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Landauf landab verlieren die Stadtkämmerer und
Finanzminister die Nerven
und bieten ihre Krankenhäuser zum Notverkauf. Denn für stationäre
Leistungen werden
landeseinheitliche Durchschnittspreise gezahlt. Dieser Durchschnitt teilt nun
erwartungsgemäß die
Kliniklandschaft halbe halbe in Gewinner und Verlierer.
Bereits die rot-
grüne Landesregierung
war vor drei Jahren vorgeprescht. Sie begann, ihre sechs Uniklinika für einen Verkauf
herauszuputzen,
in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster. NRW-
Wissenschaftsministerin Kraft
löste sie aus dem öffentlichen Dienst- und Tarifrecht: "Die Bezahlung in
privaten Klinken
liegt deutlich unterhalb der Tarife des öffentlichen Dienstes."
Jetzt, noch frisch
aufgeschüttelt von
den Arbeitskämpfen der Küchenfrauen, Krankenschwestern und Ärzte,
schicken die CDU-
Nachfolger ihre Unternehmensberatung Roland Berger zum Taxieren durch die Stationen und
Ambulanzen. Und die
Auswahl für private Aufkäufer aus dem In- und Ausland wächst rasch: Die
städtischen
Kliniken in Duisburg oder in Krefeld stehen "ergebnisoffen" zum Angebot;
nebenan in Leverkusen
verhängt Aufsichtsratsmitglied Karl Lauterbach die "Alarmstufe Rot".
Die verantwortlichen
Politiker
überlassen unsere Gesundheitsversorgung einem blinden Markt. Der Präsident
der
Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Kramer, warnt vor Personalabbau,
ungeordneten
Klinikschließungen und Wartelisten für die Patienten. "Die Politik ignoriert
schlichtweg die
Wirklichkeit in den Krankenhäusern". Bundesweit machen die Klinikchefs
mobil, und wünschen
sich da als Fußvolk gern auch ihre zu Recht beunruhigten Beschäftigten. Ihre
Gespräche mit
der Ver.di-Führungsetage sind da ungewöhnlich entspannt, ja wohlwollend.
Doch auf ihrer
Internetseite www.kliniken-in-not.de fordern sie nicht nur von der Regierung Geld. Wenn wir
dort das
"Problem: Tarifgehälter" anklicken, lesen wir ungläubig:
"Tarifgehälter
explodieren Budgets stagnieren".
Tatsächlich planen
die
Krankenhausmanager so behauptet eine Studie der Unternehmensberatung Steria
Mummert Consulting vom
September höhere Ausgaben. Jedoch nicht für Personal, sondern
für das Marketing sowie
für zusätzliche Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Der Grund:
immer mehr Patienten
sähen in ihrem Arzt und dem Pflegepersonal ein Team von Gesundheitsdienstleistern.
Marketing und
Patientenbindung rückten somit zunehmend in den Vordergrund. "Mit
wachsendem Wettbewerb haben die
Kliniken erkannt, dass sich Service und Patientenzufriedenheit zu Schlüsselfaktoren im
Gesundheitssektor entwickeln." Weniger geschwollen ausgedrückt könnten
wir das so verstehen:
Wer die Gesundheit zur Ware macht, darf die Reklame und Verpackung nicht vergessen.
Doch mit der
Zufriedenheit der Patienten
ist es nicht weit her, das wiederum zeigt eine aktuelle Studie von Bernard Braun für die
Gmünder
Ersatzkasse (GEK). Obwohl der Durchschnitt der Patienten 2005 ebenso zufrieden war wie
2002, gaben die
Patienten vielen privaten Krankenhäusern 2005 deutlich schlechtere Werte als 2002.
Teilweise werden
die Verhältnisse nur noch als "durchschnittlich" bewertet, teilweise seien
die
Versorgungsbedingungen schlechter geworden als die in öffentlichen und
freigemeinnützigen
Kliniken.
Patienten in
Kleinkrankenhäusern mit
bis zu 200 Betten machten laut der GEK-Studie vielfach bessere Erfahrungen als solche in
größeren. "Wenn sich der Trend verstärkt, dass der Anteil von
Kleinkrankenhäusern
schwindet und der von privat getragenen Klinken ansteigt, kann das zukünftig aus Sicht
der Patienten
Nachteile mit sich bringen", erklärte der GEK-Vorstandsvorsitzende Dieter
Hebel.
Unter www.kliniksterben.de finden wir einen
Überblick über die täglichen Verkäufe, Teilverkäufe und
Schließungen. Diese
Meldungen, jede für sich liest sich fast vernünftig und zwangsläufig,
entfalten in ihrer
nicht enden wollenden Abfolge eine gesamtgesellschaftliche Absurdität.
Tobias Michel
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