SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, April 2006, Seite 04

E.on

Riesengeschäfte

von ROLF EULER

Der "deutsche" E.on-Konzern will den "spanischen" Endesa- Konzern kaufen — eine Schlagzeile unter vielen, die in der Welt die Übernahme von großen Unternehmen über Ländergrenzen hinweg ankündigen. Die von E.on geplante Fusion wirft eine Menge Fragen auf und führt zu scheinbar seltsamen Reaktionen.
Erstens: Woher hat E.on so viel Geld, um sich einen kompletten auswärtigen Energiekonzern zu kaufen, und dabei das Angebot der Konkurrenz (der "spanische" Gas-Natural-Konzern) um sage und schreibe 30% zu überbieten?
E.on hat — auf Kosten der Strom- und Gaskunden — im letzten Jahr riesige Gewinne gemacht. Der Umsatz stieg von 46 auf 56 Milliarden Euro, der Gewinn von über 4 auf über 7 Milliarden Euro, von unter 10% auf über 12% Umsatzrendite und das in einer Saison, in der alle Verbraucher über immens steigende Energiepreise klagen. Außerdem hat E.on seine Wohnungsgesellschaft Viterra an den "englischen" Annington-Konzern verkauft — Geld genug, um mal eben 29 Milliarden hinzulegen.
Zweitens: Was bedeutet das für den europäischen Energiemarkt? Das Bemühen von Politikern, sich als Garanten einer jeweiligen "nationalen" Energiepolitik hinzustellen, wird durch die Finanzinteressen der großen Konzerne längst als absurd hingestellt. Der "spanische" Endesa-Konzern ist längst großer Energie-Anbieter in Frankreich, Portugal und Lateinamerika — ein Kundenkreis, der den von E.on im mittleren und östlichen Europa "ergänzt" — es entstünde der weltgrößte Anbieter von Strom und Gas.
Seltsam erscheint, dass das Endesa- Management im Gegensatz zur spanischen Regierung nicht den "spanischen" Konzern Gas Natural als neuen "Hausherrn" haben will, sondern lieber die "deutsche" E.on an Schalter und Gashahn sehen möchte — ob das wohl mit den großen Abfindungen zu tun haben mag, die sich nach dem höchsten Angebot richten sollten?
Drittens: Würde das nicht dem Wettbewerb zuwider laufen, der von der EU-Kommission als oberstes Ziel der Wirtschaftstätigkeit hingestellt wird? Natürlich nicht — im Gegenteil, die EU-Kommission warnt die spanische Regierung vor wettbewerbswidrigen Eingriffen und Gesetzen zum Schutz des spanischen Energiemarkts. Das Monopoly-Spiel der Konzerne wird von der EU-Wettbewerbsregelung gefördert. Und wenn das nicht reicht, gibt es in Deutschland das Mittel der Ministererlaubnis, dem sich E.on schon zu bedienen wusste. Jetzt wird das europäische Recht wohl auch angemessen angepasst an die größeren Happen der Konzerne.
Hat man gehört, dass die EU-Kommission den großen Konzernen Auflagen zum Schutz der Energieverbraucher, der Millionen Gas- und Stromkunden, gemacht hat, als die Unternehmen im Zuge der Ölpreissteigerungen alle Preise erhöhten und — siehe E.on, Shell, Exxon usw. riesige Gewinne einfuhren?
Viertens: Untersuchungen zeigen, dass Übernahmen von Großkonzernen sich oft nicht "rechnen", weil die Schulden aus der Übernahmeschlacht und den dadurch künstlich aufgeblähten Preisen bedient werden müssen, d.h., die angeblich angestrebten Unternehmensziele und sog. Synergieeffekte werden selten erreicht. Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Für die Aktionäre, vor allem aber die Banken und die Beratungsfirmen, die die Übernahmen finanzieren und betreiben, lohnt sich das Kaufkarussell sehr. Wer drauf zahlt, sind die Beschäftigten und die Kunden. Arbeitslosigkeit und steigende Energiepreise sind die andere Seite der Medaille.
Was tun? Mit der spanischen Regierung gegen den Übernahmepoker antreten? Mit der deutschen Regierung für den "Standort Deutschland" und damit für die E.on-Pläne eintreten? Die Alternative stellen nur gemeinsame Aktionen der Kunden gegen die steigenden Preise, und der Beschäftigten gegen den Personalabbau dar. Für die Aktionäre können und wollen wir weder auf der einen noch auf der anderen Seite etwas tun!

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