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mit den Protesten rund um den G8-Gipfel ist eine Mobilisierung gelungen, die
eine in Deutschland bisher ungekannte Breite erreicht hat; Umweltschützer, Landwirte,
Migranteninitiativen, radikale Linke, Gewerkschafter, Freundinnen und Freunde aus den Nachbarländern
u.v.a.m. fanden in der Losung: "Die G8 sind illegitim" einen gemeinsamen Nenner. "Die
Behauptung der Möglichkeit einer anderen Welt wurde mit dem strategischen Anspruch
verbunden, den Gipfel der G8-Staaten öffentlich delegitimieren zu wollen. Gelungen ist dies vor allem
mit den Blockadeaktionen weil in dieser Aktion zivilen Ungehorsams Form und Inhalt
Delegitimiert die G8! signifikant zusammenfielen", schrieb Thomas Seibert in einer Auswertung.
60000 Menschen, so wird geschätzt,
kamen mit diesem Anliegen zusammen. Dass dies eine signifikante Minderheit ist, die einen Stimmungswandel
in der Bevölkerung ausdrückt, haben die jüngsten Umfragen ergeben, die die "Zeit"
spektakulär unter der Überschrift zusammengefasst hat: "Deutschland rückt nach
links!" Das Wichtigste dabei: Tausende junger Menschen, die bisher in keinen sozialen Initiativen und
keinen politischen Zusammenhängen aktiv waren, sind zum ersten Mal mit den Zielen und Aktionsformen
der globalisierungskritischen Bewegung in Berührung gekommen. In den Camps rund um Heiligendamm haben
sie erlebt, was es heißt: Eine andere Welt ist möglich. Neue, solidarische und weitgehend
herrschaftsfreie Formen der Kommunikation und des selbst organisierten Zusammenlebens wurden dort
praktiziert, die den Alltagserfahrungen diametral entgegenstehen.
Die Mobilisierung, so großartig sie
war, riskiert jedoch zu versanden wie so oft. Was machen wir aus unserem Erfolg? Wie können wir
darauf aufbauen und die Stimmung von Solidarität und Aufbruch, die in den Tagen des Juni über den
meisten Aktionen lag, in alltäglichen Widerstand gegen die Zumutungen des global agierenden Kapitals
und der sie vertretenen Regierungen übersetzen? Organisationen wie Attac oder die Interventionistische
Linke vermeldeten zwar danach stolz einen Zuwachs an Mitgliedern und Interessierten, doch die
Neuzugänge trafen auf Strukturen, die selber noch in einem Findungsprozess stecken. Und die meisten
jungen Menschen haben selbst diese Wege nicht gefunden.
Fragen wir nach dem Warum, müssen wir
zugeben: Die Antwort steckte bereits in der Anlage der Mobilisierung selbst. Die Delegitimierung des G8-
Gipfels durch partielle physische Behinderung seines Stattfindens beantwortete nicht die Frage: Wie
können wir nicht nur vom 2. bis 7.Juni, sondern das ganze Jahr über, auch abseits
spektakulärer Massenaktionen, der Allmacht des Kapitals ein Stück Gegenmacht entgegensetzen? Das
war auch schon im Vorfeld von Heiligendamm erkennbar: In einem Beitrag für die Zeitschrift
"Telegraph" beklagte Andrej Holm, der jetzt vom BKA gejagt wird, die mangelnde Einbindung lokaler
Gruppen dies habe für alle mobilisierenden Gruppen gegolten.
Die Aufgabe, gemeinsam alltagstaugliche
Strategien zu entwickeln, steht deshalb weiter vor uns. Der Faden der Zusammenarbeit, die vor und in den
Tagen von Heiligendamm praktiziert wurde, darf nicht abreißen. Gemeinsam müssen wir
überlegen, wie es weiter gehen kann.
Das Sozialforum in Cottbus
(18.21.Oktober) ist ein geeigneter Rahmen dafür. Die Auswertung der G8-Aktionen wird dort einen
zentralen Platz einnehmen. Die Nähe zur polnischen und tschechischen Grenze erlaubt sozialen
Initiativen aus diesen Nachbarländern, mit eigenen Veranstaltungen über die Situation in ihren
Ländern zu informieren und sie uns ein Stück näher zu bringen. Wie grenzübergreifende
Solidarität mit Osteuropa möglich werden kann, ist Thema nicht nur eines, sondern mehrerer
Seminare. Das betrifft Themen wie Mindestlohn, Armut und Produktionsverlagerungen, aber auch die geplante
Raketenstationierung. Das Themendreieck UmweltEnergieArbeitsplätze trifft in Cottbus auf
eine hoch brisante örtliche Situation. Denn in der Lausitz, eine Region mit einer Arbeitslosenquote
von 24,8%, will Vattenfall den Braunkohleabbau reaktivieren also die schmutzigste Form der
Energieförderung überhaupt, und dabei Dörfer umsiedeln und Naturschutzgebiete
zerstören. Der dortige DGB stellt sich auf dem Sozialforum einer schwierigen Debatte.
Vielleicht gelingt es auch, die
Kleinbauern, die in Heiligendamm erstmals an gemeinsamen Mobilisierungen mit der globalisierungskritischen
Bewegung teilgenommen haben der Aktionstag Landwirtschaft war ein voller Erfolg , dazu zu
bewegen, dass sie auf dem Sozialforum über ihren Kampf gegen die Abschaffung der Milchquote, gegen
Biosprit und Genmais, informieren und dort das Bündnis mit Verbrauchern und Lohnabhängigen
suchen.
Und natürlich muss auch der Streit mit
den Parteien um ihren Alleinanspruch auf politische Repräsentation weiter gehen.
Das Sozialforum hat die Chance, eine
Brücke zu schlagen zwischen Heiligendamm und einem weltweiten Aktionstag am 26.Januar 2008: Der
Internationale Rat des Weltsozialforums, der sich am Rande der G8-Aktionen in Berlin getroffen hatte, hat
nämlich beschlossen, das kommende Weltsozialforum in Form eines Globalen Aktionstags
durchzuführen. Das könnte eine würdige Fortsetzung von Heiligendamm sein.
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