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IWF und Weltbank vor Gericht. Der Traum vieler Kritikerinnen und Kritiker der kapitalistischen Globalisierung. In
Bamako wird er Wirklichkeit, leider nur als Film. In einer Art fiktivem Russell-Tribunal stellt der mauretanische Regisseur Sissako die beiden
Institutionen vor Gericht, die von vielen Menschen für das Elend in der "Dritten Welt" herausragend mitverantwortlich gemacht
werden.
Das Gericht, die Anklage und die Verteidigung sind allesamt echte Juristinnen
und Juristen, die sich in diesem Film als Laiendarsteller betätigen. Sissako hat Anwältinnen und Anwälte aus Frankreich und
Mali gezielt für diesen Film angesprochen, die alle sofort interessiert waren. Interessanterweise wollten die meisten die Rolle der Verteidiger
übernehmen, da diese juristisch anspruchsvoller sei. Die Verteidigung von IWF und Weltbank ist also auch in den Augen von
Rechtskundigen schwieriger als ihre Anklage. Bis auf zwei sind alle Mitwirkenden Laien. Viele spielen sich mehr oder weniger selber. So
erhält der Film eine große Authentizität.
Interessant ist auch der Schauplatz des Films. Es handelt sich um den Hof des
Hauses in Bamako, in dem Abderahmane Sissako aufgewachsen ist. Der Regisseur stammt zwar aus Mauretanien, ist aber in der Hauptstadt des
Nachbarstaats Mali aufgewachsen. Durch den Schauplatz werden Gerichtsverhandlung und Alltagsleben miteinander verwoben. Um den Hof, wo
das Gericht tagt, geht das Alltagsleben der Bewohnerinnen und Bewohner weiter. So haben die Beteiligten des Verfahrens ständig die
Auswirkungen der internationalen Politik auf den Alltag der Afrikanerinnen und Afrikaner vor Augen.
Ursprünglich sollte der Film La Cour heißen, wobei das
französische Wort cour sowohl Hof als auch Gericht bedeutet. Um aber Afrika und seine Menschen in den Vordergrund zu stellen, wurde
der Film nach der Hauptstadt des westafrikanischen Sahellandes Mali benannt.
Der Film setzt auf die leisen Töne. Er vermittelt nicht nur Fakten, denn
Sissako will die europäische Buchhaltermentalität in Bezug auf Afrika nicht bestärken. Er sagt dazu in einem Interview mit der
Filmzeitschrift Trigon: "Für Europa besteht Afrika vor allem aus Zahlen. Man weiß da genau, wie viele Menschen an AIDS
sterben und in welchem Land, man weiß, wie viele in Kriegen umgekommen sind, und so weiter. Da existiert so etwas wie ein
Buchhaltungsreflex, der es erlaubt, das Wichtigste zu vergessen: Das wirkliche Drama hier in Afrika sind nicht jene, die sterben, es sind die, die
bleiben und enttäuscht sind, die jegliche Hoffnung verloren haben. Ein hoffnungsloser Mensch, das ist schrecklich ... Es gibt bei mir ein
ausgesprochen starkes Verlangen, ein Afrika zu filmen, das man sich nicht vorstellt, weil man es nicht zeigt. Das heißt, ein bewusstes Afrika,
einen Kontinent, der genau weiß, was auf ihn zukommt."
Es gelingt ihm, sowohl das Selbstbewusstsein als auch die Hoffnungslosigkeit
der Afrikaner zu zeigen. Es treten Zeuginnen und Zeugen auf, die sehr überzeugend die Auswirkungen der Politik von IWF und Weltbank
auf Afrika schildern. Eindrucksvoll und bedrückend ist jedoch der Auftritt eines Lehrers. Er stellt sich in den Zeugenstand und sagt nichts.
Das ist wie ein stummer Schrei der Hoffnungslosigkeit und des Protests. Obwohl dieser Lehrer sicher viel weiß, sagt er nichts, denn er hat
die Hoffnung verloren, dass es etwas nützt.
Die Zuschauerinnen und Zuschauer hören die Zeuginnen und Zeugen
sowie die Plädoyers von Verteidigung und Anklage. Letzteres steht am Ende des Films. Das Gericht fällt kein Urteil. So gerät
das Publikum im Kinosaal in die Rolle der Geschworenen, die sich auf Grund des Gehörten selbst ein Urteil bilden müssen.
Beim Filmfestival in Cannes lief er außer Konkurrenz und wurde von der
Kritik gefeiert. Beim Filmfestival in Karthago in Tunesien, neben dem FESPACO in Ouagadougou (Burkina Faso) das zweite wichtige afrikanische
Festival, erhielt er den Spezialpreis der Jury. In Frankreich lief der Film 2006 mit Unterstützung von Attac recht erfolgreich in den Kinos. In
Deutschland tourt er seit Januar 2007 mit wenigen Kopien durch die Programmkinos (im Mai bspw. in Köln im Filmforum NRW und in der
Filmpalette) und erreicht hier eher nur ein speziell an afrikanischen Filmen interessiertes kleines Publikum. Für alle, die sich über die
Auswirkungen des weltweiten Kapitalismus aus der Sicht der Hauptbetroffenen informieren wollen, ist der Film ein absolutes Muss.
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