SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Februar 2007, Seite 19

The Wind that Shakes the Barley

Irland/Großbritannien 2006, Regie: Ken Loach, Drehbuch: Paul Laverty. Mit Cillian Murphy, Padraic Delaney, Liam Cunningham, Orla Fitzgerald, Mary Riordan (seit 28.12. im Kino)

In dem auf dem Filmfestival in Cannes 2006 mit der Goldenen Palme ausgezeichneten Film über den irischen Unabhängigkeitskrieg schildern der britische Filmemacher Ken Loach und sein Drehbuchautor Paul Laverty die Antwort einer kleinen ländlichen Gemeinschaft auf den Terror der britischen Besatzer unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg.
Der Terror der Besatzer und die Gegengewalt der irischen Paramilitärs werden dabei realistisch in aller Drastik dargestellt, bis an die Schmerzgrenze der Zuschauerinnen und Zuschauer. Der Film zeigt die Brutalität, den antiirischen Rassismus und die Foltermethoden der Black and Tans, der berüchtigten britischen Truppe zur Bekämpfung des irischen Aufstands, sowie Überfälle und Anschläge der IRA auf die Besatzer, aber auch die brutale militärische Disziplin der Untergrundkämpfer, die zur Erschießung eines jungen Informanten führt. Jene, die sie ausführen, sind keine Psychopathen, die Spaß an der Gewaltausübung haben. Es ist vielmehr die schreckliche Logik des Kampfes, in dem sie verwickelt sind, die sie dazu bringt.
Anhand der unterschiedlichen Laufbahn zweier Brüder werden die innerhalb der antibritischen Unabhängigkeitsbewegung vorhandenen Differenzen verdeutlicht. Damien (Cillian Murphy) und Teddy (Padraic Delaney) befinden sich — nach gemeinsamem Kampf in der IRA — mit Beginn des Bürgerkriegs in entgegengesetzten Lagern. Damien steht für den sozialrevolutionären Aspekt des nationalen Befreiungskampfs. Teddy verteidigt das Free-State-Abkommen von 1921.
Die alternativen Perspektiven und Strategien werden im Film mehrfach durch Diskussionen verdeutlicht, die in ihrer — in politischen Filmen anderer Regisseure zumeist fehlenden — Authentizität an ähnliche Szenen in Land and Freedom, Ken Loachs Film über den spanischen Bürgerkrieg, erinnern, wobei sie diesmal nicht mit Laiendarstellern realisiert wurden.
In den wirklichen Kämpfen im Irland des Zeitraums um 1920 nahm die im Film auch außer durch Damien durch den Eisenbahner Dan (Liam Cunningham) repräsentierte, sich auf den Marxisten James Connolly berufende sozialrevolutionäre Tradition nur einen geringen Raum ein. Der Film widerspiegelt dies hauptsächlich durch das tragische Ende, bei dem der Bürgerkrieg buchstäblich zum Bruderkrieg wird.
Bei wem dabei die Sympathien von Ken Loach und Paul Laverty liegen, darüber besteht kein Zweifel. Und die Parallele zu Besatzung und Widerstand im Irak ist von den Autoren selbst mehrfach gezogen worden (siehe das Interview auf dieser Seite). Der Film zeigt aber auch, dass es nicht genügt, nur die Fahne auszuwechseln, dass es soziale und ideologische Widersprüche im Lager des Widerstands gibt und dass es für diejenigen, für die der Kampf gegen nationale Unterdrückung auch der Kampf für soziale Emanzipation bedeutet, auf diese Widersprüche keine einfachen Antworten gibt.

Hans-Günter Mull

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