SoZ - Sozialistische Zeitung |
Auf ihrem Kongress Ende Januar hat die Ligue Communiste Révolutionnaire
(LCR, französische Sektion der IV.Internationale) mit großer Mehrheit beschlossen, den Aufbau
einer breiten antikapitalistischen Partei in Angriff zu nehmen. Sollte dies gelingen, würde dies die
Auflösung der LCR als eigenständige Organisation bedeuten und weit über Frankreich hinaus
Wellen schlagen. Wir dokumentieren den Aufruf „Für eine neue antikapitalistische Partei”,
für den 81% der 313 Delegierten stimmten.
Am 6.Mai 2007 wurde durch das Scheitern der
Regierungslinken das Feld der reaktionärsten Rechten überlassen, die von Sarkozy, dem Freund der
Unternehmer und der Milliardäre, verkörpert wird. Der soziale Krieg, den sie führen, besteht
in alltäglicher Gewalt und Repression. Er ist Bestandteil der kapitalistischen Globalisierung, die
Arbeiterinnen und Arbeiter auf der ganzen Welt gegeneinander ausspielt, um sie besser auszubeuten. Die
wahnsinnige Jagd der Herren der Welt nach dem Profit plündert und zerstört den Planeten und
bedroht dadurch unser Überleben. Dieses System produziert regelmäßig Krisen, und es ist
stets die Masse der Bevölkerung, die die Rechnung bezahlt. Zu den sozialen und ökologischen
Kriegen kommen die imperialistischen Kriege noch hinzu.
Die Politik der Regierungslinken ist
ohnmächtig, weil sie die Logik des Profits, der Konkurrenz und den Abbau des öffentlichen
Dienstes akzeptiert. Bei seiner radikalen Offensive gegen die Mehrheit der Bevölkerung stützt
sich Sarkozy auf den politischen Apparat, die Unternehmer und [den Unternehmerverband] Medef. Auf was
stützen wir uns, um die Bedürfnisse der Bevölkerung angemessen politisch zum Ausdruck zu
bringen? Welches Instrument haben wir, um die gesellschaftliche Mobilisierung zu erreichen, die in der Lage
wäre, eine andere Verteilung des Reichtums durchzusetzen?
Wir müssen dringend die Initiative
ergreifen. In den letzten Jahren haben wir Unzufriedenheit, Revolte, einen neuen Willen, Widerstand zu
leisten, erlebt. Die Hoffnung kommt durch die großen Mobilisierungen, die Kämpfe der
Lohnabhängigen, der Schülerinnen und Schüler, der Wohnviertel, der Menschen ohne Papiere,
ohne Arbeit, ohne Obdach... Aber diese bleiben zu oft unfruchtbar, weil eine Gewerkschaftspolitik, die sich
als Co-Management versteht, den Vorrang hat vor einer klassenkämpferischen und auf soziale
Veränderung gerichteten Politik.
Es mangelt schmerzlich an einem Werkzeug,
das hilft, die Kämpfe zu einer gemeinsamen Bewegung zusammenzuführen, die die Mächtigen zum
Rückzug zwingt und das Kräfteverhältnis umkehrt. Die Hoffnung braucht auch die
Vorstellungskraft, dass eine andere Welt möglich ist. Wir sind viele, die ein solches Werkzeug wollen:
eine Partei, die für die Kämpfe von heute nützlich ist; eine Partei, die den radikalen,
revolutionären Wandel der Gesellschaft vorbereitet, d.i. das Ende des Kapitalismus, des
Privateigentums an den großen Produktionsmitteln, der Plünderung des Planeten und der
Zerstörung der Natur.
Wir wollen eine Gesellschaft, die
fähig ist, die sozialen Bedürfnisse zu befriedigen, frei von allen Formen der Ausbeutung und
Unterdrückung von Klasse, Geschlecht, Alter, Herkunft. Eine Gesellschaft, in der die Demokratie nicht
beim Wahlrecht aufhört und die allen Teilhabe ermöglicht.
Der Kongress der LCR wendet sich an alle,
die sich als Individuen, aktive Gruppen, politische Strömungen in einem organisierten,
aktiven, landesweiten und demokratischen politischen Rahmen zusammenschließen wollen, in einer Partei,
die internationale Verbindungen mit Kräften knüpft, die auch eine solche Perspektive vertreten.
Wir wenden uns an die Frauen und
Männer jeden Ursprungs, ob mit oder ohne Papiere, die der Meinung sind, dass ihr Leben mehr wert ist
als der Profit; an die Jugend, die „Widerstand!” ruft gegen die Verunsicherung ihrer Existenz;
an die Aktiven in Initiativen und Gewerkschaften, die sich tagtäglich in ihren Wohnvierteln und
Betrieben zur Wehr setzen; an die sozialistischen, antiliberalen, kommunistischen, grünen Aktivisten,
die keine falschen Kompromisse, ideologischen Kniefälle und Halbheiten akzeptieren; an die
antikapitalistischen, revolutionären Aktivisten, an alle landesweiten und lokalen politischen
Strömungen, die meinen, dass es an der Zeit ist, sich jenseits der alten Spaltungen zusammenzutun; und
all jene, die bislang keine Partei gefunden haben, die ihnen so gut gefällt, dass sie sich engagieren.
Geben wir uns eine Partei, die sich den
Erfahrungen der Kämpfe von gestern und heute stellt der antirassistischen, feministischen,
ökologischen, internationalistischen, Antiglobalisierungs- und Arbeiterbewegung. Eine Partei, die
gegen die Ausbeutung, gegen jede Unterdrückung und Diskriminierung und für menschliche,
individuelle und kollektive, Emanzipation kämpft. Bauen wir eine internationalistische Partei auf, die
Nein sagt zur Ausplünderung der Länder des Südens und zur Kriegslogik Frankreichs, der
Europäischen Union und der USA. Eine unabhängige Partei, die sich, anders als vor allem die
Sozialistische Partei, weigert, dieses System mitzuverwalten. Eine Partei, die mit dem Kapitalismus und den
Institutionen der herrschenden Klasse bricht. Eine demokratische Partei, deren Projekt der Bevölkerung
erlaubt, ihren Kampf selbst in die Hand zu nehmen, damit sie morgen in der Lage ist, den Gang der
Gesellschaft und der Wirtschaft zu bestimmen. Geben wir uns eine Partei, die den Sozialismus des
21.Jahrhunderts erfindet.
Mit diesem Aufruf wollen wir ohne zu
zögern einen konstituierenden Prozess einleiten, der in die Gründung einer neuen
antikapitalistischen Partei münden soll.
In den Betrieben, am Arbeits- und
Studienplatz, in den Wohnvierteln, auf allen lokalen, regionalen, nationalen Ebenen ist jetzt die Stunde,
sich gemeinsam in Initiativkomitees zu organisieren, um dieses kollektive Werkzeug aufzubauen. Diese
Komitees müssen sich auf allen Ebenen zusammenschließen, in der Gemeinde, dem Département,
nach Wirtschaftszweigen und landesweit. Zu ihren Aufgaben gehören politische Aktivitäten und
Interventionen wie auch Diskussionen und Initiativen, die eine reale kollektive Dynamik schaffen sollen.
Ausgehend von ersten Erfahrungen werden
lokale Foren und landesweite Versammlungen eine demokratische Funktionsweise ausarbeiten, die die Vielfalt
der Meinungen und Sichtweisen respektiert, um Vorbereitungen für den Gründungskongress der neuen
Partei einzuleiten.
Diese Partei wird allen gehören, die
sich in ihr engagieren. Das sind jetzt jene, die „Partei ergreifen” wollen, um gemeinsam zu
entscheiden und aufzubauen!
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