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Am 8.Januar erklärte Hugo Chávez, seine Regierung wolle die
Privatisierungen rückgängig machen, die frühere Regierungen durchgeführt hätten:
"Wir sind auf dem Weg zum Sozialismus und nichts und niemand kann es verhindern ... Alles, was
privatisiert wurde, soll verstaatlicht werden", äußerte Chávez.
Bei der Vereidigung seines neuen Kabinetts
kündigte Chávez eine Reihe weitreichender Maßnahmen zur Vertiefung der Revolution an:
"Nach einer Phase des Übergangs treten wir nun in eine neue Ära ein, das Nationale Projekt
Simón Bolívar von 2007 bis 2021", das den "bolivarianischen Sozialismus" aufbauen
will.
Fünf "Triebkräfte" der Revolution
Bei der Zeremonie gelobten die neuen
Minister, sich dem Kampf für den Sozialismus zu widmen. Chávez nannte fünf
"Triebkräfte" zur Förderung der Revolution: ein Gesetz, dass ihm erlaubt, für eine
bestimmte Zeit Gesetze per Dekret zu verabschieden, um Änderungen rasch durchzusetzen; eine
Verfassunggebende Versammlung, die die Verfassungsreformen überwacht, die den legalen Rahmen für
die geplanten Änderungen liefern sollen; die Entwicklung eines "bolivarianischen"
Bildungssystems zur Schaffung sozialistischer Werte; Veränderungen in Venezuelas geografischen
Machtstrukturen, um marginalisierten Regionen mehr Mitspracherechte zu geben; und schließlich Schritte
zum "Abbau des bürgerlichen Staates", der durch eine Vielzahl von "kommunalen
Räten" ersetzt werden soll.
Chávez sprach sich auch dafür
aus, dass die Regierung die Kontrolle über die autonome Zentralbank Venezuelas erhält. Die Bank
hatte versucht, die Übergabe von Teilen ihrer beträchtlichen Reserven zu verweigern, mit denen
Projekte finanziert werden sollten. Chávez nannte die Autonomie der Bank eine "neoliberale
Idee".
Der Aufruf zur Wiederverstaatlichung
privater Unternehmen sorgte weltweit in den bürgerlichen Medien für Unruhe. "Seit den 70er
Jahren hat die Welt derartiges nicht mehr gesehen", beklagte sich die Times, während die
Washington Post berichtete: die Finanzmärkte "von Buenos Aires bis Caracas rotieren".
Sprecher des Weißen Hauses und des US-Energieministeriums verurteilten die Pläne kein
Wunder, sind doch US-Konzerne diejenigen, die am meisten dabei zu verlieren haben.
Chávez nannte Venezuelas
größte Handelsgesellschaft, das Telekommunikationsunternehmen C.A. Nacional Teléfonos de
Venezuela (CANTV), das 1991 privatisiert worden war, als eine der zu verstaatlichenden Gesellschaften.
Associated Press berichtete, die Deutsche Bank Securities Inc. und Morgan Stanley & Co. gehörten
zu den bekannten Namen an der Wall Street mit bedeutenden Anteilen an der CANTV.
Chávez deutete auch an, der Staat
könne die Elektrizitätsgesellschaften wieder übernehmen. Das führte zu Spekulationen
über eine mögliche Verstaatlichung von Electricidad de Caracas, die sich im Besitz des US-
Konzerns AES Corp. befindet. Der Aktienkurse von CANTV und AES sackten nach Chávez Rede in den
Keller. Von der ebenfalls angekündigten Verstaatlichung von vier Ölförderprojekten im
Orinokogebiet wären große Investitionen der Ölgiganten ExxonMobil, Chevron, Total,
CononcoPhilips und Statoil betroffen.
Der Plan, die Privatisierungen wieder
rückgängig zu machen, ist nichts weiter als Venezuelas legitime Ausübung des Rechts auf
nationale Souveränität. In den 90er Jahren gelangten Tausende staatlicher Unternehmen in den
Besitz multinationaler Konzerne das spielte für die Verarmung von Millionen Menschen auf dem
gesamten Kontinent eine unmittelbare Rolle.
Die bürgerlichen Medien verschweigen
den Umstand, dass bei den bisherigen Enteignungen im Rahmen des revolutionären Prozesses alle
früheren Besitzer voll entschädigt wurden, so wie es die venezolanischen Gesetze vorschreiben.
Auch stellen alle Schritte zur Sicherung der Kontrolle der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA über
die vier Projekte im Orinokogebiet nichts als eine Ausweitung von Gesetzesänderungen aus dem
vergangenen Jahr dar, als 32 Projekte in Joint Ventures umgewandelt wurden, an denen die PDVSA die Mehrheit
der Anteile hält. Die dadurch entstandenen staatlichen Einnahmen haben eine massive Erhöhung der
Sozialausgaben ermöglicht laut Weltbank ist die Armut im Land binnen eines Jahres um 10%
gesunken.
Das hat die bürgerlichen Medien nicht
davon abgehalten zu behaupten, Chávez wolle seine persönliche Macht ausbauen. Diese Behauptung
ignoriert den grundlegend demokratischen Charakter des Prozesses in Venezuela. Die
Präsidentschaftswahlen waren der elfte landesweite Wahlsieg der Pro-Chávez-Kräfte in Folge,
und Chávez führte seinen Wahlkampf auf einer ausdrücklich sozialistischen Grundlage.
Chávez tut etwas, was bürgerliche Politiker fast nie tun, nämlich genau das, was er
versprochen hat.
Noch wichtiger sind die im letzten Jahr gebildeten neuen kommunalen Räte: Chávez hat dazu
aufgerufen sie auszuweiten und auf ihnen die Grundlagen des neuen revolutionären Staates aufzubauen.
Diese Organe werden von Gruppen von 200400 Familien gewählt und sind wieder abrufbar. Ihr
höchstes Entscheidungsorgan ist eine Versammlung der Gemeinde, an der alle Mitglieder teilnehmen
können, die über 15 Jahre alt sind es kontrolliert die Durchführung der
Sozialprogramme und andere Beschlüsse, die ihr Gebiet betreffen. Die Regierung hat im Januar
angekündigt, sie werde für die Räte in diesem Jahr 5 Milliarden US-Dollar zur Verfügung
stellen, im vergangenen Jahr waren es 1,5 Milliarden Dollar. Es gibt bereits 13000 Räte und es wird
erwartet, dass ihre Zahl bis Ende 2007 auf 21000 steigen wird.
Die Regierung Chávez erweitert die
Demokratie und beschränkt sie nicht. In Verbindung mit weiteren Schritten zur Verstaatlichung liefert
die Revolution in Venezuela damit eine machtvolle Alternative zum "entfesselten Kapitalismus",
der den arbeitenden Menschen in der ganzen Welt aufgezwungen wird.
Stuart Monckton
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