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"Der Zeitpunkt für eine grundlegende Kurskorrektur in der Energie-
und Verkehrspolitik ist aus zwei Gründen sehr günstig", lautet die Kernaussage von Wolfgang
Pomrehns Werk. Erstens zeichne sich langsam ganz real ab, was wir schon lange wissen: dass Rohstoffe und
Energieträger endlich sind. Deutsche Energieexperten schätzen, dass die weltweite
Kohleförderung im Jahr 2025 ihren Höhepunkt erreicht. Zweitens aber kommen "in vielen
Industriestaaten die alten Kraftwerke in die Jahre" und müssen ersetzt werden: "Entweder
durch neue Kraftwerke oder durch erneuerbare Energieträger. Investitionen in Höhe vieler
Milliarden Euro stehen an, und nicht nur Deutschland ist mit einer Richtungsentscheidung für die
nächsten Jahrzehnte konfrontiert."
Die Regierung Merkel schmückt sich mit
dem Titel "Vorreiterin in Sachen Klimaschutz". Präsident Bush will sie auf dem G8-Gipfel in
Heiligendamm zur Überzeugung gebracht haben, dass die Industriestaaten etwas gegen den Klimawandel tun
müssen. Hier werden "viele Nebelkerzen" geworfen: Pomrehn pflückt sie geduldig und mit
viel Sachverstand eine nach der anderen auseinander. Übrig bleibt am Schluss eine "Neuauflage
Kohlscher Ankündigungspolitik".
Tatsächlich vorangetrieben wird vor
allem der Bau von Kohlekraftwerken, nach Zählung des BUND sind 26 in Planung, mit einer Gesamtleistung
von 26000 MW. Darunter sind auch mehrere Braunkohlekraftwerke, die die Umwelt am stärksten belasten,
selbst wenn sie nach neuestem technischen Stand gebaut werden.
Die Stromerzeugung ist in Deutschland heute
für 36% der CO2-Emissionen verantwortlich. Heute schon leicht mögliche, umweltschonende und
zugleich preisgünstige Alternativen wie kleinere Gaskraftwerke, am besten mit Kraft-Wärme-
Kopplung zur Nutzung der Abwärme, werden nicht in Betracht gezogen. Technische Verfahren, die einige
Energiekonzerne anbieten, wie die sog. "saubere Kohle" wo die CO2-Abgase eingefangen und
unterirdisch gelagert werden sind frühestens 2020 serienreif und gelten wegen der Unsicherheit
der Lagerung bestenfalls als Übergangstechnologie.
Zwei Tonnen CO2 pro Jahr kann jeder
Erdenbürger umweltverträglich pro Jahr emittieren, wenn es auf der Welt gerecht zugehen und jeder
Mensch das gleiche Rechte auf Verschmutzung haben soll, schreibt Pomrehn. Derzeit emittieren wir in
Deutschland pro Jahr 12 Tonnen. Er schreibt aber auch gegen den Fatalismus an, es sei schon alles verloren.
Seine Richtschnur ist eine Modellrechnung von Klimatologen der Nasa danach haben wir 3035
Jahre Zeit, um die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen.
Hier und jetzt machbare Alternative sieht
er in Fülle, das Problem ist nicht technisch, sondern politisch: Man muss sich mit den großen
Konzernen der Öl-, Energie-, und Autoindustrie anlegen. Dafür ist Frau Merkel aber nicht die
Richtige. Dass auch sie eine Freundin der Bosse ist, hat sie zuletzt auf der IAA noch einmal unterstrichen.
Ihr Einsatz für die deutsche Autoindustrie ist beispielhaft: Sie hat nicht nur dafür gesorgt,
dass die EU Anfang dieses Jahres die Höchstgrenzen für den CO2-Ausstoß für Neuwagen
nach oben korrigierte (auf 130 g CO2/km), sie hat auch zugesagt, diese Vorgabe bei der Umsetzung in
nationales Recht als Mittelwert für alle Modelle, nicht als bindenden Wert für jedes neue
Automobil zu interpretieren. Die Privatisierung der Bahn geht in dieselbe Richtung.
Und wo man den Konzernchef von Vattenfall,
Lars-Göran Joseffson, zum Umweltberater hat, ist der beste Beitrag zum Klimaschutz der Ausstieg aus
dem Ausstieg aus der Atomenergie das ist Angela Merkels tiefste Überzeugung, schon seit ihren
Zeiten als Umweltministerin Kohls und den jüngsten Störunfällen in deutschen AKWs zum Trotz.
Pomrehn diskutiert die derzeitige
Energiepolitik der Bundesregierung im Detail und kenntnisreich in jeder Beziehung: naturwissenschaftlich,
ökonomisch wie politisch. Sein bisheriger Werdegang als studierter Meteorologe und Geophysiker,
geschulter Marxist, erfahrener Journalist und Chinakenner verleihen ihm eine große Sicherheit in den
verschiedenen Facetten der Materie, sodass die komplizierten Zusammenhänge für ein großes
Publikum nachvollziehbar werden. Herausgekommen ist ein Buch, das Umweltaktivisten gut und gerne als
Handbuch einsetzen können mit neuestem Zahlenmaterial wird der letzte Stand der Technik
dargelegt und die als umweltfreundlich gepriesenen Alternativen, wie etwa Agrosprit, diskutiert auch
in ihren internationalen Konsequenzen.
Das einzige Manko: der zweite Band fehlt.
Der zweite Band müsste die technisch machbaren Alternativen präsentieren, ein Szenario
entwickeln, wie man die Vorgabe von 2 Tonnen CO2 pro Jahr auch in Industriestaaten erreichen kann, und Wege
aufzeigen, wie man den großen Konzernen das Handwerk legen kann. Das kann ja noch werden.
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