SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juli 2007, Seite 04

Die Linke

Vorsicht vor den Mikrofonen!

von Hubert Kaiser

Mit einer gewollt protzigen und Medienbilder produzierenden 600000-Euro- Inszenierung im Berliner Estrel-Hotel wurde die neue Partei Die Linke gegründet. In Wahrheit war die Protzerei eher peinlich und wenn‘s die Millionen prekär Beschäftigten und Armen, die diese Partei wählen sollen, auf den Dokumentationskanälen für Minderheiten gesehen hätten, dann gäbe es guten Grund zum Ärgern und Protestieren.
Politisch ist aber dennoch ein kleiner Berg versetzt worden. Es ist eine sich eindeutig links, antikapitalistisch und verschämt sozialistisch erklärende Partei mit Massenanhang entstanden, nach Mitgliederzahl und Wählerschaft die drittgrößte Partei in Deutschland. Das gab es zuletzt vor 25 Jahren mit der Gründung der Grünen. Den Grünen gelang ihrerzeit allerdings auch eine wirkliche Veränderung der Gesellschaft. Das Jahrhundertthema "Umweltzerstörung" wurde mit einer echten kleinen Kulturrevolution in die Köpfe der Menschen gebracht. Diese Bewegung vor dem Hintergrund der schlichten Erkenntnis, dass der Kapitalismus endlich ist, wurde als ernste Gefahr für die Herrschaft des Kapitals angesehen und es erging der Auftrag, in erster Linie an die Sozialdemokratie, die bösen Kinder heim in das Reich der Demokraten zu holen — was nach einigen Jahren auch schnell und billig erledigt war.
Die neue Partei Die Linke hat sich stattdessen mit nur wenig Widerspruch entschieden, eine patriarchalische und auf den parlamentarischen Wettkampf fixierte Partei zu gründen, die sich obendrein in der Illusion verfängt, sozialverträgliche, linkskeynesianische Umbaumodelle wären heute noch realisierbar, ohne zuvor mächtige und turbulente Oppositions- wenn nicht gar Aufstandsbewegungen zu organisieren. Heim ins Reich will man sie dennoch holen. Dem ersten Trommelwirbel der Pöbelsprüche aus den Reihen der SPD werden das Wattebombardement und der Interviewkrieg folgen, mit denen die neue Konkurrentin zum Kotau vor Patriotismus, Unternehmertum, NATO, Bundeswehr und deutschem Standort gedrängt werden wird. Und wenn es nicht sehr schnell eine wirkliche Verankerung in sozialen Bewegungen, Betrieben und Stadtteilen sowie eine konfliktorientierte Politik der neuen Partei gibt, dann wird dieser Krieg auch gewonnen werden. Vorsicht vor den Mikrofonen!


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