SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Juli 2007, Seite 26

Mord & Todschlag

Deon Meyer: Das Herz des Jägers, Berlin: Aufbau 2007, 409 S., 8,95 Euro

von Udo Bonn

In Südafrika finden im Moment die heftigsten Streikbewegungen seit Ende der Apartheid statt. Insbesondere die Beschäftigten des Krankenhauswesens und Lehrer folgten dem Aufruf von COSATU und begannen eine Auseinandersetzung um Lohnerhöhung, die das Dreierbündnis von ANC, SACP und zentralem Gewerkschaftsverband nach langen Jahren der zunehmend schwierigeren Partnerschaft in Frage stellt.
Von ähnlichen — vor allem enttäuschten — Hoffnungen auf ein besseres Leben nach dem Ende des weißen Regimes in Südafrika handelt der überaus spannende Thriller von Deon Meyer, "Das Herz des Jägers", dessen 400 Seiten in höchster Geschwindigkeit verschlungen sind.
Thobela Mpayiphelis, ein ehemaliger Kämpfer des ANC, scheint es geschafft zu haben. Mit 40 Jahren ist aus dem harten Mann, der in der Sowjetunion und der DDR zum Killer ausgebildet worden ist und der sich nach dem Zusammenbruch des KGB und der Stasi in seiner alten Heimat als Schuldeneintreiber für Drogenhändler verdingte, ein liebevoller Familienvater geworden. Seinem Job als Reinigungskraft bei einem BMW-Händler geht er mit aller Sorgfalt nach, zentraler Punkt seines Lebens sind aber seine Geliebte und deren Sohn.
In diese Idylle platzt die Tochter eines alten Freundes, der in Schwierigkeiten steckt. Sie bittet Mpayiphelis, eine Festplatte nach Lusaka zu bringen, auf der sich geheimgehaltene Unterlagen aus dem Befreiungskampf befinden sollen, die bei Veröffentlichung oder auch nur bloßer Weitergabe zu verheerenden Folgen führen könnten.
Aus diesem klassischen Konflikt zwischen alten und neuen Loyalitäten entwickelt sich eine über aus rasante Geschichte, deren äußeres Tempo nicht zuletzt von einer BMW-GS-Maschine bestimmt wird, die Mpayiphelis kurzentschlossen ausleiht, nachdem Agenten des südafrikanischen Geheimdienstes versuchen, ihn am Flughafen abzufangen.
Während Mpayiphelis verzweifelt versucht, nicht in seine alte Rolle des gnadenlosen Kämpfers zu verfallen, werden auf ihn Eliteeinheiten angesetzt, deren einziges Trainingsziel es war, den Gegenspieler auszuschalten und die nun ihren tödlichen Ersteinsatz ausführen sollen. Nicht nur der Selbsthass des Truppenführers, sondern auch die Ränke in den unterschiedlichen Geheimdiensten, das gegenseitige Misstrauen und Betrügen, die Enttäuschungen über die geringen sozialen Veränderungen nach der Abschaffung der Apartheid und die Nichtanerkennung von Leistungen im und nach dem Befreiungskampf demonstrieren, wie wenig tiefgreifend die Arbeit der südafrikanischen Versöhnungskommissionen sein kann. Aber auch die Hells Angles und Mitglieder von BMW-Motorradclubs, die sich auf den Weg gemacht haben, Mpayiphelis zu schützen, geraten vor allem selbst aneinander. Keine hoffnungsvollen Ausblicke, wären da nicht die Tankwarte an einsamen Stellen,die Sänger alter und neuer Geschichten und Freunde aus einem anderen Leben, die dem Verfolgten einen Funken uneigennütziger Solidarität zukommen lassen.


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