SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Dezember 2006, Seite 16

Kommunalwahlen in Griechenland

Kein Linksruck

Es ist eher ungewöhnlich, dass in Griechenland Kommunalwahlen während eines sechswöchigen Streiks stattfinden. Weil das diesmal aber so war, erwarteten viele Menschen eine Umkehr des politischen Trends und einen Einbruch für die Regierungspartei. Leider fand dies nicht statt. Der Stimmenanteil von Nea Demokratia sank um 2—3% im Vergleich zu den letzten Parlamentswahlen, aber ND konnte von einer Änderung des Wahlgesetzes profitieren und gewann die Mehrzahl der Bürgermeisterämter.
Die sozialdemokratische PASOK konnte das Stimmenverhältnis nicht zu ihren Gunsten beeinflussen. Die PASOK verfolgt im Grundsatz einen nicht weniger liberalen Wirtschaftskurs als die konservative ND auch; 20 Jahre lang hat sie damit das Land geführt und das ist noch in guter Erinnerung.
Leider konnte auch die Linke die Hegemonie der beiden großen Parteien nicht ankratzen. Die Gelegenheit dazu war sehr gut. Monatelange Streiks und Demonstrationen hatten ein Klima der massenhaften Empörung gegen die beiden großen Parteien geschaffen. Das schlug sich aber nicht in Stimmen für die Linke nieder, sondern in einem hohen Zuwachs an Nichtwählern — sie erreichten 40%. Damit die Linke den Unmut der breiten Bevölkerung hätte zum Ausdruck bringen können, hätte sie eine landesweite dritte Kraft aufbauen müssen, eine Alternative zu den beiden großen Parteien, die sich an die Massen wendet und gemeinsam antritt, sich auf die Bewegungen stützt und ein klares Programm gegen Neoliberalismus und die Regierungslinke hat.
Die Linke hat es nicht vermocht, einen solchen Pol zu schaffen, und hat sich unter verschiedenen Siegeln an den Wahlen beteiligt. So wurde nicht eine Botschaft der Linken ausgesandt, sondern viele. Die Kommunistische Partei (KKE) wollte sich als dritte Kraft darstellen. Dies ist ihr aber nicht gelungen. Ihre Politik ist extrem sektiererisch und gegenüber Bewegungen defätistisch. In der Folge wurde ihr Wahlaufschwung gestoppt und sie konnte die Rathäusern der großen Städte nicht erobern.
Synaspismos auf der anderen Seite ist in den Bewegungen präsent, hat radikale und auf die Einheit der Linken gerichtete Positionen, aber sie hat auch eine starke rechte Minderheit, die sie in Richtung Regierungslinke drängt — so wie Rifondazione. Somit beteiligte sich Synaspismos an den Kommunalwahlen mit sehr unterschiedlichen Aussagen. In einigen Regionen schloss sie Bündnisse mit der PASOK, in anderen trat sie allein an, und in wieder anderen trat sie gemeinsam mit Organisationen der radikalen Linken an. In der Stadt Athen bildete sie ein Wahlbündnis mit der eurokommunistischen AKOA und der Organisation Kokkino trotzkistischen Ursprungs, das sich "Offene Stadt" (Anoixti Poli) nannte; es trat sehr radikal auf, ihr Spitzenkandidat war der 30 Jahre alte Alexis Tsipras. Obwohl er unbekannt und die Massenmedien sowie der rechte Flügel von Synaspismos gegen ihn waren, konnte er 10,5% gewinnen, den vorherigen Stimmenanteil von 5,9% verdoppeln und zum ersten Mal die KKE überflügeln, die 8,5% erhielt.
Im Landkreis Athen setzte Synaspismos jedoch Panousis als Spitzenkandidaten durch, der von der PASOK kommt und vor den Wahlen für ein Wahlbündnis mit der PASOK argumentiert hatte. Panousis erhielt 5,5% (bei den vorherigen Wahlen errang Synaspismos mit dem Kandidaten Manolis Glezos 12%).
Tsipras war keine Ausnahme. In vielen Gemeinden konnte die Linke ähnliche Wahlbündnisse wie Anoixti Poli durchsetzen, mit sehr guten Ergebnissen, auf denen aufgebaut werden muss. In einem Vorort von Athen konnte ein solches Wahlbündnis 6,5% der Stimmen erreichen.

Vaggelis Karageorgos

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