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Der Streik bei Gate Gourmet Düsseldorf ist vorbei, die Tarifergebnisse
liegen vor. Während Frankfurt noch verhandelt, geht woanders die Auseinandersetzung weiter, z.B. in
London. Die Konzernleitung hatte die Beschäftigten dort in einen fast verzweifelten Verteidigungskampf
um Lohnverlust und schlechtere Arbeitsbedingungen gezwungen. Bei den Auseinandersetzungen wurde deutlich:
Erstens, dass Streikbrecher nicht nur günstige Verhandlungsergebnisse für die Beschäftigten
verhindern. Aber kaum als Streikbrecher begonnen, konnten sie die Arbeitsbedingungen am eigenen Leib
erfahren. Zweitens, dass gerade in harten Auseinandersetzungen die Streikenden eine große
persönliche und solidarische Unterstützung aus der Bevölkerung brauchen. Drittens wird
gerade an diesem Streik die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit notwendig.
Vom 25. bis 26.März bot sich die
einmalige Gelegenheit einer länderübergreifenden Solidaritätsaktion gegen die Politik der
gemeinsamen Konzernleitung Texas Pacific Group in London. Vor der Zentrale im "Stirling House"
machten sie ihrem Zorn unzweideutig Luft: "Texas Pacific Gangster Capitalist", "TPG
stoppt Sklaverei", oder "Gerechtigkeit für Gate-Gourmet-Beschäftigte",
hieß es. Im Anschluss an eine Demonstration am Samstag durch London-Hounslow stellte gar das
Ratsmitglied Colin Ellar den Plenarsaal für die Protestierenden zur Verfügung. Ellar:
"Dieser Kampf ist ein Kampf um gerechten Lohn und gerechte Arbeitsbedingungen. Wir müssen
gemeinsam dafür kämpfen, dass Menschen nicht derart ungerecht behandelt werden."
Gate Gourmet ist der zweitgrößte
Caterer der Welt. Als profitables Unternehmen wurde es vom amerikanischen Finanzdienstleister Texas Pacific
Group (TPG) aufgekauft, der durch seine Brachialmethoden als weltweit operierende "Heuschrecke"
zweifelhaften Ruf erlangt hat. Die von der TPG aufgezwungenen Bedingungen sind für die zähen
Widerständler eine moderne Form der Sklaverei. Deshalb kämpfen sie für eine
Wiedereinstellung und für die Wiederherstellung der alten und Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Wie rabiat die TPG Druck ausübt,
machen die Aussagen Betroffener deutlich: Im August letzten Jahres wurde ein Teil der Belegschaft in
Londoner Flughafen Heathrow von der Geschäftsleitung kurzerhand ohne Nahrung, Getränke oder
Möglichkeit zum Toilettengang für sieben Stunden in der Kantine eingesperrt. In der Zwischenzeit
wurden Zeitarbeitnehmer eingestellt. Andere Beschäftigte wurden durch eine private Sicherheitsfirma
gewaltsam vom Firmengelände gedrängt. Beschäftigten, die zur Schicht erschienen, wurde per
Megafon die Kündigung ausgesprochen.
Der Druck auf den Rest der
Beschäftigten war enorm, um ihnen die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen abzupressen. So sollte der
Lohn bei gleichzeitiger Arbeitsverdichtung um 25% gekürzt werden. Die Lohnfortzahlung wurde von 18
Tagen auf einen Tag gesenkt für Beschäftigte, die über fünf Jahre im Betrieb waren.
Beschäftigte unter fünf Jahren mussten ohne Lohnfortzahlung auskommen. Die anderen wurden mit
monatlich verlängerbaren Arbeitsverträgen unter Druck gesetzt, ebenfalls ohne Lohnfortzahlung und
Rentenanspruch. Die Arbeitsverdichtung wurde erheblich erhöht. Zusätzlich übte die
Geschäftsleitung Druck durch die Einstellung osteuropäischer Streikbrecher zu sklavenhalterischen
Bedingungen aus. Die Belegschaft ging schon damals davon aus, dass diese Provokation von langer Hand durch
die TPG vorbereitet war.
Die Beispiele zeigen drastisch, mit welchen
Methoden die Zerschlagung der Tarife, der sozialen Sicherungssysteme, der Abbau des Kündigungsschutzes
und der Abbau demokratischer Rechte durchgeführt werden kann. Scheibchenweise wird diese Form des
unzivilisierten Raubtierkapitalismus auch in Deutschland seit Jahren durchgesetzt. Auch bei Gate Gourmet in
Düsseldorf wollte die Konzerleitung die Arbeits- und Lohnbedingungen erheblich verschlechtern, nach
dem dort die Unternehmensberatung McKinsey "gewütet" hatte.
Das Beispiel verdeutlicht überdies,
dass die Machenschaften internationaler Konzerne nur mit länderübergreifendem solidarischen
Handeln abgewendet werden können. Die Streikenden haben diese länderübergreifende
Solidarität am eigenen Leib gespürt. Ayse Ak aus Düsseldorf: "Es ist gut, hier zu sein
und die Leute aus Heathrow zu unterstützen. Wir haben beide den gleichen Arbeitgeber und die gleichen
Forderungen." Und der von der Werksführung in London gefeuerte Harbinder Singh: "Die
Solidarität von Gemeinde zu Gemeinde, von Staat zu Staat zeigt, dass wir gegen die Selbstherrlichkeit
der Bosse gewinnen können." Rocha Gomez aus Düsseldorf meint, dass die internationalen
Konzerne selbst die Verantwortung für den gemeinsamen Widerstand tragen: "Ich bin hier, um meine
Solidarität gegenüber den Beschäftigten in Heathrow zu zeigen. Der Konzern zwingt uns zu
gemeinsamem Handeln in London und Düsseldorf. Es ist gut, dass wir zusammen sind."
Ein englischer Kollege sagt konkret, worum
es geht: "Die Teilnahme der Streikenden aus Deutschland war für uns eine enorme
Unterstützung. Internationalismus und internationales Handeln ist keine Phrase, es die Frage dieser
Stunde, denn die Bosse können überall in der Welt hingehen, die Menschen hinaus werfen und der
Straße überlassen … Viele Beschäftigte sehen die beginnende Krise des Kapitalismus und
wollen dagegen kämpfen."
Hans-Dieter Hey
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