SoZ - Sozialistische Zeitung |
In Österreich wird gekämpft während in Deutschland die
Einkommenseinbußen der Rentnerinnen und Rentner immer weiter anwachsen.
Man stelle sich es gäbe in Deutschland
etwa 5500000 organisierte Rentnerinnen und Rentner von denen bei einer Unterschriftenaktion 3200000 per
Unterschriftenaktion eine Rentenerhöhung von mindestens 2,1% fordern würden. Das wäre
soziale Science Fiction und unerfüllbarer Traum all jener die für gesellschaftliche
Veränderung kämpfen.
In Österreich (etwa 8,3 Millionen
Einwohner) organisieren die zwei großen Parteien SPÖ und ÖVP insgesamt im SPÖ nahen
Pensionistenverband 385000 Mitglieder, während beim konservativen Seniorenbund der der ÖVO nahe
steht mehr als 300000 Seniorinnen und Senioren organisiert sind. Dazu gibt es noch den Seniorenrat. Er ist
die gesetzliche Interessenvertretung der Pensionisten in Österreich, überparteilich und
Dachverband aller Seniorenorganisationen.
Im Kampf für die Sicherung eines
lebenswerten Lebens im Alter haben die beiden Vorsitzenden Karl Blecha vom Pensionistenverband und Andreas
Kohl vom Seniorenverband ein gemeinsames Ziel. Es muss entgegen des Angebots der Regierung eine
Rentenerhöhung geben die nicht bei 1,7% liegt. Die Seniorenvertreter verlangen gemeinsam trotz
völlig unterschiedlicher politischer Standorte bis zu 3,3% plus für die alten Menschen in
Österreich. Beide Spitzenfunktionäre erwarten mehr als eine halbe Million fordernde
Protestunterschriften der Mitgliedschaft für eine der Entwicklung der Wirtschaft angepasste
Erhöhung der Altersbezüge.
Was in Deutschland ein Traum ist ist in
Österreich politische Wirklichkeit. Die alten Menschen sind politisch organisiert und verfügen
über schlagkräftige Interessenvertretungen. Die Pensionistenverbände der beiden großen
Parteien haben die Möglichkeit politischen Druck auszuüben. Der SPÖ-Pensionistenverband
verfügt über mehr als 20000 ehrenamtliche Funktionäre, die sich persönlich um die
Renterinnen und Rentner kümmern. Dabei gibt es Tierbetreuung, Klubs für Gleichgesinnte, Kultur
für alte Menschen und sogar Partnervermittlung.
Wer es sich in Österreich mit den
Pensionistinnen und Pensionisten verscherzt, der hat bei Wahlen kaum Chance. Dass Gusenbauer Bundeskanzler
wurde und die letzte Nationalratswahl gewann, hat der den Seniorinnen und Senioren der SPÖ zu
verdanken. Das die beiden Vorsitzenden Blecha und Khol in früheren Jahren in der Politik wichtige
Funktionen bekleideten hilft auch der Durchschlagkraft bei Forderungen und deren Durchsetzung. Die
Krankenkassenbeiträge, die alte Menschen in Österreich bezahlen müssen, liegen derzeit noch
immer unter 4%.
Karl Blecha hat ein halbes Jahrhundert
Politik hinter sich als SPÖ-Zentralsekretär, Abgeordneter und Innenminister. Andreas Khol
saß 23 Jahre für die ÖVP im Nationalrat, davon 4 Jahre als Erster Präsident.
Die Mobilisierungsstärke der alten
Menschen ist für den Chef der Sozialistischen Jugend ein Problem. Er sei "neidig"
darüber und die Spitzenfunktionärin der Jungen ÖVP meint: "Senioren haben mehr Zeit
sich zu engagieren. Die Jungen stehen mitten im Job oder in der Familiengründung."
"Beinharte Klientelpolitik ohne Rücksicht auf die Jugend" wirft sie jenen vor, die nach 1945
jene Scheiße beiseite räumen mussten, die Eltern und Großeltern nach zwei Weltkriegen und
Faschismus zu verantworten hatten.
Seniorenbundvorsitzender Andreas Khol
bewertet das als "törichte Bemerkungen" und bemüht Goethe: "Schnell ist die Jugend
mit dem Wort. Da sind wir nicht nachtragend."
Während sich in Österreich
"Altenwiderstand" entwickelt, geht in Deutschland der ungebremste Umbau des Staates weiter. Die
Verelendung der Rentner, der Abbau der Bürgerrechte, Vorratsdatenspeicherung. Alles um endlich mit der
Diktatur des Kapitals einen neuen Staat entstehen zu lassen, der nicht mehr den Interessen seiner Bewohner
dient, sondern nur dem Gott der Profitmaximierung.
Die "Opferrolle" der Rentner, der
Jugend und der abhängig Beschäftigten muss ein Ende haben und dazu scheint es nötig zu sein,
sich anders als bisher zur Wehr zu setzen.
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