SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juni 2007, Seite 20

Marxismus-Konferenz

Dran bleiben

von Angela Klein

Mit 750 Teilnehmenden war die Marxismus-Konferenz am 22.April in Berlin besser besucht als die Organisatoren erwartet hatten.
Die erste solche Konferenz hatte vor zehn Jahren in Hannover stattgefunden. Der Kreis der Einladenden war enger gewesen, die Besucherzahl genauso hoch, die Teilnehmenden rekrutierten sich aber nach Auskünften derer, die dabei gewesen sind, vorwiegend aus einem älteren akademischen Milieu.
Diesmal strotzte die Veranstaltung nicht gerade vor Jugendlichkeit, obwohl auch jüngere Menschen den Weg in die Technische Fachhochschule gefunden hatten, aber sie war deutlich stärker von politisch Aktiven geprägt, die für ihre Praxis ein theoretisches Rüstzeug suchen. Es gibt wieder Interesse am Marxismus — allerdings artikuliert sich dieses weniger offensichtlich, weil die Universitäten als Ort von Theoriearbeit und als Verstärker eines linken intellektuellen Diskurses fast ausgefallen sind, wie Frank Deppe einleitend nochmal betonte.
Die Konferenz war von den Organisatoren nicht so angelegt, aber es brach sich immer wieder Bahn: Tagespolitische Frage liefen immer wieder Gefahr, vor allem die Podiumsdiskussionen zu dominieren, insbesondere die um Regierungsbeteiligung. Selbstvergewisserung und Abgrenzungslinien gegenüber dem Reformismus bildeten ein starkes Moment; darüber droht die Arbeit am theoretischen Rüstzeug in die zweite Reihe gedrängt zu werden. Die kritische Reflexion und Aktualisierung der marxistischen Theorie auf dem Stand des 21.Jahrhunderts ist aber eine zentrale Aufgabe der antikapitalistischen Linken und eine notwendige Grundlagenarbeit, ohne die praktische Politik in Handwerkelei stecken bleibt.
Die Arbeitsgruppen waren durchweg besser und spannender als die Plenardebatten. Es gab dort ausgezeichnete Vorträge, von denen man viel lernen konnte — wenn an dieser Stelle jetzt Michael Krätke und Ekkehard Lieberam genannt werden, so liegt das nur daran, dass es unmöglich war, alle Arbeitsgruppen zu besuchen.
Die Konferenz schreit nach Fortsetzung. Die Nachfrage danach war unter den Teilnehmenden so deutlich, dass die Organisatoren sich dazu bequemen mussten, auf der Abschlussveranstaltung zu versichern, dass die nächste Konferenz im Abstand von etwa zwei Jahren stattfinden wird und weiter im Zwei-Jahresrhythmus erfolgen soll. Das Erfolgsgeheimnis der Konferenz — darauf sei hier noch hingewiesen — ist nicht nur in einer intensiven längeren Vorbereitungsphase zu suchen. Es liegt vor allem darin, dass der Kreis der Organisatoren — von ehemaligen Stalinisten bis zu Trotzkisten — über nunmehr mehrere Jahre hinweg im sog. Leverkusener Kreis miteinander heikle Themen und Zerwürfnisse aus der Geschichte der Arbeiterbewegung des 20.Jahrhunderts aufarbeitet und diskutiert. Die hartnäckige Arbeit, ihn zu betreiben und immer wieder anzustoßen, ist vor allem Robert Steigerwald zu danken. In diesen alljährlichen Treffen, die von dem gegenseitigem Respekt geprägt sind, der einen solidarischen Meinungsstreit erst ermöglicht, hat sich Vertrauen aufgebaut. Den Erfolg konnte man auf der Konferenz ernten: das offene, solidarische und entspannte Klima hat manch einen überrascht.
Wichtig wird sein, dass der Kreis der Initiatoren um die Kräfte erweitert wird, die sich als unbedingt antikapitalistisch, aber vielleicht nicht unbedingt als marxistisch verstehen — wie sie z.B. in der globalisierungskritischen Bewegung anzutreffen sind. Auf ihren Beitrag kann eine Marxismus-Konferenz heutzutage nicht verzichten.


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