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Ein gewöhnlicher Raubüberfall in Köln-Kalk setzt rassistische
Reflexe und Gegenreaktionen in Gang. Initiativen, die auf deutsch-ausländische Zusammenarbeit setzen,
halten dagegen.
Am 18.Januar, spät am Freitagabend,
wurde der 17-jährige Salih im Zentrum des rechtsrheinischen Kölner Stadtteils Kalk von einem 20-
jährigen deutschen Jugendlichen erstochen. Schon am nächsten Morgen war im Boulevardblatt Express
zu lesen: "Nach Entscheidung der Staatsanwaltschaft Köln hat der 20-Jährige in Notwehr
gehandelt." Freunde und Mitschüler des marokkanischstämmigen Getöteten, insgesamt
mehrere hundert Jugendliche, haben daraufhin eine Mahnwache durchgeführt und über eine Woche
lange auf der Straße protestiert. Sie wollten "Wahrheit und Gerechtigkeit".
Die Jugendlichen kritisierten die schnelle
Entlastung des Täters durch Staatsanwaltschaft und Medien und fragten: "Was wäre gewesen,
wenn ein Ausländer einen Deutschen erstochen hätte?" Sie prangerten den Rassismus an, den
sie im Alltag und von der Politik erfahren. In die Trauer mischte sich auch der Zweifel, ob Salih
vielleicht doch an einem Raubüberfall beteiligt gewesen sei ("Wir kennen den; der tut so etwas
nicht"). Viele Jugendliche brachten immer wieder ihre religiösen Überzeugungen mit Gebeten
und "Allahu akbar"-Rufen zum Ausdruck. Menschen aus der Kölner Linken haben die Jugendlichen
vor Ort unterstützt, am 29.Januar gab es im Kölner Rat auf Antrag der Linksfraktion eine Aktuelle
Stunde (siehe nachstehend die Rede von Claus Ludwig).
Nach bisherigem Stand der Ermittlungen
handelte es sich um Notwehr nach einem versuchten Raubüberfall; die Ermittlungen sind nicht
abgeschlossen. Nach zehn Tagen beendeten die Jugendlichen die Proteste mit einer Abschlusskundgebung, auf
der ein Redner sinngemäß sagte: "Wir haben mit unseren friedlichen Protesten gezeigt, dass
wir nicht asozial und gewalttätig sind." Die Jugendlichen bedankten sich höflich bei der
Polizei für den Schutz der Veranstaltungen. Danach gab es ein kurzes Gebet und ein stilles Gedenken
für Salih, zu dem ausdrücklich auch die anwesenden Menschen eingeladen wurden, die nicht Muslime
sind. Die Mahnwache wurde kurz nach dem Ende der Proteste am 1.Februar von der Familie beendet.
Am gleichen Abend versammelten sich etwa 80
Jugendliche zu einem ersten Treffen im Naturfreundehaus. Die Lage im Bezirk ist nach wie vor angespannt,
die Trennung zwischen Deutschen und Ausländern hat sich durch die Ereignisse vertieft. Es gab jedoch
am Rande der Proteste auch einige Solidarisierungen von Deutschen mit den Jugendlichen und viele
Diskussionen und Kontakte.
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