SoZ - Sozialistische Zeitung |
Franco Turigliatto von Sinistra critica, eine der vier linken Strömungen
in Rifondazione, wurde bei den jüngsten Parlamentswahlen zusammen mit Luigi Malabarba in den Senat
gewählt. Sie stellen die radikale Linke im Senat dar. Das Wahlbündnis Unione verfügt im
Senat über eine Mehrheit von zwei Stimmen. Luigi Malabarba legt sein Mandat im Juli nieder, um in den
Betrieb (Alfa Romeo) zurückzukehren. Nachrückerin ist Haidi Giuliani.
Alle haben damit gerechnet, dass Berlusconi bei den Parlamentswahlen am 9. und 10.April
mächtig verliert. Er hat aber nur ganz knapp verloren. Wäre nicht die der Lega Nord nahe stehende
Liste des Kleinunternehmers Giorgio Panto in Venetien gewesen, Progetto Nordest, die fast 93000 Stimmen
gezogen hat, hätte er gewonnen. Wie ist das zu erklären? Dass die Regierung in ihrer Amtszeit
massiv den Zorn der Bevölkerung auf sich geladen hat, war ja keine Falschmeldung. Es hat in den
letzten Jahren mehrfach starke Mobilisierungen gegen die Regierung gegeben, im letzten Jahr war sogar eine
Situation erreicht, wo sie hätte gestürzt werden können, weil auch die Spannungen im
Regierungslager selbst sehr stark geworden waren. Das hätte aber vorausgesetzt, dass
Teilmobilisierungen wie die der Metaller oder … ausgeweitet werden zu einem Generalangriff gegen die
Regierung. Das ist nicht geschehen, die Mitte-Links-Parteien haben den Metallerstreik erst in letzter
Minute aufgegriffen. Die sozialen Bewegungen haben also Schwierigkeiten, über den Abwehrkampf hinaus
ein gemeinsames politisches Ziel zu formulieren, einen Wechsel der politischen Rahmenbedingungen zu
erzwingen, ohne den es kaum noch Erfolge geben kann. Die Parteien, die jetzt die Unione bilden, haben
gedacht, es reicht, wenn sie den regulären Wahltag abwarten, um Berlusconi abzuwählen. Sie waren
sich ihrer Sache ziemlich sicher, denn inzwischen hatten sie sogar die Unterstützung des
Unternehmerverbands Confindustria, der sich von Berlusconi abgewandt hat.
Die Politik der vorangegangenen Regierungen
haben tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen: sie ist zersplittert, segmentiert worden, es gibt
heute eine breite Schicht von abhängigen Selbständigen, die man besser als
"Lumpenunternehmer" bezeichnet, große Teile sind verarmt. Diesen Schichten hat Berlusconi
noch einmal aus der Seele gesprochen, er hat sich als über den Parteien stehend präsentiert, er
hat den Wahlkampf mit populistischen und demagogischen Parolen enorm radikalisiert auch und vor
allem mit steuerpolitischen und fremdenfeindlichen Hetzparolen , er hat damit die ganze
reaktionäre Anhängerschaft seiner Partner bedient. Bei den Regionalwahlen im vergangenen Jahr
hatte er sein Wählerpotential nicht ausgeschöpft, diesmal ja.
Der Wahlkampf des Mitte-Links-
Bündnisses war demgegenüber sehr schwach. Es hat sich ausschließlich als die Kraft der
Vernunft präsentiert, damit konnte es natürlich nur die ansprechen, die bereits überzeugt
und von Berlusconi angewidert sind. Die Eingeweide der Gesellschaft erreicht es damit nicht. Der Wahlkampf
der Unione blieb auf der ganzen Linie defensiv, er hat nichts zugespitzt, weder die Friedensfrage an Hand
der Truppenabzugs aus Irak, noch die Frage der Umverteilung durch eine andere Steuerpolitik, er war rundum
schwach. Dafür gibt es natürlich eine Erklärung: Die Unione bewegte sich im Rahmen des
sozialen Kompromisses mit der Confindustria.
Unter diesen Bedingungen kann man sich nur
schwer vorstellen, dass die neue Regierung lange hält. Sie steht gleichzeitig unter dem
Erwartungsdruck der Unternehmer, der Kirchen, eines Teils der Rechten und der organisierten
Lohnarbeiterschaft. Rifondazione reagiert darauf eher mit einem noch stärkeren Anpassungskurs und
traut sich immer weniger, das Wechselspiel "Rechtes und linkes Gesicht des Neoliberalismus" zu
durchbrechen. Die Regierung wird sich nur halten können, wenn sie eine Politik verfolgt, die ihrer
eigentlichen sozialen Basis entspricht. Nur dann kann sie Berlusconi auch wieder einen Teil der verarmten
Wählerschichten abspenstig machen.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
Dennoch und ganz praktisch: Die Online-SoZ sieht nur umsonst aus. Wir brauchen Eure Euros.
Spendet steuerlich abzugsfähig!
VsP, Postbank Köln, BLZ 370100 50,
Kontonummer 603 95 04