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Dass in der Jungen Welt jeder harte Ton der iranischen Administration im
aktuellen Atomkonflikt als antiimperialistische Geste gedeutet wird, überrascht uns wenig. In
Erstaunen versetzt uns die inzwischen weit verbreitete und überall auf große Zustimmung treffende
Lösung: , wie sie auch der von uns so geschätzter Hugo Chávez von sich gibt. Viele Linke und
Friedensbewegte erstarren in klassischer Argumentation gegen imperiale Kriegsspiele.
Dass ein differenzierter Antiimperialismus,
der das Wesen der mit dem globalen Imperium in Konflikt geratenen regionalen Diktaturen Rechnung
trägt, ebenso Mangelware geworden ist, sind wir auch gewohnt. Der antideutsche Bellizismus mit seiner
reaktionären Schlussfolgerung war der beste Beitrag, um eine qualitative Weiterentwicklung
friedenspolitischer und antiimperialistischer Positionen zu verhindern. Im aktuellen Konflikt um den Iran
werden in den nächsten Wochen einige Schienen aufgestellt, die entscheiden werden, ob der Konflikt
außer Kontrolle gerät.
als Element ist im Falle des Iran faktisch das Recht auf die Atombombe und nichts anderes. Es
ist eine Absurdität, wenn die iranische Regierungsseite mit energiepolitischen Argumentationen ihr
Atomprogramm rechtfertigt. Der Iran hat wahrlich viele Probleme, bei den Mengen an fossilen Rohstoffen aber
bestimmte keine mit der Energieversorgung.
Völlig klar ist, dass die Bush-
Administration für ihr einen Regimewechsel im Iran will. Die US-Strategen haben erkannt: Solange im
Iran radikale Fundamentalisten an der Macht sind, werden sie den Irak und andere Konfliktherde nicht
nachhaltig befrieden, eine Einschätzung, die sie auch offen zugeben. Die iranische Regierung weiß
dies und hat eine Option, dieser Drohung zu entgehen: Die Atombombe, gerichtet auf Israel. Aber auch ohne
diese Bedrohung braucht der Iran die Bombe, um als Regionalmacht mit den Nachbarn, die Atomwaffen haben,
konkurrieren zu können. Das ist der erste fundamentale Unterschied zum Konflikt im Irak es geht
nicht um eine fiktive Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen, sie sind real. Hier liegt die erste
große moralische Falle. Wer dies verleugnet, bedient die Rhetorik der Mullahs.
Die iranische Administration wird
keineswegs geführt von einer Bande irrationaler Spinner. Die wirklich das Sagen haben und das
ist in diesem Fall der Nationale Sicherheitsrat sind fundamentalistische Oligarchen, die eigentlich
die chinesische Lösung einer Westöffnung unter Beibehaltung ihrer politischen Macht verfolgen.
Die kompromisslose US-Strategie als Hintergrund der Eskalation einerseits und der Kollaps des Reformlagers
des iranischen Regimes andererseits haben diese Option zunächst blockiert. Es gibt im iranischen
Apparat einen radikalen Flügel, für den der Präsident Ahmadinejad steht, der faktisch noch
relativ machtlos ist. Sie bauen sich über hart geführte ideologische Auseinandersetzungen auf
also fundamentalistisch und mit unüberhörbarem Antisemitismus. Bei der Vorstellung, diese
Wahnsinnigen würden bei anderen Kräfteverhältnissen im Iran die Hand auf den roten Knopf
bekommen, müsste bei allem berechtigten Hass auf Bush jedem angst und bange werden.
Eine militärische Lösung ist natürlich keine Antwort auf die Bedrohung. Ein
Militärschlag oder eine Invasion fällt zur Zeit als Option weg, da der Iran noch viel schwieriger
militärisch zu kontrollieren ist als der Irak, und es kostet im Dienste der geopolitischen Interessen
des Westens nicht nur wieder unzähligen unschuldigen Menschen das Leben, sondern würde auch die
Emanzipation in der Region um mindestens ein halbes Jahrhundert zurückwerfen. Denn ein wichtiger
Punkt, den wir in der Debatte kaum finden, ist die säkulare politische Opposition im Iran.
Das ist der zweite fundamentale Unterschied
zum Irak: Im Iran hat sich im letzten Jahrzehnt trotz aller Repressionen und Rückschläge eine
politische Opposition und soziale Bewegung herausgebildet. Das Regime ist äußert verhasst. Der
islamische Fundamentalismus, der sich bei der Machtübernahme auf tiefe Wurzeln in der Gesellschaft
stützen konnte, hat diese längst verloren. Die Rolle der Religion ist in Köpfen der Menschen
auf einem historischen Tiefpunkt angelangt 20 Jahre fundamentalistisches Klassenregime mit
Willkür, Terror und Korruption hat die größte Säkularisierung in der neueren iranischen
Geschichte verursacht. Ein Militärschlag würde für die emanzipatorischen Potenziale des Iran
einen großen Rückschlag bedeuten. Die Fundamentalisten würden in eine Opferrolle gegen die
Invasoren gerückt, die es ihnen ermöglicht, wieder für lange Zeit gesellschaftlich tiefe
Wurzeln zu schlagen. Der Irak ist hier ein warnendes Beispiel.
Teheran ist die Hauptstadt des reaktionären Islamismus, die ihre politische Kraft und ihre
Hegemonie über die Opposition im Nahen Osten durch das Abschlachten der Linken im Iran und ihrem
Terror gegen emanzipierte Kräfte gewonnen hat. In ihrem zum Teil faschistoiden Charakter vor
allem der radikale Antisemitismus als antiimperialistische und antikapitalistische
Volksgemeinschaftsideologie und der auf diese Ideologie gründende paramilitärische Arm, der sich
aus urbanem Subproletariat rekrutiert und die eigentliche Machtbasis der Exekutive darstellt macht
sie zum inneren Todfeind des emanzipatorischen Lagers im Nahen Osten.
Dass dieser innere Todfeind sich nun einer
obskuren Sympathie bei Teilen der internationalen Linken erfreut, indem sich diese Linken Gedanken
über den Gesichtsverlust der Mullahs im Atomkonflikt machen (die KP Indiens drohte mit ihrem Austritt
aus der Regierung, wenn Indien irgendeine Maßnahme gegen den Iran unterstützt), zeugt von den
Obskuritäten des heutigen Antiimperialismus.
Eine Linke, die nicht aus der Perspektive
der Opposition im Iran argumentiert, rückt sehr schnell in eine affirmative Haltung gegenüber dem
iranischen Staat. Leider ist es bisher vor allem George Bush gewesen, der an prominenter Stelle auf den
diktatorischen und in der Bevölkerung isolierten Charakter des iranischen Regimes hingewiesen hat. Wer
dies tut, hat die Sympathie der verzweifelten Menschen im Iran sicher. Die Linke darf dies nicht Bush
überlassen.
Der Konflikt kann nur dann entschärft werden, wenn der Iran Sicherheitsgarantien vor
Militärschlägen bekommt. Eine langfristige Lösung liegt in der atomaren Abrüstung der
Region, die aber kurzfristig zu beginnen wäre. Dies wären die Grundlagen, auf denen das iranische
Atomprogramm zu stoppen ist.
Natürlich muss von außen Druck
auf das Regime im Iran ausgeübt werden sowohl was Massenvernichtungswaffen angeht, aber
insbesondere, was die Menschenrechte betrifft. In diesen Tagen erleben erneut die Organisatoren der ersten
unabhängigen Gewerkschaft im Iran den faschistoiden Charakter von Ahmadinejads Banden, als in Teheran
am Streiktag der Busfahrer über 1000 Kollegen, teilweise mit Frauen und Kindern, verhaftet und
misshandelt wurden [siehe Seite 16].
Die Menschen und unsere Mitstreiter im Iran
brauchen internationale Solidarität und dies schließt diplomatischen Druck auf die Regierung mit
ein. Damit sind nicht allgemeine Wirtschaftssanktionen gemeint, die oft die Bevölkerung treffen. Es
gibt viele andere Möglichkeiten (z.B. Stopp von gewissem Technologietransfer, der für Waffen
gebraucht wird), die einen realen Druck auf die Oligarchen im Turban ausüben können.
Pedram Shahyar
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