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Der schießende Schüler an der Schule in Emsdetten hat erneut die Frage nach der Rolle von Killerspielen auf
Computern aufgeworfen. Gibt es Zusammenhänge zwischen realer Gewalt und Gewalt im Fernsehen und diesen Computerspielen? Und könnte man
die reale Gewalt eindämmen, wenn es solche "Spiele" nicht gäbe? Wäre also ein Verbot nützlich?
Wer die Gewaltspiele an Computern mit dem Argument verteidigt, kein normaler Mensch
würde Spiel und Wirklichkeit verwechseln, sollte zumindest auf die Tatsachen eingehen. Man mag angesichts von Kettensägenmassakern,
Maschinenpistolengarben und simuliert echter Blutspur von "Spielen" kaum reden. Im Gegensatz zu gewaltverherrlichenden Filmen haben die
entsprechenden Spiele am Computer ausdrücklich zum Ziel, dem Menschen vor dem Bildschirm eine eigene aktive Rolle am Verlauf der Handlung
zuzuweisen, die er ausfüllen muss, um zu "überleben".
Welche Rolle "spielt" also jemand, der hinter jeder Ecke, in jedem Raum der
Simulation einen zu tötenden Gegner vermuten soll, der nur durch Schnelligkeit an den Waffen ausgeschaltet werden kann? Welcher "sportliche
Zweck" steckt dahinter, wenn Dutzende Männer über Internet oder auf LAN-Partys solche Kämpfe an den Bildschirmen gegeneinander
ausfechten?
Diese "Spiele" werden verharmlosend als Strategie-Lernspiele, als moderne
Variante von Räuber und Gendarm bezeichnet. Gegner sind schon mal Monster und Außerirdische, deren "Tod" nicht belasten soll
oft genug aber "gegnerische Truppen", "Terroristen". Der Gesetzgeber hat der interessierten Industrie die
"Unabhängige Selbstkontrolle" zur jeweiligen Altersfreigabe überlassen. Man weiß, dass eine große Zahl von Jungen ab 10
Jahren in den "Genuss" von Spielen ab 16 kommen auf allen möglichen Wegen, deren Kontrolle durch gesetzliche Verbote nicht zu
erreichen wäre, sondern nur durch soziale Alternativen.
Viele dieser "Spiele" werden in vom US-Militär gesponsorten
Computerfabriken erfunden, ihre Gestaltung immer realistischer, ihre Darstellung durch schnelle Grafikkarten und große Rechner immer mehr einer
Echtzeitsimulation angepasst. Die Physik des Kampfes wird berechnet, die Oberflächen von Gebäuden und Gestalten werden mit großem
rechnerischen Aufwand nachgebildet, die "Performance" von Computerbestandteilen daran gemessen, wie gut sie bei Ego-Shootern mithalten
können.
Wenn man schon den Schaden leugnen möchte, ist die Frage hier: "Wer braucht
Killerspiele?" im Sinne von: wem nützen sie? Wieso wird ein relativ verbreitetes Tabu der Zivilisation das Tötungsverbot
in solchen Spielen problemlos aus den Kinder- und Computerzimmern verdrängt? Ich sehe abgesehen von den Gewinnen bei der
Produktion nur das Militär als Nutznießer. Nur der Krieg braucht Menschen, die einem vorgestellten Ziel folgend mit Knopfdruck alles aus
dem Weg räumen, was dazwischen kommt. Der Kampf am Computer braucht nur kleine, schnelle Handbewegungen. Die emotionale Beteiligung soll
möglichst ausgeschaltet werden, denn: "Kein Mensch wird real getötet, sondern nur Pixel anders eingefärbt" sagt der
Spieler.
Eine Gesellschaft, die der Vereinsamung von Kindern und Jugendlichen keine sozialen
Angebote entgegenstellt, die materieller Ausstattung der Kinderzimmer mehr Geld als der in den Schulen einräumt, die ihre Soldaten für Öl
und andere Interessen in fremde Länder schickt, wird mit einem gesetzlichen Verbot von Killerspielen nur an der Oberfläche kratzen. Eine
antimilitaristische Erziehung und solidarische Spiele für Jugendliche wären die richtige Alternative.
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