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Jürgen Elsässer, der Mann starker
Worte und schwacher Gedanken, glaubt, dass das, was in der deutschen Linken schief läuft, im Westen zu
verorten ist und nicht im Osten. Im Osten Deutschlands, schreibt er am 19.9. in der Jungen Welt, werde noch
"ein Teil der klassenkämpferischen Traditionen bewahrt, weil die Linkspartei dort von gelernten
DDR-Bürgern geführt wird. In der Hauptstadt dagegen ist der Verein durch Westimporte
versaut". Um nicht mit "bürgerlichen" Kommentatoren verwechselt zu werden, fügt er
unmittelbar an, dass die Berliner Linkspartei nicht durch Lafontaine "versaut" werde,
"sondern durch den bisherigen Wirtschaftssenator Harald Wolf und seine Gefolgschaft. Diese ehemaligen
Trotzkisten haben in den letzten zehn Jahren die Schaltstellen im Apparat und in der Verwaltung
besetzt."
Mit derselben Berechtigung könnte er
auch auf die Rolle der ehemaligen Maoisten vom Kommunistischen Bund zu sprechen kommen, die zusammen mit
den Ex-Trotzkisten zu Beginn der 90er Jahre ihre neue politische Heimat bei der Linken Liste-PDS fanden.
Doch der Ex-KB-Funktionär Elsässer hat die antitrotzkistische Klaviatur bereits in seiner
marxistisch-leninistischen Jugend zu spielen gelernt und weiß dem Kaiser zu geben, was des Kaisers
ist. Es waren jener von Elsässer wegen seiner SED-Biografie gepriesene Gregor Gysi "und seine
Gefolgschaft", die Wolf und andere in die Positionen brachten, die sie heute ausüben.
Die denunziatorisch benutzte
Verschwörungstheorie ist das eine, die aggressive Sprache das andere. Das allein würde das heute
leider übliche Maß noch nicht einmal überschreiten. Zum Politikum wird Elsässers
Invektive mit dem Diktum, dass sich in Berlin die "Wessi-Pest" um Harald Wolf mit
"Ossis" wie Stefan Liebich und Klaus Lederer zusammengetan habe, die "entweder Quoten-Zonis
oder wessifizierte DDR-Hasser" seien: "Mit der Wolf-Kabale verbindet sie die Absage an den
Klassenkampf und den Antiimperialismus und die Bedienung ihrer Randgruppenklientel. Mit Staatsknete wird
Multikulti, Gendermainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die Proleten auf
Hartz IV gesetzt werden und sich oft auch keine Kita, kein Schwimmbad und keine warme Wohnung mehr leisten
können."
Ist aber die Forderung nach einem
gleichberechtigten Nebeneinander von "Kulturen", d.h. Ethnien, und Geschlechtern eine Forderung,
die Linke, Demokraten und Sozialisten zu unterstützen haben oder nicht? Wenn nein, mag Elsässer
recht haben. Wenn ja, spaltet er mit seinen Worten Bewegungen, die zusammengehören sollten, bedient
damit (und mit seiner Wortwahl) Ressentiments, die schlicht und einfach rassistisch und reaktionär
sind.
Elsässer kennt keine Haltelinie. Im
Schlussabsatz verspricht er Heilung für die verrottete deutsche Linke und ruft zum offenen Pogrom:
"Nach Lage der Dinge ist das eine Aufgabe für Lafontaine. Nur er kann die soziale Frage so
artikulieren und nicht völkisch, sondern französisch mit der
Verteidigung der nationalen Souveränität [sic!] verbinden, dass den Rechten das Wasser abgegraben
wird. Er muss jetzt den Augiasstall in Berlin ausmisten selbstverständlich mit Hilfe der vielen
tausend ostdeutschen Sozialisten, die auch kein Interesse daran haben, dass Wessis wie Wolf ihre Partei
zugrunderichten." (Hervorhebungen: cj.)
Auch mit seiner neuesten Wendung, wenn es
denn eine ist, bleibt sich der in der linken Wolle gefärbte Reaktionär treu. Logik ist nicht
seine Sache: Bei ihm müssen die guten Ossis vor den bösen Wessis gerettet werden von einem
Wessi (Lafontaine) und seinem selbst ernannten Wessi-Adlatus (Elsässer selbst). Seine Logik war
bereits zu Beginn der 90er Jahre jene Lust aufs Pogrom, die bei vom Weltgeist enttäuschten Linken
nicht selten anzutreffen ist.
Hunde, die bellen, beißen nicht
heißt es. Aber der (vom politischen Mentekel Berlin) getroffene Hund, der beißt. Seine
Offenbarung geht dabei über seine Person weit hinaus. Sie ist ein Spiegelbild zunehmender
Gewaltförmigkeit herrschender wie beherrschter Verhältnisse. Elsässer ist Spiegelbild einer
Linken, die nie gelernt hat, auf eigenen Füßen zu stehen. Der aufrechte Gang ist ihr ein
Fremdwort ein Fremdwort degenerierter Sozialstaat-Wessis wahrscheinlich...
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