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Der Kampf gegen die Privatisierung der Hochschulen in Griechenland reißt
nicht ab. Einen ersten Erfolg hat die Bewegung verzeichnet.
Während des letzten Quartals hat sich
an den Schulen und Hochschulen Griechenlands eine starke politische Bewegung gegen die neoliberalen
Reformen der rechten Regierung der Nea Dimokratia (ND) entwickelt. Wochenlang gab es Besetzungen und
Demonstrationen mit 30000 bis 40000 Studierenden und Lehrern.
Unfähig, die Mobilisierungen zu
stoppen, trat die Regierung ihnen mit geradezu maßloser Repression entgegen. Mit Tränengas,
Polizeigewalt und einer massiven Verhaftungswelle versuchte sie, die Bewegung zurückzudrängen.
Aber das erwies sich als unmöglich. Jedes Mal ging die Bewegung aus einer solchen Konfrontation
stärker, fordernder und radikaler hervor. Und neuerdings scheint es auch der Regierung selbst nicht
mehr wohl zu sein bei der von ihr selbst geschaffenen Atmosphäre aus Tränengas und
Straßenkämpfen. Aber beginnen wir mit dem Anfang der Geschichte.
In Griechenland ist das
Universitätsstudium kostenlos. Artikel 16 der griechischen Verfassung regelt, dass niemand außer
dem griechischen Staat eine Universität gründen darf. Genau diesen Artikel wollte die Regierung
ändern, nicht nur um die Gründung profitträchtiger privater Universitäten zu
ermöglichen, sondern auch um die öffentlichen Universitäten strikten neoliberalen Regeln zu
unterwerfen.
Die Regierungspartei ND führte sich
dabei sehr selbstbewusst auf, weil die Führung der zweitgrößten Partei, der
sozialdemokratisch-neoliberalen PASOK, angekündigt hatte, für die Verfassungsänderung zu
stimmen. Dies wiegte die Regierung in so großer Sicherheit, dass sie noch weitere
Verfassungsänderungen zugunsten der Unternehmer vorschlug. Doch zu ihrem Unglück entstand eine
Massenbewegung, die diese Pläne vereitelte.
Schon im letzten Sommer widersetzten sich
die Studierenden diesen Plänen, als sie während der Examensprüfungen alle griechischen
Universitäten besetzten und Demonstrationen gegen die zur Verabschiedung anstehenden Gesetze
organisierten. Die Studentenorganisationen EAAK (eine Koalition von Organisationen der radikalen Linken)
und DARAS (Synaspismos) arbeiteten dabei zusammen und zwangen auch bald die Studentenorganisationen der
PASOK und der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) in diese Koalition. Die großen Streiks der
Hochschullehrer kamen hinzu, das war ein entscheidender Faktor, denn sie stellten eine Verbindung zwischen
der studentischen Bewegung und den übrigen Teilen der Gesellschaft her.
In Stadtteilen, in kleineren und
größeren Städten entstanden Dutzende von Komitees unter Beteiligung von Gewerkschaften,
Lehrern, Studierenden und Arbeitern. Es wurden Tausende von Unterschriften gesammelt und Hunderte von
Versammlungen und viele unterschiedliche Widerstandsaktionen gegen die Verfassungsänderungen
organisiert. Ein Kennzeichen der Bewegung war ihre Breite. Sie umfasste viele unterschiedliche Menschen,
von Abtrünnigen der PASOK bis hin zu Anarchisten.
Die Antwort der Regierung war
verstärkte staatliche Repression. Mit den bürgerlichen Massenmedien auf ihrer Seite nahm die ND
entweder Lügen oder das Verhalten von ein paar hundert Anarchisten zum Vorwand, um die
Unterdrückung zu intensivieren. Außerdem versuchte sie, die Studierenden aus den besetzten
Universitäten zu vertreiben.
Vor dem Hintergrund dieser Bewegung und in
Anbetracht der zwiespältigen Natur der Sozialdemokratie geriet die PASOK in eine sehr schwierige Lage.
Ihr Vorsitzender und die Parlamentarier der PASOK waren deshalb gezwungen, sich bei der Abstimmung
über die Verfassungsänderungen zu enthalten. Das Ergebnis war eine Niederlage für die
Regierung, denn die Verfassungsänderungen kamen nicht durch. Trotzdem zog sie sich nicht zurück,
sondern ging zum Angriff über. Am letzten Tag der Mobilisierungen, am 22.Februar, schlug sie ein neues
neoliberales Hochschulgesetz vor. Sie zählte dabei auf die Ermüdung der Studierenden und nahm an,
dass immer mehr sich gegen die Besetzungen wenden würden. Die Kräfte des Widerstands sahen sich
mit einer neuen Herausforderung konfrontiert.
Aber die ND hatte sich wieder einmal
getäuscht, die Bewegung unterschätzt. Die Universitätsbesetzungen halten an, die
Demonstrationen werden verstärkt fortgesetzt, und die Gewerkschaftswahlen bei den Hochschullehrern am
4.März gaben den im Streik befindlichen antineoliberalen Kräften über 60% der Stimmen.
Derzeit weiß niemand, wie der Kampf
gegen das neue Hochschulgesetz ausgehen wird. Aber jedermann sieht den klaren Sieg beim Kampf gegen die
Verfassungsänderungen und die zunehmende Radikalisierung der griechischen Jugend. Diese Bewegung
könnte der Anfang für eine neue, vereinigte, antineoliberale, antikapitalistische und radikale
Linke sein. Eine Linke, die wie die Bewegung selbst, eine Alternative zur kapitalistischen Barbarei
formuliert. In diese Richtung geht eine neue gewerkschaftliche Studierendenorganisation unter Beteiligung
von Synaspismos, Maoisten und Trotzkisten, die am 10./11. März gegründet wurde. An ihr nahmen
soviele Studierende teil, wie es sich die Organisatoren nicht einmal in ihren kühnsten Träumen
hatten vorstellen können.
Vaggelis Karageorgos
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