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Der
jüngste Landesparteitag in Hessen der erste nach der Vereinigung von L.PDS und WASG zur Partei
"Die Linke" hatte über die Aufstellung einer Landesliste zu den Landtagswahlen am
27.Januar 2008 zu befinden. Gegen den designierten Spitzenkandidaten und langjährigen kritischen
Gewerkschafter Dieter Hooge trat Peter Metz, Kommunalpolitiker aus Marburg an und gewann
überraschend die Wahl mit 81 Stimmen. Eine Woche später trat er von seiner Wahl
zurück.nDu bist auf dem Landesparteitag der Partei Die Linke in Hessen, wo es um die Aufstellung der
Kandidatenliste zu den Landtagswahlen am 26.Januar ging, gegen Dieter Hooge als Spitzenkandidat angetreten.
Was hat dich dazu bewogen?
In der hessischen Linken, auch bei mir, regte sich schon bald nach Bekanntwerden des
Landesvorstandsvorschlags berechtigte Kritik. Auf den ersten zwölf Plätzen bildete sich weder die
Fläche Hessens ab das war doch sehr frankfurtlastig noch waren die personellen
Vorschläge im Einzelnen nachvollziehbar; einige Plätze waren schlicht mit einem "N.N."
besetzt. Hinzu kam, dass zeitgleich mit der Veröffentlichung der Vorschlagsliste in der Partei die
Medien informiert wurden und bereits Interviews als "designierte Spitzenkandidaten" gegeben
wurden.
Das alles nährte den Eindruck, dass
die Liste schon klare Sache sei; die Basis sollte dem allem nur noch, wenn gleich murrend, zustimmen. Das
ließ sich die Vertreterversammlung aber nicht bieten. Das Vertrauen in den Landesvorstand war
angeschlagen. Es formierte sich in den Kreisverbänden eine Gegenbewegung, die einen
Alternativvorschlag entwickelte.
Was ich hier beschreibe, ist aber nur die
Oberfläche des Konflikts, wie er sich gezeigt hat also die "Stimmungslage" vor und
während der Vertreterversammlung. Subkutan wirkte jedoch bereits etwas, was der Landesvorstand
offensichtlich falsch einschätzte: es war und ist der wirklich tief in der Mitgliedschaft verankerte
Gedanke, endlich in einer Partei vereinigt zu sein. Das ganze Proporzdenken in "Quellparteien"
interessierte mit dem Zusammengehen als "neue Linke", bis auf wenige, kaum noch
jemanden. In der sog. "Alternativliste" hat niemand nach ehemaliger
Organisationszugehörigkeit gefragt. Das war auch für mich das Motiv, mich als Kandidat zur
Verfügung zu stellen. Zunächst ja mit Erfolg, wie man weiß.
Was war das für eine Koalition, die
dich anstelle von Dieter Hooge gewählt hat? Woraus setzt sie sich zusammen?
Es gab und gibt keine
"Koalition." Wir, die wir in dieser Frage zusammenfanden, sind keine Organisation in der
Organisation. Wir sind ganz normale Menschen und Linksparteimitglieder aus Hessen, die sich in ihrer Kritik
erst einmal kennenlernten.
Die große Unterstützung für
meine Kandidatur erklärt sich zum Teil daraus, dass es vor dem Parteitag mehrfach Spekulationen
dahingehend gab, wie wir mit der SPD zusammen arbeiten können, wenn wir mal im Landtag sind. Da habe
ich dazwischen gefunkt. In meiner Kandidatenvorstellung habe ich sinngemäß formuliert: "Nach
Lage der Dinge können wir in den Landtag einziehen. Wenn die SPD von uns was will, ist sie in einer
Bringschuld. Will sie nichts von uns, sind wir in der Rolle der Oppositionspartei. Dann nehmen wir diese
an, klipp und klar."
Es haben aber vermutlich auch Delegierte
für mich gestimmt, weil ich zu meiner Vergangenheit als DKP-Mitglied gestanden habe; das mit meinem
"kommunistischen Selbstverständnis" kam erst danach in einem Interview.
Sofort nach deiner Wahl hat ein Trommelfeuer gegen dich eingesetzt aus Teilen der Partei wie
auch aus den Medien. Worauf führst du das zurück?
Was die Medien angeht, habe ich schlicht und ergreifend Fehler begangen. Wenn ich auf der
Vertreterversammlung z.B. formulierte: "Und wenn der Herr Koch meint, uns eine Diskussion über
den Schießbefehl aufdrängen zu müssen, dann sage ich: dann reden wir nicht nur
über vergangene Schießbefehle, sondern auch über das aktuelle Schießen, z.B. in
Afghanistan. Da verteilen unsere Soldaten ja schließlich auch nicht nur Ferrero-Küsschen und
Frankfurter Grüne Soße" so ähnlich hatte ich das formuliert , hätte
mir klar sein müssen, dass aus so etwas in der Presse ruckzuck eine politische Relativierung des
einstigen, schrecklichen Schießbefehls gestrickt werden kann. Aus der so dargestellten
"Relativierung" wurde eine "Gleichsetzung"; aus der "Gleichsetzung" wurde ein
Tag später eine "Rechtfertigung des DDR-Schießbefehls." Und wieder einen Tag
später sah ich mich als "Quasi-Mauerschützen" dargestellt.
Das gibt weder meine innere
Überzeugung wieder, noch hatte ich die geringste Möglichkeit, adäquat und differenziert
darauf zu reagieren. Aber da war es bereits zu spät. Es wollte keiner mehr zuhören. So ging es
mir auch mit dem Bekenntnis zu meinem Kommunist-Sein, oder zur Koalitionsfrage. Ich befand mich in einer
nur noch defensiven Position. Kein Mensch fragte mehr nach den aktuellen und wirklichen sozialen und
politischen Themen in Hessen, sondern nur noch nach meiner politischen Vergangenheit. Aus so einer Nummer
kommt man so gut wie nicht mehr raus. Und ich spürte die riesige innere Belastung.
Was nun die eigene Partei betrifft: Ich
habe vollkommen falsch eingeschätzt, welche Auswirkungen die veröffentlichte Meinung auf einige
Genossen in der Partei ausübt. Ich war völlig von den Socken, dass mir aus den eigenen Reihen
"neostalinistisches Altkadergeschwätz" vorgehalten wurde. Das ist Kochsche
Terminologie! Offensichtlich muss die Grunderkenntnis Thomas Manns, dass der "Antikommunismus die
Grundtorheit des Jahrhunderts" sei, noch besser in das Fühlen und Denken der Mitgliedschaft
transportiert werden. Ich persönlich habe daraus den Schluss gezogen, mit den Odenwälder Genossen
bei "Äppelwoi und Handkäs" in der Eselsmühle in Fürth, bei meinem Schulfreund
Hajo, ein offenes Wort miteinander zu reden. So wie ich die Odenwälder Genossen kenne, werden wir uns
versöhnen. Wir haben uns verabredet.
Würdest du sagen, dass dir bei deiner
Vorstellung Fehler unterlaufen sind? Oder wie erklärst du dir, dass eine überzeugende Mehrheit
auf einmal kippt?
Bei meiner Vorstellung habe ich wenige
Fehler gemacht. Und eine Mehrheit ist auch nicht gekippt. Im Gegenteil: die mehrheitliche Zustimmung sehe
ich eher ausgebaut. Aber: Das ist politisch und qualitativ zu wenig, wenn du nicht möglichst alle
hinter dir hast, noch besser: vor dir und wenn die Minderheit sich mit der Abstimmungsniederlage
nicht zufrieden geben kann. An meinem Festhalten an der sog. "Spitzenkandidatur" hätte sich
die hessische Linke gelähmt und zerrieben. Das wollte ich auf gar keinen Fall. Es war also nicht nur
eine urpersönliche Entscheidung, sondern auch eine politische.
Von Lafontaine und Bartsch war nach deinem Rücktritt zu hören, das sei ganz allein deine
Entscheidung gewesen, sie hätten damit nichts zu tun. Aber du wurdest nach Berlin zitiert und es
entstand der Eindruck, daraufhin hättest du deine Meinung geändert.
Der Eindruck ist vollkommen falsch. Ich bin nicht "zitiert" worden, sondern zum Sommerfest
der Bundestagsfraktion eingeladen gewesen. Die Gespräche in Berlin waren wohltuend sachlich und
unaufgeregt. Ohne Druck, ohne Drohung, ohne Aufforderung in eine bestimmte Richtung. Diese Gespräche
hoben sich von den hessischen Aufgeregtheiten positiv ab. Alle, ausnahmslos alle Gesprächspartner in
Berlin sicherten mir "rückhaltslose Unterstützung im Wahlkampf" zu.
Ich bin trotzdem nach diesen
Gesprächen mit mir ins Gericht gegangen: "Stehst du das alles durch? Welche Sauereien werden dir
vielleicht noch angedichtet? Können wir noch einen themenzentrierten Wahlkampf führen?"
Einen Druck spürte ich bestenfalls von innen, aber nicht von "oben" oder von
"außen".
Insofern haben mir die Gespräche mit
Lafontaine und Gysi und den anderen bei meiner persönlichen Entscheidung geholfen. Aber auf keinen
Fall wurde mir diese Entscheidung nahe gelegt. Diese autoritätsgläubige Vorstellung ist
vielleicht was für Spekulanten, aber nicht für aktionswillige Wahlkämpfer. Und auf die kommt
es an!
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