnisse zur Frauenemanzipation, Gehör für Fraueninteressen in den linken Organisationen zu
verschaffen.
Es sind Parteien, in denen Männer
mittleren und älteren Alters dominieren, die ihre politischen Erfahrungen in hierarchisch
strukturierten Organisationen, Gewerkschaften und Parteien gemacht haben. Auch die Linkspartei steht bei
den Wählerinnen bislang nicht besonders hoch im Kurs, gerade mal 25% der Wähler waren Frauen.
Beim SDS-Kongress 1968 gab Helke Sander die Initialzündung zur mit ihrer berühmten Rede zur
Frauenemanzipation. Die Frauen schmissen Tomaten gegen das Podium, ein Großteil der Frauen
verließ den SDS. Die radikalste unter den Frauenbewegungen und Linken in Europa waren zu der Zeit die
in Italien. Lotta continua, die größte der linken Parteien, scheiterte schließlich an dem
Konflikt mit den Frauen. Das Konzept des demokratischen Zentralismus ließ den Interessen der Frauen
keinen Spielraum. Die Frauen verließen die Parteien. Der berühmte Brief von 12 Genossinnen aus
der linken PdUP: , machte in der Frauenbewegung Furore.
Auch in der Linken in Lateinamerika und den
USA gab es ähnliche Entwicklungen. Angela Davis berichtete bei unseren Gesprächen in Oakland ihre
Erfahrungen:
«Ich studierte in San Diego, fand
meinen politischen Zusammenhang aber in Los Angeles in der Black Panther Political Party. Im Laufe der Zeit
erfuhr ich die patriarchalen Strukturen, die auch in den Organisationen der Freiheitsbewegung der Schwarzen
bestimmend waren. Das war die gleiche Zeit, in der die Frauenbewegung geboren wurde und in ihr
Embryostadium kam. Ich war betroffen, dass es zu jener Zeit keinen Platz für schwarze Frauen in der
Frauenbewegung zu geben schien. Zwischendurch hatte ich das Gefühl, wenn ich Teil der Frauenbewegung
war, konnte ich nicht schwarz sein. Wenn ich aktiv in der Bewegung der Schwarzen war, musste ich mein
Frausein wegtun. Zur selben Zeit gab es sexistisches Verhalten und männliche Dominanz in der Bewegung
der Schwarzen. Ich war Mitglied einer Organisation, die vielleicht die wichtigste Basisorganisation in Los
Angeles war. Es war das gewaltfreie Studentenkomitee, das quasi von Frauen gemacht wurde. Wir hielten das
Büro in Schwung, wir organisierten die Projekte, wir entwickelten die Strategien, wie das so
üblich ist bei Frauen. Aber wenn eine Kundgebung gemacht wurde, wenn eine Pressekonferenz abgehalten
wurde, tauchte plötzlich einer der Männer auf und nahm alles für sich in Anspruch. Es gab
sexistisches Verhalten und männliche Dominanz in der Bewegung der Schwarzen. Wir kamen in eine
große innere Auseinandersetzung, an der unglücklicherweise die Organisation kaputtging.»
Seit dem ist viel geschehen. Die Frauenbewegung hat unendlich viel gearbeitet, hat viele Missstände
öffentlich gemacht, hat den Schleier der Privatheit von Gewaltverhältnissen gezogen.
Über das Frankfurter Treffen
berichtete ich für die Junge Welt. Die harsche Frankfurter Kritik der verschiedenen Frauen: , wurde
von der Jungen Welt gestrichen. Überschrieben hatte ich den Artikel: . Die Junge Welt machte daraus: .
Schritte einer Anpassung?
Dabei haben wir jeden nur erdenklichen
Grund, radikal und fordernd zu sein. Wir leben in einer Zeit, in der das Leben auf der Erde durch
Gewaltverhältnisse bestimmt ist. Es gibt keinen sicheren Ort. Gewalt ist zu Hause, bei der Arbeit, in
unseren Vorstellungen. Gewalt wird über die Medien, über Computerspiele und Gewaltpornographie
propagiert. Jede Form von Gewalt ist miteinander verbunden. Die Absichten, die Vergewaltigung
hervorbringen, haben mit den Absichten zu tun, die Kriege erzeugen und uns an den Rand der globalen
Vernichtung gebracht haben.
Seit 1999 wird bspw. in Russland Gewalt
gegen Frauen statistisch erfasst. Jährlich kommen dort etwa 14500 Frauen nach Mißhandlungen durch
ihren Lebenspartner ums Leben. Das sind in einem Jahr mehr tote Frauen durch private Gewalt als tote
sowjetische Soldaten in zehn Jahren Afghanistankrieg. In Deutschland suchen jährlich etwa 40000 Frauen
die Frauenhäuser auf.
Elementare Verletzungen der Menschen- und
insbesondere der Frauenrechte spielen sich im Zusammenhang der Globalisierungsprozesse ab. Die
Globalisierung spielt sich weltweit weitgehend auf dem Rücken der Frauen ab.
Der größte Teil der Arbeiterinnen
in den Weltmarktfabriken, in den Freihandelszonen sind Frauen. Körperliche Bestrafungen,
Beschimpfungen und sexuelle Belästigungen sind in den Produktionsstätten der Freihandelszonen an
der Tagesordnung. Prostitution, Prostitutionstourismus, Pornografie, Verkauf von Frauen und Kindern aus
Asien, aus Osteuropa, aus Afrika in die Bordelle der westeuropäischen und nordamerikanischen Staaten
sind zu einem Riesengeschäft geworden.
Die Verhältnisse haben sich, trotz
einiger Verbesserungen, weltweit gesehen, nicht grundlegend geändert. Frauen sind 52% der
Weltbevölkerung, wir machen zwei Drittel der Arbeit. Wir bekommen dafür ein Zehntel des Lohns und
haben 1% des Besitzes weltweit.
Gleichheit, schrieb Germaine Greer im Jahre
2000, «das Recht auf einen gleichen Anteil an den Profiten einer Wirtschaftstyrannei bedeutet, ist sie
mit Emanzipation unvereinbar. Freiheit in einer unfreien Welt ist nichts als ein Freibrief zur Ausbeutung.
Lippenbekenntnisse zum Feminismus in den Industriestaaten sind eine geschickte Verschleierung der
Vermännlichung der Macht und der Verweiblichung der Armut in den Entwicklungsländern.»
Von der Linkspartei verlangen wir: Einen
wirklichen Dialog mit den Bewegungen zu führen, sie nicht zu instrumentalisieren als sog. .
Ellen Diederich
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