SoZ - Sozialistische Zeitung |
Das Grimme-Institut in Marl vergibt jedes Jahr den Adolf-Grimme-Preis
für Film- und Fernsehschaffende, die herausragende Beiträge veröffentlicht haben. In diesem
Jahr wurde der Preis am 14.März u.a. an Autorinnen und Autoren der Sendung Monitor verliehen für
die Aufdeckung des Skandals des bezahlten Lobbyismus in Bundesministerien.
Am gleichen 14.März beschloss das
Bundeskabinett die Unternehmensteuerreform, die im Wesentlichen die Handschrift der Bank- und
Wirtschaftslobby im Finanzministerium trägt. Und Finanzminister Steinbrück stellt sich vor die
Presse und sagt: "Wir machen keine Geschenke!"
Das sehen die Menschen anders. Seit Beginn
der Großen Koalition haben sich die Belastungen für Beschäftigte, Rentner und Erwerbslose
erhöht. Die Belastung durch Sozialabgaben und Steuern stieg aber nur für diesen Personenkreis,
während die Unternehmen sich aus der Parität bei den Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung verabschieden durften, zusätzlich wurden die Beiträge zur
Arbeitslosenversicherung zu ihren Gunsten gesenkt.
Rente mit 67, steigende Steuerpflichtigkeit
der zukünftigen Renten, Hartz-IV-Armutssätze, Mehrwertsteuererhöhung, das waren die
"Geschenke" für diejenigen, die sich bei Tariferhöhungen nicht mehr Geld erkämpfen
konnten. Steuererhöhungen für Lohnabhängige kamen hinzu. Schon diese einseitige
Steuerpolitik ist ein sozialer Skandal. Jetzt wird er durch die neu beschlossene Unternehmensteuerreform
noch getoppt.
Erneut wird die Körperschaftsteuer
gesenkt unter Eichel von 35 auf 25%, unter Steinbrück von 25 auf 15%. Das Kapital betrachtet
das gar nicht als Geschenke, sondern als eine Selbstverständlichkeit, denn es hält Gewinne
für Eigentum und Steuern für Raub. Auch hier muss die Wettbewerbsfähigkeit als
Begründung herhalten bei einem Exportweltmeister allzu fadenscheinig. Dazu kommt der Vergleich
mit europäischen Partnerstaaten, die sich einen Steuersenkungswettlauf auf Kosten der
öffentlichen Güter und Dienstleistungen leisten zulasten der Bevölkerung, die auf
öffentliche Leistungen angewiesen ist. Man weiß sehr wohl, dass sowohl das Gesundheitssystem als
auch die Schulen, die große Masse der Hochschulen und die (noch) öffentliche Bahn Geld brauchen.
Die Mehrwertsteuererhöhung wurde gerade mit dem Hinweis auf die hohen Staatsschulden durchgesetzt. Das
alles zählt für Aktiengesellschaften und Kapitaleigentümer nicht sie wollen (und
können) sich einen armen Staat "leisten".
Weitere skandalöse
"Geschenke", die nicht so genannt werden sollen: Kapitalbesitzer zahlen nur noch 25%
Abgeltungssteuer statt ihres jeweiligen Steuersatzes, der für Großverdiener sonst bis zu 42%
betrug. Je reicher, je mehr Dividenden, desto höher das Steuergeschenk in diesem Bereich. Auch das ist
eichelsche Tradition, der schon mal die Steuerflucht mit einer Amnestie begünstigte. Dazu kommt, dass
einbehaltene Gewinne in Personenunternehmen niedriger versteuert werden als bisher.
Die ganze Steuerreform führt zu
Einnahmeausfällen von bis zu 30 Milliarden Euro. Steinbrück nennt als Ergebnis 5 Milliarden, weil
er zur Beruhigung der SPD-Linken einfach die später möglichen höheren Einnahmen aus der
Schließung von sog. Schlupflöchern dazu rechnet. Das kann selbst wenn die Konjunktur so
bleibt noch Jahre dauern.
An Steuergeschenke für die Unternehmen
erinnern wir uns noch gut aus der Schröder-Eichel-Ära. Im Jahr 2001 zahlten die
Kapitalgesellschaften fast überhaupt keine Körperschaftsteuern mehr, NRW musste mehrere hundert
Millionen zurückzahlen, weil auf einmal Verluste aus Vorjahren angerechnet werden konnten und
Unternehmensverkäufe überhaupt nicht mehr steuerpflichtig waren. Später hat kaum jemand
Eichels Planzahlen in Bezug auf ihren grandiosen "Erfolg" verglichen. Aber alle anderen mussten
draufzahlen, viele Gemeinden verloren wegen der Steuersenkungen die Haushaltshoheit und mussten ohne Ende
kürzen.
Natürlich sind den Abgeordneten diese
Zusammenhänge bewusst, aber die Parteidisziplin funktioniert. Steuern für die Armen, Gewinne
für die Reichen da ist es uninteressant, ob sich die SPD-Linke "schwer tut",
wenn sie zustimmt wie schon unter Schröder, beim Kriegseinsatz in Afghanistan oder bei der Rente mit
67. Was wird die Antwort der Gewerkschaften, Sozialverbände und anderen Betroffenen sein?
Rolf Euler
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