SoZ - Sozialistische Zeitung |
Notting Hill ist heutzutage ein hübsches Fleckchen in der britischen
Hauptstadt, bei schönem Wetter ist angenehm zu flanieren, in den Antiquitätenläden und
aufgemotzten Boutiquen kann man viel Geld loswerden, in den Straßencafés teuren Cappuccino
schlürfen. Bei Einbruch der Nacht wirds ein wenig ruppiger aber das ist noch gar nichts
gegen die angrenzenden Gegenden. Je weiter man nach Londons Norden kommt, etwa zum Harefield Estate, desto
entwickelter sind die Strukturen einer Parallelgesellschaft, in der Autodiebstahl, Drogen- und Waffenhandel
und Prostitution die Wirtschafts- und Sozialbeziehungen prägen.
In diesem Viertel ist Detective Stella
Mooney aufgewachsen. Aber hier mittels eines Studiums raus zu kommen, hat für sie nicht bedeutet, dem
alltäglichen Horror zu entkommen. In Der Kreis der Toten wird sie und ihr Ermittlungsteam an einen
Tatort geschickt, wo vier Tode gemeinsam an einem Tisch sitzen. Was nach einem religiös motivierten
Suizid älterer Menschen aussieht, entpuppt sich bei einem der Toten als Mord in Stil einer
Hinrichtung. Das Team führt Untersuchungen in unterschiedliche Richtungen, die Recherche der
Internetverkaufsaktionen des Ermordeten mit Verbrechensdevotionalien führen nicht richtig weiter.
Während Korruption von Kollegen durch Verkehrsunfälle oder vergeigte Festnahmen zufällig
aufgedeckt werden, verdeckte Ermittler enttarnt werden und Polizeispitzel ihres Lebens nicht mehr sicher
sind, spitzt sich die persönliche Krise von Stella Mooney immer weiter zu: Traumatisiert durch eine
fehlerhafte Entscheidung und immer häufiger in körperlichen Auseinandersetzungen mit brutalen
Typen bedroht, geschlagen und entführt, entgleitet ihr langsam ihr Leben. Und dann wird sie noch
konfrontiert mit dem Elend von Frauen aus Osteuropa, die von dem familienseligen Gangsterclan Tanner in
Zwangsprostitution gehalten werden und die sich nichts mehr wünschen als einen sauberen Pass, um der
Tyrannei der Zuhälter und Kunden zu entkommen.
David Lawrence Roman erzählt die
düstere Geschichte so packend und energisch, wie dies bislang nur James Ellroy gelungen ist. Dass die
Gangster im Gefängnis landen werden und der Killer von seinem ehemaligen Opfer gestellt wird, erzeugt
keine Erleichterung: Es sind nur Arbeitsplätze freigeworden.
Udo Bonn
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
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