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Rolf Uesseler beschreibt, wie durch private Militärfirmen nach und nach
die Demokratie unterwandert wird. Trotz der Brisanz des Themas erschienen bislang nur Rezensionen in der
"FAZ", der "FR" und "Das Parlament". Diese befanden Oesselers Kritik an den
demokratiezerstörenden Folgen dieser Art von Privatisierung als überzogen.
Im Februar 2006 berichtete Diligence LLC
über die Eröffnung eines Büros in Berlin. Diligence LLC gehört zur aufstrebenden
Branche der euphemistisch genannten Sicherheitsunternehmen; Uesseler nennt sie
prägnanter private Militärfirmen (PMF). Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 2000; mit
von der Partie ist William Webster, ehemals Leiter des FBI, danach Leiter der CIA. Im Management des
Unternehmens sitzen u.a. der frühere US-Botschafter in Deutschland, Richard Burt, und Charles Powell,
früherer außenpolitischer Berater von Margaret Thatcher.
Per Internet bietet Diligence privaten
Unternehmen, die in Osteuropa expandieren wollen, nachrichtendienstliche Information an, Risikoanalysen und
Unterstützung bei "unvorhergesehenen Ereignissen". Denn die neuen Sicherheitsfirmen suchen
ihre Kundschaft nicht nur unter Regierungen und Armeen aus aller Herren Länder, sondern auch unter
Privatunternehmen, die in neue, gefährliche oder unsichere Regionen vorstoßen wollen.
Was Rolf Uesseler, Publizist und
Wissenschaftler, in seinem Buch Krieg als Dienstleistung über das Geschäftsgebaren in diesem
neuen Zweig herausgefunden hat, lässt jedem den Atem stocken, der nach dem Ende der Blockkonfrontation
irgendwie die Hoffnung hegte, die Welt würde friedlicher werden. Die Militäretats der
Industriestaaten werden zwar tatsächlich heruntergefahren aber profitorientierte Privatfirmen,
die mehr als nur die Jobs der staatlichen Armee übernehmen, machen den Abbau des etablierten
Militärs mehr als wett; zwar werden sie ebenfalls aus Steuergeldern bezahlt, aber eben nicht nur aus
dem Militäretat.
Diligence LLC gehört zu den
wichtigsten privaten Militärfirmen im Bereich der Nachrichtendienste. Diesen Bereich stellt Rolf
Uesseler als einen von vieren vor, in denen die Privatisierung der militärischen Gewalt seit einigen
Jahren in rasendem Tempo vorangetrieben wird. Nach Schätzungen geht bereits die Hälfte des 40
Milliarden Dollar schweren staatlichen Geheimdienstbudgets der USA in Aufträge an Privatfirmen wie
Diligence LLC. Hier werden Daten gesammelt und ausgewertet, werden militärische Konkurrenten und
ökonomisch profitables Terrain ausgespäht und Militärschläge genauso vorbereitet wie
die Abholzung des Regenwalds, die von Privatarmeen abgesichert wird.
Die anderen drei Sektoren, in denen sich
private Militärfirmen ausbreiten, beschäftigen sich mit nicht weniger wesentlichen Bereichen
militärischer Gewalt. Da sind zum einen die Firmen, die ihre Dienste und Söldner im
militärischen Kerngeschäft anbieten: im direkten Gewalteinsatz. 30000 Söldner stehen z.B. im
Irak und bilden nach der US-Army das zweitgrößte Kontingent an Soldaten. Eine andere Branche
widmet sich hauptsächlich der Ausbildung von Armeeeinheiten. Kampftechniken, so Amnesty International,
stehen in diesen Programmen an der Spitze, das Völkerrecht oder menschenrechtliche
Mindestbestimmungen, welche die Kombattanten eigentlich einzuhalten hätten, kommen nicht vor.
Schließlich sind da noch die Logistikfirmen, die den Transport von Militärfahrzeugen und Munition
übernehmen, das Catering der Soldaten besorgen und die Maschinenparks der kämpfenden Einheiten
betreuen. Ohne die Tätigkeit von KBR Kellogg, Brown & Root, eine Tochterfirma von Dick
Cheneys Halliburton hätte z.B. der Kosovokrieg nicht laufen können: KBR versorgte allein
die amerikanischen Soldaten mit einer Milliarde warmer Mahlzeiten, entsorgte 90000 Kubikmeter Müll und
organisierte eine Milliarde Liter Benzin. Ein Fünfjahresvertrag sicherte der Militärfirma KBR
eine knappe Milliarde Dollar für ihre Dienste zu.
1,5 Milliarden Söldner mit und ohne
Waffen agieren weltweit, und zwar als ordentliche Angestellte von ordentlich angemeldeten und abrechnenden
Unternehmen nicht als wild angeheuerte Pistoleros; deren Zahl liegt noch einmal ähnlich hoch.
Allein 1 Million Privatsoldaten agieren im Auftrag der US Army, die die "Abrüstung" ihrer
Kompanien von 2,25 auf 1,5 Millionen Soldaten auf diese Weise mehr als wett gemacht hat. Der Branchenumsatz
der häufig an der Börse notierten Militärunternehmen liegt bei 200 Milliarden Dollar; einer
der Branchenführer, G4S, gibt 4 Milliarden Jahresumsatz an, 360000 Leute habe er unter Vertrag.
Das gigantische Geschäft mit dem
privaten Militär, mit der Vorbereitung von Kriegen und der Begleitung der ökonomischen
Feldzügen internationaler Konzerne in allen Teilen der Welt ist eine Begleiterscheinung der
Globalisierung. Der Konkurrenzkampf um Rohstoffgebiete und Absatzmärkte, um Ölrouten und andere
Transportwege, um Stützpunkte und Einflussregionen benötigt eine schnelle, jederzeit abruf- und
einsetzbare und von der Öffentlichkeit möglichst wenig kontrollierbare Soldateska. Die gleichwohl
nicht aus dem Ruder läuft, sondern nach den Spielregeln ihrer Auftraggeber agiert nach denen
einer Profitmaximierung, die sich vom Völkerrecht und den international vereinbarten Menschenrechten
nicht mehr zähmen lässt.
Die Privatisierung militärischer
Leistungen Rolf Uesseler weist darauf in einem kurzen historischen Abriss hin zerstört
eine wichtige Errungenschaft der Moderne: nämlich das staatliche Gewaltmonopol, das nach dem
Westfälischen Frieden 1648 erstmals und dann durch die Französische Revolution 1789 definitiv
etabliert wurde. Garanten waren die sich damals bildenden Nationalstaaten. Doch die sind in Auflösung
begriffen. Deshalb tritt neben das staatliche Militär wieder in längst überwunden geglaubtem
Umfang die privat organisierte militärische Gewalt. Wie viele Menschen von den modernen Söldnern
und den etablierten Soldaten umgebracht werden, bis neue staatliche Ordnungen errichtet sind, kann wohl
niemand sagen. Vor diesem Hintergrund erscheint allerdings der herrschende Diskurs über staatliche
Friedensmaßnahmen und international verbriefte Abrüstung mehr als verlogen.
Der vielleicht einzige Lichtblick:
Desertion aus einer privaten Militärfirma ist nicht mehr strafgesetzlich verfolgte Fahnenflucht
sondern schlicht fristlose Kündigung. Zu der nahmen im Dezember 2003 sechzig südkoreanische
Söldner in Bagdad Zuflucht, als ihnen das umkämpfte Gebiet zu heiß wurde.
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