SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Dezember 2006, Seite 4

Augiasstall

Gewerkschaften und großes Geld

von ROLF EULER

Peter Hartz, ehemaliger Personalvorstand bei VW und Namenspatron der rot-grünen Verarmungsgesetze, hat bei der Staatsanwaltschaft zugegeben, dem damaligen VW-Betriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert zehn Jahre lang zusätzlich zu Gehalt und anderen Bonuszahlungen einen Sonderbonus von rund 200000 Euro im Jahr, also insgesamt fast 2 Millionen, gezahlt zu haben. Einfach so — und ab zur Tagesordnung. Möchte nicht jeder einen Millionär zum Betriebsratsvorsitzenden, wenn er schon selber keiner werden kann?

Wir wollen mal nachkarten.

Erstens: Ein Betriebsratsvorsitzender verdient sehr gut — meistens die höchste Tarifgruppe plus Zuschläge, Vergütungen für Sitzungen und Spesen. Dafür muss ein Bandarbeiter mindestens zwei Jahre arbeiten. Zweitens: der Betriebsrat ist seinen Wählern verpflichtet, ihre Interessen zu vertreten (sicher im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes, also sowieso gebremst). Drittens: Für geheime Sonderzahlungen, die weder der übrige Betriebsrat noch das Unternehmen kennen, gibt es keinen Grund außer: Bestechung.
Und das nicht zu knapp. Für 200000 Euro kann man möglicherweise in Düsseldorf nur eine Garage mit Rheinblick erwerben, aber in Niedersachsen auf den Dörfern im Umkreis von Wolfsburg schon ein hübsches Einfamilienhaus, und in Mecklenburg möglicherweise ein ganzes Dorf. Was macht ein Betriebsratsvorsitzender mit zehn Häusern? Oder mit 2 Millionen Euro?
Wir wissen nicht, was Klaus Volkert damit gemacht hat. Wir wissen aber, dass der Sinn dieses großen Geldes ist, einen dem Unternehmen und der Hartz-Logik hörigen Mann zu züchten und zu erhalten, der alles tut, was VW nützt, auch gerade dann, wenn es nicht im Interesse seiner Kollegen ist. Wir kennen die Auswirkungen, zum Beispiel beim Streik der ostdeutschen Metaller, als sich alle Betriebsräte der westdeutschen Autoindustrie gegen die Kollegen stemmten, oder beim Streik der Opel-Kollegen in Bochum. Nicht immer muss so viel Geld fließen, um Betriebsratsvorsitzende zur Standortlogik zu bekehren. Aber unter Peter Hartz gibt es solche Globalisierungsgewinner — weil es auch viele Verlierer gibt, die das Geld für Klaus Volkert und andere abgezogen bekommen haben.
Was für ein Augiasstall entpuppt sich noch hinter dem Türschild "Hartz", der immerhin für den Bundeskanzler den Berater und politischen Freund gespielt hat?
Bestechung von Betriebsräten ist möglicherweise noch nicht mal ein Straftatbestand. Das Schweigen, mit dem Volkerts Rücktritt begleitet wurde, zeigt aber vor allem, dass es noch nicht einmal in der IG Metall ein diskussionswürdiger Tatbestand ist.
Das aber ist die wichtigste Frage: Wie kommt ein Funktionär wie Volkert in der IG Metall hoch, wer kontrolliert ihn auf seinem Posten, und wie reagiert eine demokratische Organisation wie seine Gewerkschaft auf diese Vorfälle? Rücktritt und das wars? Und was veranlasst die IG Metall, um solche Bestechungen nicht nur aufzudecken, sondern unmöglich zu machen?

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