SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Mai 2006, Seite 04

Misslungene Integration

Die Schule brennt

von LARISSA PEIFFER-RÜSSMANN

Landauf landab wird in der Bildungspolitik gespart, vom Kindergarten bis in den Jugendbereich. Seit Jahren warnen die Pädagogen vor den Folgen — vergeblich.
Die Politiker in den Landesregierungen — quer durch alle Parteien — stellen sich taub und setzen weiter den Rotstift an. Dabei werden sie nicht müde, bessere Qualität in der Ausbildung anzumahnen. Doch gerade die Hauptschule ist gar nicht in der Lage, ihren Schülern eine angemessene Ausbildung in solch einem anregungsarmen Klima zu geben, voll gepackt mit sozialen Problemen. Bis heute sind all die versprochenen "zusätzlichen" Hilfen für diese "Restschule" ausgeblieben — im Gegenteil. Sozialpädagogenstellen wurden gestrichen statt aufgestockt, versprochene zusätzliche Lehrerstellen blieben bis jetzt Fehlanzeige.
Nach dem Hilferuf aus den Hauptschulen wird erst einmal Polizeipräsenz angeboten. Es ist die Rede von der Integrationsunwilligkeit der Migranten — ja wie denn bei 80% Migrationsanteil und einer zunehmenden Ghettoisierung in den Städten? Gedroht wird mit Auflagen, Kürzung der Sozialhilfe, Knast und Abschiebung ganzer Familien, Überlegungen, die sich außerhalb jeder Legalität bewegen. Diese Vorschläge kommen aus der Mitte der Gesellschaft und sie finden auch genau dort Anklang. Das alles soll ablenken von der Realität, denn würden die Gründe beim Namen genannt, wäre Handlungsbedarf angesagt.
Die Wahrheit kommt jedoch nicht auf den Tisch: Eine solch geballte Problemlage wie an den Hauptschulen ist auch mit zusätzlichen Stellen nicht zu meistern, denn wenn diese Jugendlichen die Schulen verlassen — und das gilt auch für viele Realschulabgänger — haben sie null Chancen, ob mit oder ohne Abschluss und unabhängig von ihren Sprachkenntnissen, und das liegt vor allem an den viel zu wenigen Lehrstellen und fehlenden Arbeitsplätzen. Das wiederum ist weniger eine Frage des guten Willens als des gesellschaftlichen Systems.
In eine Gesellschaft integriert ist nur, wer auch an dieser teilnehmen kann. Nach offizieller Statistik erhält nur jeder zweite Jugendliche eine Lehrstelle, bei den Migranten nur jeder fünfte, hinzu kommen über 100000 Bewerber, die sich aufgrund der Aussichtslosigkeit gar nicht erst an die Arbeitsagenturen wenden, sie suchen selber nach "Übergangslösungen" und fallen aus der Statistik heraus. Ohne Aussicht auf weitere Ausbildung und Arbeit gibt es aber für sie keine Perspektiven.
Das wissen auch die Verantwortlichen — aber das sagen sie natürlich nicht, denn dann müssten sie handeln. Sie müssten das Schulsystem grundlegend ändern, das Sparen auf Kosten der Bildung aufgeben, Steuern bei den Reichen eintreiben statt Steuergeschenke zu machen. Vor allem aber müssten sie eine Senkung der Arbeitszeit befürworten statt die Heraufsetzung auch noch zu propagieren und selbst zu praktizieren.

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