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Bei der Nahost-Konferenz, die kürzlich von der Linksfraktion im Bundestag organisiert wurde,
gelang es den Einladenden nicht, auch nur für einen der Gäste aus der Westbank ein Einreisevisum
zu erwirken. Das galt für alle Palästinenser aus der Westbank, egal welcher politischen Couleur.
Dieses Verhalten der deutschen Behörden scheint symptomatisch zu sein für die deutsche Politik
gegenüber Israel einerseits und den Palästinensern andererseits.
Die Politik der Doppelmoral ist im Verhalten westlicher Mächte gegenüber Israel und den
Palästinensern tatsächlich nicht zu übersehen. Als zu Anfang des Jahres die Bewohner der
besetzten Gebiete bei Wahlen, die allgemein als demokratisch anerkannt wurden, mehrheitlich der Hamas ihre
Stimmen gaben, taten die USA und Europa alles, um die neue Regierung zu isolieren. Man strich ihr
sämtliche Gelder, auf die sie angewiesen war, um die Bevölkerung zu versorgen. Man bestrafte die
Palästinenser kollektiv dafür, dass sie eine nicht genehme Regierung gewählt hatten. Mit
einer israelischen Regierung unter Sharon hingegen, der für schwerste Verbrechen mitverantwortlich
war, konnte man leben.
Auch der neue Minister im Kabinett Olmert,
Avigdor Lieberman, den Uri Avnery letzthin als Faschisten bezeichnete, stellt für westliche
Regierungen kein Problem dar, obwohl er und seine Partei programmatisch und unverhohlen für ethnische
Säuberungen stehen. Natürlich entgeht es den Palästinensern, allgemeiner den Arabern und
Muslimen, nicht, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird, und das verstärkt auch in diesen
Gesellschaften die Vorstellung eines unversöhnlichen "Clash of Civilizations".
Israel führt bereits seit einigen Monaten und derzeit verstärkt einen brutalen Feldzug,
vor allem in Gaza, gegen die Hamas und die gesamte dortige Bevölkerung. Warum gerade jetzt?
Seit sich die israelische Armee 2000 aus dem Libanon zurückziehen musste, ohne daran irgendwelche
Bedingungen knüpfen zu können, und erst recht seit der Niederlage im letzten libanesischen
Feldzug ist diese Armee von Wut und Rache beseelt. Israel sucht seither, seine Stärke, die es
militärisch tatsächlich nicht unter Beweis stellen konnte, äußerst gewalttätig zu
demonstrieren.
Außerdem zielt die Politik Israels und
der USA darauf ab, in den besetzten Gebieten einen Bürgerkrieg anzuzetteln. Das war schon so, als die
Militäroffensive "Sommerregen" gegen den Gazastreifen begann, angeblich, um den israelischen
Soldaten freizubekommen, den palästinensische Kämpfer am 25.Juni gefangen genommen hatten. Am
27.Juni hatten sich Hamas und Fatah auf eine Regierung der nationalen Einheit geeinigt. Am 28.Juni schlug
Israel militärisch los es ging darum, eine Einigung der Palästinenser zu vereiteln. Eine
ähnliche Strategie verfolgte Israel (unterstützt von den USA und Europa), als es im Sommer den
Libanon überfiel. Auch im Libanon ging es darum, eine innerlibanesische Einigung zu unterminieren, um
die Kräfte, die Widerstand gegen die israelische bzw. US-Hegemonie leisten, entscheidend zu treffen
und die Partner des Westens repräsentiert durch Abbas oder Siniora gegen sie
aufzubringen.
Israel geht im Libanon und in den besetzten Gebieten so vor, als gäbe es weder ein
Internationales Recht noch Genfer Konventionen, Menschenrechte, die UNO.
Das ist nicht neu. Israel hat sich noch nie viel um die Bevölkerung geschert. Ich möchte nur
an Israels ersten Libanon-Feldzug erinnern, dem Zehntausende Zivilisten zum Opfer gefallen sind, darunter
auch die Bewohner der palästinensischen Flüchtlingslager Sabra und Shatila. Sie waren schutzlos
zurückgeblieben, nachdem die palästinensischen Kämpfer das Land verlassen hatten.
Neu ist, dass sich seit dem
11.September 2001 auch die USA wie Israel verhalten. Das Prinzip des permanenten Krieges ist seit
Beginn seiner Existenz einer der Grundpfeiler der israelischen Identität. Israel ist eine
Kriegsmaschine, die Gesellschaft ist durch und durch militarisiert. Internationales Recht hat Israel in
diesem permanenten Krieg noch nie respektiert. Die USA unter Bush imitieren Israel in dieser Hinsicht. In
beiden Ländern hat seit 2001, als Bush bzw. Sharon an die Macht kamen, eine parallele Radikalisierung
ihrer Politik stattgefunden. Wenn jetzt bei den Kongresswahlen in den USA die Demokraten gesiegt haben,
gibt das Anlass zur Hoffnung. Nicht, dass ich mir von den Demokraten etwas versprechen würde, aber
zumindest drückt die Wahl eine wachsende Ablehnung des radikalen Kriegskurses in den USA aus.
Sind im Widerstand gegen den permanenten globalen Krieg der USA Organisationen des politischen Islam
wie Hamas oder Hizbollah Partner für Linke?
Der "politische Islam" das ist ein vager Begriff. Darunter sind Kräfte zu fassen
wie die gegenwärtige türkische Regierung einerseits und Bin Laden andererseits, das
(antiamerikanische) iranische Regime ebenso wie das (proamerikanische) saudische. Doch wenn wir von der
Hizbollah und der Hamas sprechen, fundamentalistisch-islamische Organisationen, die heute wesentliche
Kräfte im Widerstand gegen die Besatzung und die amerikanische Politik im Nahen Osten sind, dann gibt
es da schon lange Allianzen zwischen Linken, z.B. der PFLP in Palästina oder der Kommunistischen
Partei des Libanon einerseits, und diesen islamischen Kräften.
Es kommt dabei darauf an, wie man solche
Allianzen auffasst und gestaltet, und zwar im Sinne des: getrennt marschieren und vereint schlagen. Die
libanesische KP hat als Prinzip verlautbart, dass sie mit der Hizbollah zusammenarbeitet, doch ohne sich zu
unterwerfen. Sie besteht auf den Unterschieden, ohne deshalb in eine Konfrontation zu gehen.
Beide, Hamas wie Hizbollah, sind ihrerseits
Einflüssen ausgesetzt, die sie vom religiösen Fanatismus abrücken lassen. Die libanesische
Gesellschaft ist nun einmal multireligiös, weshalb die Hizbollah von der ursprünglichen
Vorstellung, dort eine Islamische Republik nach iranischem Muster zu errichten, abgekommen ist und sich
darauf beschränkt, vor allem innerhalb der Schiiten Einfluss zu nehmen. Auch der Diskurs von Scheich
Nasrallah ist im Laufe der Jahre viel pragmatischer geworden, allein schon aus taktischen Gründen
angesichts eines sehr mächtigen Feindes. Aber es ist auch davon auszugehen, dass die Hizbollah, bei
aller Aufgeschlossenheit, im Kern bei ihrer Ideologie bleibt.
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