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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, November 2006, Seite 14

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Warum wir Nein und wozu wir Ja sagen

Das deutsche Bürgertum verriet 1848 die eigene demokratische Revolution aus Furcht vor der aufstrebenden Arbeiterschaft und warf sich dem preußischen König zu Füßen. Das gleiche Bürgertum lieferte aus Furcht vor einer Revolte der Arbeiter gegen die Massenarbeitslosigkeit die Weimarer Republik Hitler aus. Der nutzte die ihm übertragene Alleinherrschaft, um den Zweiten Weltkrieg anzuzetteln.
Und wieder wollen sie heute ihr "Deutschland einig Vaterland" haben? Mit Gewerkschaften, die bereit sind, die Interessen der arbeitenden Menschen abermals zu opfern. Die DDR als Billiglohnland, der "Sozialklimbim" soll weg.
Ihren Profit will die herrschende kapitalistische Klasse nicht opfern. Der steigerte sich in der BRD seit 1980 um 184% — nach Abzug der Steuern. Ihr 800 Milliarden Mark vagabundierendes Spekulationskapital soll nicht zum Wohle des Volkes der DDR ausgegeben werden, für Umweltschutz, öffentliche Verkehrsmittel oder Telefonnetz. Auch dort wollen sie nur besitzen und profitieren. Für dieses "hohe Ziel" wird schamlos gelogen. Die Sparguthaben in der DDR würden schrittweise in D-Mark ungewandelt. Aber Ludwig Poullain, früher Chef der mächtigsten BRD-Landesbank, plauderte aus: Beim Umtauschverhältnis 1:1 gerät die D-Mark in Gefahr — das aber darf nicht sein!
Die Mieten in der DDR würden nach einem Anschluss nicht Spekulation und Mietwucher ausgesetzt. Aber der Sprecher der Berliner Haus- und Grundbesitzer, Peter Blümel, erklärt: "Man kann nicht die Hälfte des Huhns kochen und die andere Hälfte Eier legen lassen, auch wenn manche Leute in der DDR glauben, dass das geht." Das bedeutet: Ihr sollt mit Wucher abgekocht werden, um den Spekulanten aus der BRD goldene Eier zu legen!
Nur 25% der Frauen waren bisher im Übersiedlerstrom. Warum? Weil Frauen in der DDR immer noch das Recht auf Erwerbsarbeit haben und nicht gesetzlich genötigt werden, Schwangerschaften auszutragen. Noch gibt es Krippen und Kindergartenplätze. Aber schon wird begonnen, sie abzubauen.
Wir sagen Nein zur Auslieferung der DDR an das BRD-Großkapital, Nein zum Bündnis des Kapitals mit altstalinistischen Wendehälsen unter den Kombinatsdirektoren. Der alten wie der drohenden neuen Kommandowirtschaft kann nur die Solidarität der Schwachen, der abhängig Beschäftigten über alle Grenzen hinweg entgegengesetzt werden!

Jakob Moneta

Erschienen in SoZ aktuell vom März 1990 und in der Broschüre: Jakob Moneta: Solidarität im Zeitalter des Skeptizismus. Kommentare aus drei Jahrzehnten, Köln 2004, S.14.



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