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Die Aktionen der Globalisierungskritiker fordern die Herrschenden nicht mehr
heraus. Am 26.Januar gab es eine Demonstration in ungewohnter Höhe. Im Wintersportort Davos in den
Graubündner Alpen hatten die Schweizer Grünen eine Demonstration gegen das Weltwirtschaftsforum
(WEF) angemeldet. Das zuständige Landratsamt gab in einer Pressemitteilung bekannt, die Route
dürfe lediglich in 150 Meter Sichtweite an den Gebäuden vorbeiführen, in denen das WEF
tagte. Die Auflagen wurden von den Grünen scharf kritisiert.
"Wir werden den Verdacht nicht los,
dass wir den Behörden als Feigenblatt dienen, damit sie erklären können, es gebe die
Möglichkeit, in Davos zu demonstrieren. Wir können uns ebenfalls des Eindrucks nicht erwehren,
dass wir letztendlich zur Rechtfertigung des enormen Sicherheitsaufwands und Polizeiaufgebots herhalten
müssen, obwohl wir explizit zur friedfertigen Kundgebung aufrufen”, hieß es in der
Pressemitteilung. In dieser Frage waren sich die Grünen auch mit dem radikaleren Teil der WEF-Kritiker
einig.
Die wollten am 19.Januar im Vorfeld des WEF
in Bern ihren Protest artikulieren. Doch wenige Tage vorher widerriefen die Berner Behörden die
Genehmigung der Demonstration mit der Begründung, dass überregional mobilisiert werde und eine
Beteiligung gewaltbereiter Kräfte nicht ausgeschlossen werden könne. Vor Ort ging die Gewalt aber
nach Berichten von Augenzeugen von der Staatsmacht aus.
Jeder Versuch, einen Demonstrationszug zu
formieren, wurde unterbunden. Mehr als 200 Personen wurden festgenommen, darunter der Sprecher des
Demobündnisses Giovanni Schumacher und ein Journalist der linksliberalen Wochenzeitung WOZ.
Schon im letzten Jahr wurde deutlich, dass
die WEF-GegnerInnen in der Defensive sind. „Liegt die Schweizer
Antiglobalisierungsbewegung im Sterben?”, fragte eine Korrespondentin der WOZ im Februar
2007. Die Gründe für den Rückgang sind vielfältig. So zitierte die Schweizer
Depeschenagentur den langjährigen Berner Anti-WEF-Aktivisten David Böhner mit dem Satz:
„Wenn man nichts Neues zu sagen hat, wird es schwierig."
Florence Proton von Attac-Schweiz sieht in
der staatlichen Repression einen Grund für die Schwäche der Bewegung. Die hat sich nicht erst am
19.Januar in Bern gezeigt, als die Polizei mit großer Brutalität gegen die nicht genehmigte
Demonstration vorging.
Seit die Proteste gegen das WEF zunehmen,
werden die Kritiker mit massiven Polizeieinsätzen, Massenfestnahmen und langjährigen Verfahren
konfrontiert. Höhepunkt war im Jahr 2004 der Kessel von Landquart, wo am 22.Januar auf halber Strecke
nach Davos Tausende Gipfelkritiker sechs Stunden lang in eisiger Kälte festgehalten und mit
Tränengas und Wasserwerfern beschossen wurden.
Danach setzten die Globalisierungskritiker
auf Proteste in den Städten, die aber immer häufiger eingeschränkt werden. Einige NGOs haben
sich parallel dazu auf das Kooperationsangebot des WEF eingelassen und sich auf die Suche nach dem sozialen
Kapitalisten begeben. So verleiht die NGO Public Eye Auszeichnungen an Konzerne für schlechtes oder
vorbildliches Verhalten.
"Besonders herausgefordert fühlt
sich das WEF in diesem Jahr nicht”, resümiert Rainer Falk vom Entwicklungsdienst Weltwirtschaft
und Entwicklung. Die Protestflaute in Davos kann allerdings nicht ohne die allgemeine Krise der
globalisierungskritischen Bewegung weltweit diskutiert werden. Selbst einige Highlights wie Heiligendamm
können nicht verdecken, dass sich der vielzitierte Geist von Seattle, der die Bewegung antrieb,
verflüchtigt hat. Eine internationale Strategiedebatte wäre notwendig.
Erste Bausteine dazu liefert ein Interview,
das der Chefredakteur von Le Monde Diplomatique und Protagonist der globalisierungskritischen Bewegung,
Ignacio Ramonet, der Wochenzeitung Freitag gab. Dort erklärt er: „Leider sind die
internationalen sozialen Bewegungen derzeit unfähig, eine Form der Vernetzung zu finden, die sie
einheitlicher handeln lässt. Man ist nicht bereit, sich Ziele zu setzen, die in die gleiche Richtung
gehen.” Hier liegen Ursachen für die Flaute der WEF-Gegner.
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