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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Januar 2007, Seite 04

Killer-Computerspiele

Die Saat der Gewalt

von ROLF EULER

Der schießende Schüler an der Schule in Emsdetten hat erneut die Frage nach der Rolle von Killerspielen auf Computern aufgeworfen. Gibt es Zusammenhänge zwischen realer Gewalt und Gewalt im Fernsehen und diesen Computerspielen? Und könnte man die reale Gewalt eindämmen, wenn es solche "Spiele" nicht gäbe? Wäre also ein Verbot nützlich?
Wer die Gewaltspiele an Computern mit dem Argument verteidigt, kein normaler Mensch würde Spiel und Wirklichkeit verwechseln, sollte zumindest auf die Tatsachen eingehen. Man mag angesichts von Kettensägenmassakern, Maschinenpistolengarben und simuliert echter Blutspur von "Spielen" kaum reden. Im Gegensatz zu gewaltverherrlichenden Filmen haben die entsprechenden Spiele am Computer ausdrücklich zum Ziel, dem Menschen vor dem Bildschirm eine eigene aktive Rolle am Verlauf der Handlung zuzuweisen, die er ausfüllen muss, um zu "überleben".
Welche Rolle "spielt" also jemand, der hinter jeder Ecke, in jedem Raum der Simulation einen zu tötenden Gegner vermuten soll, der nur durch Schnelligkeit an den Waffen ausgeschaltet werden kann? Welcher "sportliche Zweck" steckt dahinter, wenn Dutzende Männer über Internet oder auf LAN-Partys solche Kämpfe an den Bildschirmen gegeneinander ausfechten?
Diese "Spiele" werden verharmlosend als Strategie-Lernspiele, als moderne Variante von Räuber und Gendarm bezeichnet. Gegner sind schon mal Monster und Außerirdische, deren "Tod" nicht belasten soll — oft genug aber "gegnerische Truppen", "Terroristen". Der Gesetzgeber hat der interessierten Industrie die "Unabhängige Selbstkontrolle" zur jeweiligen Altersfreigabe überlassen. Man weiß, dass eine große Zahl von Jungen ab 10 Jahren in den "Genuss" von Spielen ab 16 kommen — auf allen möglichen Wegen, deren Kontrolle durch gesetzliche Verbote nicht zu erreichen wäre, sondern nur durch soziale Alternativen.
Viele dieser "Spiele" werden in vom US-Militär gesponsorten Computerfabriken erfunden, ihre Gestaltung immer realistischer, ihre Darstellung durch schnelle Grafikkarten und große Rechner immer mehr einer Echtzeitsimulation angepasst. Die Physik des Kampfes wird berechnet, die Oberflächen von Gebäuden und Gestalten werden mit großem rechnerischen Aufwand nachgebildet, die "Performance" von Computerbestandteilen daran gemessen, wie gut sie bei Ego-Shootern mithalten können.
Wenn man schon den Schaden leugnen möchte, ist die Frage hier: "Wer braucht Killerspiele?" — im Sinne von: wem nützen sie? Wieso wird ein relativ verbreitetes Tabu der Zivilisation — das Tötungsverbot — in solchen Spielen problemlos aus den Kinder- und Computerzimmern verdrängt? Ich sehe — abgesehen von den Gewinnen bei der Produktion — nur das Militär als Nutznießer. Nur der Krieg braucht Menschen, die einem vorgestellten Ziel folgend mit Knopfdruck alles aus dem Weg räumen, was dazwischen kommt. Der Kampf am Computer braucht nur kleine, schnelle Handbewegungen. Die emotionale Beteiligung soll möglichst ausgeschaltet werden, denn: "Kein Mensch wird real getötet, sondern nur Pixel anders eingefärbt" — sagt der Spieler.
Eine Gesellschaft, die der Vereinsamung von Kindern und Jugendlichen keine sozialen Angebote entgegenstellt, die materieller Ausstattung der Kinderzimmer mehr Geld als der in den Schulen einräumt, die ihre Soldaten für Öl und andere Interessen in fremde Länder schickt, wird mit einem gesetzlichen Verbot von Killerspielen nur an der Oberfläche kratzen. Eine antimilitaristische Erziehung und solidarische Spiele für Jugendliche wären die richtige Alternative.

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