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Nach den zwei Spielfilmen über den Völkermord in Rwanda
Hotel Ruanda, der auch in den deutschen Kinos lief, und Sometimes in April, der in Deutschland keinen
Verleih fand wird nun ein weiteres dunkles Kapitel der postkolonialen Geschichte Afrikas in einem
Spielfilm behandelt: Die von 1971 bis 1979 währende Diktatur Idi Amins in Uganda.
Das Spielfilmdebüt von Kevin
Macdonald, der vorher ausschließlich Dokumentarfilme gedreht hat, erzählt seine Geschichte aus
der Perspektive von Nicholas Garrigan, des fiktiven schottischen Leibarztes von Idi Amin. Historisches
Vorbild von Garrigan ist der Engländer Bob Astles, der tatsächlich für Amin gearbeitet hat,
ihm aber nicht ganz so nahe stand wie der Filmheld Garrigan. Astles war von 1975 bis zu Amins Sturz 1979
Chef der Antikorruptionseinheit und Berater für die Beziehungen mit Großbritannien. In der
Bevölkerung wurde er "Major Bob" oder "the white rat" (die weiße Ratte)
genannt. Garrigan wird im Film bereits 1971, im Jahr von Amins Machtübernahme durch einen
Militärputsch, zu dessen Leibarzt und flieht 1976 während der Flugzeugentführung in Entebbe.
Sein Spitzname ist "Amins white monkey" (Amins weißer Affe).
Durch die Erfindung eines europäischen
Leibarztes führt Macdonald das europäische Publikum ganz nahe an Idi Amin heran. So ist dann auch
dieser, hervorragend gespielt von Forest Whitaker, die eigentliche Hauptperson des Films. Idi Amin wird als
machtbesessen, skrupellos, brutal und tendenziell geisteskrank geschildert. Damit kommt der Film der
Wahrheit wohl ziemlich nahe. Auch die Hintergründe seiner Machtübernahme werden im Film nicht
verschwiegen. Die britischen Diplomaten äußern sich anfangs recht positiv über ihn,
kämpfte er doch in den 50er Jahren in einer britischen Spezialeinheit ("The Kings African
Rifles") gegen antikoloniale Befreiungsbewegungen in Afrika. Zunächst erfüllt Amin auch die
Erwartungen seiner westlichen Gönner, indem er die als "Kommunisten" bezeichneten
Anhänger seines Vorgängers (und Nachfolgers) Milton Obote einsperren und zum Teil auch ermorden
lässt. Erst als die Repression immer offener wird, und die Opfer des Regimes auf offener Straße
ermordet und entweder dort liegen gelassen oder den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen werden, wendet
sich der Westen von Amin ab. Im Unterschied zu anderen prowestlichen Diktaturen, die ihre Opfer
verschwinden ließen, war er wohl nicht diskret genug.
So verwandelt sich der britische
Söldner Amin in einen "Antiimperialisten", der u.a. gute Beziehungen zu Libyen aufnimmt. Die
Massaker gehen währenddessen weiter. Einige wenige linke Gruppen, wie in der BRD der maoistische KBW,
bezeichneten Idi Amin daraufhin als "fortschrittlichen Staatschef". Aber die fatale Logik, dass
der Feind meines Feindes mein Freund ist, führte auch damals schon in die Sackgasse. Die Bewohnerinnen
und Bewohner von Uganda merkten nichts von seiner "Fortschrittlichkeit", aber etwa 300000 von
ihnen kostete sein Regime das Leben.
Dass Macdonald eigentlich Dokumentarfilmer
ist, merkt man daran, dass er eigentlich einen Film über die Geschichte Ugandas unter Amin macht. Er
führt dazu einen Protagonisten ein, mit dem sich die Zuschauerinnen und Zuschauer identifizieren
können. Denn Garrigan ist ein sympathischer junger Mann, der auf der Flucht vor der Enge in seinem
Elternhaus das Abenteuer in Afrika sucht. Dabei ist er ebenso offen wie naiv. Diese Naivität
lässt ihn dem Charme von Amin erliegen, wobei er immer weiter in dessen Verbrechen hineingezogen wird.
Diesen Garrigan führt Macdonald nun
immer wieder ins Zentrum des Geschehens. Er lässt ihn den triumphalen Zug Amins durch Uganda am Beginn
seiner Präsidentschaft erleben, führt ihn als Leibarzt in den Präsidentenpalast, wo er alle
wichtigen Mitglieder des Regimes kennen lernt. Auch bei der Verfolgung von Regimegegnern auf offener
Straße, der Vertreibung der Asiaten aus Uganda 1972 und bei der Flugzeugentführung in Entebbe
1976 ist er mitten drin. Die Zuschauerinnen und Zuschauer sehen Uganda und Amin durch die Augen von
Garrigan. Diese Perspektive wirkt ebenso subjektiv wie unmittelbar. Man glaubt sich selber mitten im
Geschehen und ist in seinem Kinosessel natürlich doch in sicherer Entfernung.
So gelingt dem Regisseur ein sehr
eindrucksvolles und sehenswertes historisches Lehrstück über die Macht und ihren radikalen
Missbrauch, die Doppelzüngigkeit des demokratischen Westens und die Fallstricke eines vermeintlichen
Antiimperialismus. Dabei kann die schauspielerische Leistung von Forest Whitaker, der dafür
völlig zu Recht einen Oscar und einen Golden Globe bekam, nicht oft genug hervorgehoben werden.
Andreas Bodden
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