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Deine ehemaligen Bundesvorstandsmitglieder Joachim Bischoff, Björn Radke und Sabine Lösing
sind aus Protest gegen die Repressionsbeschlüsse gegen diejenigen, die in Berlin und Meck-Pomm gegen
die LPDS kandidieren wollen, zurückgetreten. Warum nicht auch du?
Der Parteitag hat lediglich an einer Frage, der leidigen Berlin-Frage, eine falsche Entscheidung
getroffen. Die wirklichen Auseinandersetzungen über die Ausrichtung der neuen, noch zu schaffenden
Linkspartei, über die Art der Neugründung und wichtige programmatische Fragen werden noch folgen
und wahrscheinlich zu heftigeren Entscheidungsschlachten als der von Ludwigshafen führen. Deshalb ist
es sinnvoll, dass wir, Rainer und ich, in diesem Bundesvorstand weiter mitarbeiten und die kritischen
Stimmen aus der Basis dort einbringen.
Für Joachim Bischoff und Björn
Radke war die Situation etwas schwieriger. Sie hatten fast nur in der Frage möglicher
Ordnungsmaßnahmen gegen den Berliner Landesverband einen Dissens zur Bundesvorstandsmehrheit und haben
diesen eigentlich erst in den letzten zehn Tagen vor dem Parteitag sehr vehement zugespitzt. Gleichzeitig
wurde ihr eigener Antrag, der so etwas wie eine Mittelposition zwischen unserem und der
Bundesvorstandsmehrheit einnehmen wollte, in inakzeptabler und bürokratischer Weise völlig von
der Beratung auf dem Bundesparteitag ausgeschlossen. In dieser Situation hatten die beiden kaum eine Wahl
als zurückzutreten. Und sie haben mit ihren vorzüglichen Rücktrittsreden dann ja auch das
Beste daraus gemacht.
Sabine Lösing schließlich ist aus
dem geschäftsführenden Bundesvorstand zurückgetreten, weil sie in diesem Vierergremium schon
lange an den Rand gedrängt wurde. Auch für sie bestand keine große Alternative, denn als
Geschäftsführende musst du immer viel mehr auch als Ausführorgan für selbst nicht
mitgetragene Beschlüsse fungieren. Das wollte sie sich nicht länger antun.
Was sagt uns der Ablauf des Bundesparteitags über den Charakter der WASG? Manche sprechen
nun von einem gewandelten Charakter der neuen Partei.
Am Charakter der WASG hat sich durch den Parteitag nichts geändert. Sie ist und bleibt eine
vielgestaltige und bunte Aufbruchsbewegung der Linken. Alle großen Blöcke darin, die
Sozialdemokraten, die sozialistische Linke wie die Basisdemokraten, benötigen sich gegenseitig, weil
nur die Aufbruchsbewegung in ihrer bunten Gesamtheit die gesellschaftliche Ausstrahlung erzielt, die
für eine wirkliche neue linke Massenpartei die unabdingbare Voraussetzung ist. Das politische
Bewusstsein dafür wurde auf dem Parteitag allerdings auf dem Altar der schnellen bürokratischen
Konfliktregelung geopfert.
Diese aus SPD und vielen
Gewerkschaftsverbänden mitgebrachte Kultur ist und bleibt allerdings ein deutlicher Fremdkörper
im Projekt WASG und neue Linkspartei. Insofern haben sich die Bundesvorstandsmehrheit und die
Fraktionsspitze vielleicht von einem vermeintlichen Klotz am Bein, dem Berliner Landesverband, befreit
und auch das wird sich in der Praxis wahrscheinlich als Trugschluss erweisen. Zugleich hat sie sich
aber einen vielfach größeren Klotz angebunden: nämlich den Rückfall ins
bürokratisch-sozialdemokratische Parteimanagement, von dem sich die Anhänger der WASG ja gerade
angewidert abgewandt hatten, um etwas Neues aufzubauen.
Leider muss heute, drei Wochen nach dem
Parteitag, festgestellt werden, dass dieser "Sieg" von Ludwigshafen einen großen Schub an
fataler Siegermentalität ausgelöst hat, die sich nicht scheut, das gesamte WASG-Projekt zugunsten
eines geräuschlosen Andockens an die LPDS zu opfern.
Ist die WASG noch zu retten?
Wer linke Politik von Erfolgsgarantien abhängig macht, sollte lieber ein gutes Buch lesen.
Insofern ist die Frage, ob die WASG noch zu retten ist, so offen, wie zu jedem Moment ihrer kurzen
Geschichte. Vernunft und Einsicht in das, was diese Gesellschaft heute benötigt, ist jedoch jederzeit
möglich und wieder zu beleben.
Auf den Trümmern der beiden
großen praktischen Versuche der Arbeiterbewegung Macht und Veränderung auszuüben ist ein
neuer massenhafter Aufstieg der radikalen antikapitalistischen Bewegung nur denkbar, wenn eine breite, in
vielen Fragen noch unklare, pluralistische Kritik- und Rebellionsbewegung gegen den realen Kapitalismus
entfacht wird. Erst wenn durch sie die "Linke Alternative" wieder zu einem breit akzeptierten Pol
im gesellschaftlichen Diskurs angewachsen ist, können wir es uns leisten, daraus mehrere linke, im
guten Wettbewerb und noch besserer Aktionseinheit gegen die herrschenden Verhältnisse stehende
Parteien zu formen. Zuvor benötigen wir die pluralistische, bunte, in gewisser Hinsicht an
vormarxistische Zeiten aus der Mitte des 19.Jahrhunderts erinnernde Sammlungsbewegung. Diese Idee, diese
Aufgabe ist allerdings noch zu retten.
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