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Der 26.Januar, der weltweite Aktionstag des
Weltsozialforums, erlebte einen Höhepunkt im Gazastreifen. Dort hielten mehrere
hundert Palästinenser und Israelis auf beiden Seiten der Grenze eine gemeinsame
Kundgebung gegen die Blockade ab.
Der zivile
Bevölkerung Gazas wird mehr und mehr zermürbt durch die jahrelange Blockade
und Sanktionen von Seiten Israels. Die Blockade der rund 1,5 Millionen
Palästinenser, die in diesem überfüllten Küstenstreifen leben,
begann bereits 1991 und wurde auch nach dem Rückzug der israelischen Soldaten und
Siedler im Jahr 2005 aufrechterhalten.
Mit der Wahl von Hamas
im Januar 2006 hat sich die Lage verschärft. Vor einigen Wochen gab es eine
Katastrophe, als Israel den Gazastreifen vollkommen abriegelte und sogar die Einfuhr
von UN-Lieferungen von Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff untersagte. Grund
für diese drakonische Blockade waren die anhaltenden Bombardierungen der
grenznahen israelischen Stadt Sderot durch hausgemachte Qassam-Raketen junger
Palästinenser.
Wir vom Netzwerk
Independent Jewish Voices verurteilen palästinensische Angriffe auf israelische
Zivilisten sie sind nutzlos und widersprechen internationaler Rechtssprechung.
Wir verurteilen jedoch auch die unverhältnismäßige Attacke Israels
gegen Zivilisten im Gazastreifen.
Abgesehen davon, dass
sie gegen die Genfer Konvention verstößt, blieb sie gegen weitere
Raketenangriffe vollkommen wirkungslos, und auch der gewünschte Effekt, den
Unwillen der Bevölkerung nicht gegen Israel, sondern gegen Hamas zu richten,
blieb aus.
Die Situation im
Gazastreifen eskaliert, weil Israel, unterstützt von Boykottaktionen in den USA
und Europa, sich weigert, Gespräche mit den gewählten Vertretern des
Gazastreifens zu führen, und somit auch Angebote der Hamas, die Raketenangriffe
auf Israel zu beenden, missachtet. Stattdessen werden Hamas-Vertreter gekidnappt und
gefangengenommen.
Experten des Nahen
Ostens, die die strategische Blindheit der israelischen Haltung kommentierten, halten
die Zunahme militanterer Hamas-Gruppen im Gazastreifen für ein Ergebnis von
Israels vorangegangener Kompromisslosigkeit gegenüber der Fatah, als diese noch
die palästinensischen Territorien regierte.
Weil die Welt sich weigert anzuerkennen, dass der Bevölkerung im Gazastreifen
die grundlegendsten Menschenrechte verweigert werden und dieser nun der Zusammenbruch
der Infrastruktur droht, war eine Eskalation unvermeidlich.
Über Nacht
zerstörten militante Vertreter der Hamas Teile der von den Israelis errichteten
Betonwände entlang der Grenze zu Ägypten. Hunderttausende von Menschen
entflohen der jahrelangen Blockade im Gazastreifen und kehrten mit Nahrung,
Treibstoff, Medikamenten zurück: „Es war wie in einem Traum”,
erzählte ein junger Mann gegenüber einem US-amerikanischen Reporter,
„plötzlich konnten wir wieder reisen” Plötzlich strömten
wieder Waren in den Gazastreifen, die Bevölkerung war begeistert.
Dennoch bleiben die
Folgen der Blockade. Die Infrastruktur muss erst wiederhergestellt werden, und die
schwächsten Bewohner fallen immer noch dem Mangel an Medikamenten und
medizinischer Ausrüstung zum Opfer. Ebenso schlimm wirkt sich das Reiseverbot
aus, das Israel verhängt hat.
Wenige Wochen davor hatte es einen eher symbolischen Versuch gegeben, die Blockade
zu beenden. Im Gegensatz zum Durchbruch der Mauer an der Grenze zu Ägypten
schaffte er es nicht in die Schlagzeilen. Der Versuch bestand in einem Zusammentreffen
von Israelis und Palästinensern am Grenzübergang Erez am 26.Januar 2008.
Monatelang hatten
jüdische und arabische Israelis in der Israeli Coalition Against the Siege
gemeinsam mit palästinensischen Partnern vom Gazastreifen diesen Aktionstag
vorbereitet. Israelische Konvois brachten fünf Tonnen Nahrung, medizinische
Ausrüstung und die ersehnten Wasserfilter. Die Botschaft dieser Israelis war
klar: „Wir werden an diesem Verbrechen nicht teilhaben. Wir schämen uns
für diese Belagerung”, sagte Uri Avnery, mit seinen 85 Jahren Leiter einer
der bekanntesten radikalen israelischen Friedensgruppen, Gush Shalom. Er sprach zu
rund 2000 Israelis, Mitglieder von 26 verschiedenen Menschenrechts- und
Friedensgruppen, die allesamt per Auto und Bus nach Erez gekommen waren. Auch die 17-
jährige Shir Shodzik aus Sderot sprach auf der Kundgebung. Sie sprach über
ihren Widerstand gegen die Blockade und über das Leiden auf beiden Seiten
ihre Tante und ihr Cousin waren durch eine Qassam-Rakete verwundet worden.
„Gewalt und Machtgebaren können diese angespannte Lage nicht
verändern”, sagte sie.
Eyad el-Sarraj, vom
Gaza Community Mental Health Programme sprach von der anderen Seite der Grenze aus
für die teilnehmenden Israelis war er unsichtbar. Er sprach in sein
Mobiltelefon, das Signal wurde auf der anderen Seite empfangen und verstärkt.
Umgeben von Hunderten von Palästinensern hieß el-Sarraj die Israelis auf der
anderen Seite der Grenze willkommen, also an den Gefängnismauern, die den
Gazastreifen umschließen. „Wir halten uns heute an den Händen, im
Streben nach Frieden, Gerechtigkeit und Sicherheit für alle Sicherheit
für Palästina, Sicherheit für Israel, Sicherheit für den
Gazastreifen und Sicherheit für Sderot.” El-Sarraj, der schon oft von der
„chronischen Vergiftung” gesprochen hat, die die hoffnungslose Frustration
in seinem Volk nährt, begrüßte die Freude, die der Massenübertritt
der Grenze in Rafah wenige Tage zuvor ausgelöst hatte, ebenso wie die
Solidarität der radikalen Israelis in Erez.
Wie stets blieb Israel
unbeweglich und verwehrte trotz anhaltenden Drucks dem Konvoi die Einfahrt in den
Gazastreifen. Für das Netzwerk IJV ist jedoch allein die Tatsache, dass Hunderte
von israelischen und palästinensischen Zivilisten weiterhin, trotz aller
Widrigkeiten, miteinander arbeiten und kommunizieren, von entscheidender Bedeutung.
Natürlich wird sich nichts Grundlegendes verändern ohne den Druck der USA
und anderer Weltmächte auf Israel, endlich die Blockade zu beenden und mit Hamas
zu verhandeln. Es gibt aus diesem Albtraum solange keinen Ausweg, bis nicht alle
Seiten miteinander verhandeln und Kompromisse finden, die die Schaffung einer geeinten
palästinensischen Regierung fördern statt sie zu unterminieren eine
Regierung, die tatsächliche Macht ausüben und über Ressourcen
verfügen kann.
Uri Avnerys Worte
bringen die unsicheren Hoffnungen und das leidenschaftliche Anliegen der Juden zum
Ausdruck, die in der Welt verstreut leben und nichts mehr erhoffen, als ein Ende der
israelischen Kolonialherrschaft über Gaza, der Westbank und Ost-Jerusalem:
„Verliert nicht den Glauben daran, dass wir uns eines Tages hier in Frieden
treffen werden, ohne Zäune, ohne Mauern, ohne Waffengewalt, wie zwei Völker,
die miteinander in Frieden und Freundschaft leben."
Das IJV Netzwerk will
dazu beitragen, die jüdischen Stimmen zu verbreiten, die diese israelische
Dissidentenhaltung stützen. Wir alle verlieren einmal die Hoffnung. Doch dann
kehrt sie wieder, und wir versuchen gemeinsam herauszufinden, was der beste
nächste Schritt ist.
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