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Ein übrig gebliebener Neunziger? So etwas gibt es. Auf dem Papier ist
der marxistische Agrarwissenschaftler Theodor Bergmann am 7.März 90 Jahre alt geworden. Glauben kann
man es kaum, so agil und geistig anregend ist er. Theo Bergmann, der auch wichtige Arbeiten zur Geschichte
des Sozialismus und einem kritischen Kommunismus verfasste, hat das Leben nicht nur am Schreibtisch
studiert. Dazu gaben ihm die Umstände im Jahrhundert der Katastrophen, so der Titel seiner im VSA-
Verlag erschienenen Autobiografie, keine Gelegenheit.
1916 in Berlin geboren, fand der
Dreizehnjährige den Weg zur Jugendorganisation der KPD-Opposition. Diese widersetzte sich der
Unterordnung der KPD-Führung unter das Diktat Stalins wie auch der politisch selbstmörderischen
Sozialfaschismus-Theorie, die in der SPD den Hauptfeind und faktischen Komplizen Hitlers sah. Als er 1933
zur Macht gekommen war, musste Theo Bergmann aus Deutschland fliehen. Es folgten harte Jahre des Exils in
Palästina, der Tschechoslowakei und Schweden. Bergmann war zumeist Landarbeiter, zeitweilig auch
Student der Agrarwissenschaften, doch konnte er das Studium erst 1949 in Bonn abschließen.
Die Nachkriegsjahre waren nicht viel
leichter für ihn. Er war unbezahlter Redakteur der marxistischen Zeitschrift Arbeiterpolitik, die
jedoch die Politik der Sowjetunion unnachsichtig kritisierte. Ohne die Unterstützung seiner Frau
Gretel wären ihm Promotion und Habilitation nicht möglich gewesen. Es dauerte bis 1973, ehe Theo
Bergmann Professor für International vergleichbare Agrarpolitik an der Universität Stuttgart-
Hohenheim wurde.
International bekannt wurde er vor allem
durch seine Untersuchungen über die Genossenschaften in Indien und Israel. Er schrieb über
zwanzig Monografien. Für eine noch größere Zahl von Büchern zeichnete er als
Herausgeber oder Übersetzer verantwortlich. Seit einem Vierteljahrhundert ist die Geschichte, Theorie
und mögliche Zukunft der Arbeiterbewegung sein wichtigstes Forschungsthema. Sein Buch Gegen den Strom
die Geschichte der KPDO wurde zum Standardwerk. Theo Bergmann regte zahlreiche internationale
Konferenzen an, unter anderem zu den Perspektiven des Sozialismus. Hinzu kommt sein langjähriges
Engagement in der PDS Baden-Württembergs. Noch immer geht es ihm um eine Politik, die den arbeitenden
Menschen Perspektiven ermöglicht. Zum Ruhestand fühle er sich, wie er sagt, noch nicht alt genug.
Mario Keßler
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