SoZ - Sozialistische Zeitung |
Die Fragen, die der Klimawandel aufwirft, können nicht ernsthaft beantwortet
werden, wenn man die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse nicht in Frage stellt. Handel mit Emissionsquoten wird der Problemlage nicht gerecht,
das ist Handwerkelei. Die Wirtschaftsweise des Kapitalismus selbst ist auf Dauer ökologisch untragbar. Denn er beruht auf der unendlichen Ausdehnung
der Märkte, einem immer schnelleren Verbrauch und einer permanent ansteigenden Industrieproduktion. Der Planet Erde aber ist endlich. Solange dem
Organisationsprinzip unseres Lebens die derzeitige Wirtschaftsideologie zugrunde liegt, werden alle Initiativen zum Schutz der Umwelt, die diesen Namen
verdienen, abgeblockt werden.
Viele Menschen, die sich mit der Energiefrage auseinandersetzen, halten es für
möglich, einen "grünen" Kapitalismus zu schaffen, der im Dienste der Umwelt steht. Sie ignorieren dabei die Frage der Macht. Das
System des Privateigentums an Handel und Industrie impliziert, dass die entscheidende politische Macht auf der Welt vom Privateigentum ausgeht. Die
Unternehmen umgehen jedes noch so geringfügige Gesetz, das ihre Profite schmälern würde. Sie verhindern die Etablierung einer
demokratischen Kontrolle, die notwendig wäre, um die derzeitige Tendenz zur Klimaerwärmung aufzuhalten. Nur wenn die Vorherrschaft der
Unternehmen gebrochen und sie selbst unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt werden, können wir die globale ökologische Krise
überwinden.
Häufig wird der Kapitalismus für seine Fähigkeit gelobt, energisch zu
handeln, während die Regierungen zögern. Wal Mart wird dafür gelobt, dass es eine 20%ige Senkung seines Kohlenstoffausstoßes
durchgesetzt habe. Tatsache ist jedoch, dass Supermärkte ein veraltetes Modell sind. Wir können nicht mehr auf so lange Distributionsketten setzen.
Ökologisch ist das Modell Supermarkt mit seinen Methoden der Verpackung, der Lagerung von Nahrungsmitteln und der Zerstörung der
bäuerlichen Landwirtschaft untragbar geworden...
Das Schlimmste, was unserer Art widerfahren könnte, wäre die Entdeckung
neuer Erdölvorkommen. Oder auch die Verbrennung aller heute bekannten Reserven. Gegen das Klimachaos, das dann entstünde, wäre der
Untergang der Industriegesellschaft eine Kleinigkeit. Wenn wir also in jedem Fall lernen müssen, ohne Erdöl auszukommen, warum nicht gleich
damit anfangen?
Die Lösungen müssen von der Bevölkerung kommen. Lokale autonome
Gruppen müssen sich organisieren, danach aber muss es einen Technologietransfer von der nationalen zur lokalen Ebene geben. Eine isolierte Installation
von Solarzellen, oder auch lokaler Energiekreisläufe wäre zu teuer... Solange es aber Energiekonzerne gibt, werden sie mit Zähnen und
Klauen zu verhindern suchen, dass die nationalen Energienetze aufgespalten werden. Die Banken und der Unternehmerverband werden auch nicht als neutrale
Beobachter daneben stehen und die Fortschritte der partizipativen Demokratie auf dem Gebiet der Kohlenstoffemissionen loben oder die Gewerkschaften
ermuntern, für Kohlenstoffquoten zu streiken.
Es gibt eine Reihe organisatorischer Projekte, an denen man sich orientieren kann. Die Just
Transition Alliance wurde in den USA von Latinos und Schwarzen gegründet. Sie arbeiten mit den Gewerkschaften zusammen, um Bündnisse
zwischen den abhängig Beschäftigten und den örtlichen Gemeinden zu schaffen. Ihr Ziel ist, Beschäftigte in stark Umwelt
verschmutzenden Betrieben, die Gefahr laufen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, wenn die Betriebe geschlossen werden, in einen Dialog mit Menschen zu bringen,
die in unmittelbarer Nähe zu diesen Betrieben wohnen und riskieren, ihre Gesundheit zu verlieren, wenn die Betriebe nicht geschlossen werden.
Wir müssen ernsthaft daran gehen, den individuellen Verbrauch von Kohlenstoff
planmäßig einzuschränken, wir müssen aber auch Höchstgrenzen für den nationalen Ausstoß an Kohlenstoff setzen.
Dann steht die Frage: Wozu verwenden wir den verfügbaren Kohlenstoff? Welche Infrastruktur errichten wir, welche bauen wir ab? Welche
Organisationsstrukturen sind tragfähig, wenn der Klimawandel das Leben aller Gemeinden bedroht und alle Arbeitsplätze in Frage stellt? (Den
größten Teil des Kohlenstoffausstoßes produzieren wir in der Arbeitszeit.)
Um darauf Antworten zu finden, müssen wir die Debatte um das Klimachaos im
Bewusstsein führen, dass es hier um das Überleben der Menschheit geht, nicht nur um das, was hier und heute möglich ist oder was die
Menschen hier und heute bereit sind zu akzeptieren...
Wir haben in einer Zeit gelebt, in der Energie zugleich im Überfluss vorhanden und
preiswert war. Das hat uns verleitet zu glauben, das Unmögliche sei möglich, die Menschen im Norden könnten sich im Winter bräunen
und im Sommer Äpfel essen. Die Erdölblase hat uns unumstößliche natürliche Tatsachen vergessen gemacht. Es ist höchste
Zeit sich zu vergegenwärtigen, dass diese niemals aufgehört haben zu existieren. Man kann nicht gleichzeitig Kapitalismus haben und einen
bewohnbaren Planeten. Das eine oder das andere, nicht beides zugleich.
Informationen und Meinungen sollten keine Waren sein. Und Geld ist ein Fetisch.
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