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Der Besuch im Berliner Jüdischen Museum war unter Public-relations-Gesichtspunkten
ein kluger Schachzug. So konnte Ehud Olmert im Kreuzberger Libeskindbau vor den Bildern aus dem Konzentrationslager Bergen-
Belsen medienwirksam sein angebliches Mitgefühl für die Menschen in Sderot, Kiryat Shmona und in Jerusalem
demonstrieren, die unter den Raketenangriffen der Hamas leiden.
Kurz zuvor hatte sich Olmert jedoch noch öffentlich
seinen Gewaltfantasien gegenüber den Palästinensern im belagerten Gaza hingegeben. Bei der „gezielten
Liquidierung” führender Palästinenser müsse „methodisch und organisiert” vorgegangen
werden, erklärte er.
Ähnliches war auch von anderen Vertretern der
israelischen Regierung zu hören. Israels Innenminister Meir Shitrit forderte, ein Teil Gazas solle „von der
Landkarte getilgt” werden. Die Einwohner sollten zuvor zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert werden, und dann
„sollten wir alles in dieser Gegend zerstören” Der stellvertretende Ministerpräsident Haim Ramon
sprach sich alternativ dazu für eine vollständige Einstellung der Stromlieferungen in den Gazastreifen aus.
Dabei ist die Lage der Menschen dort bereits jetzt
„grauenvoll und elend”, wie UNO-Nothilfekoordinator John Holmes bei einem Besuch in Gaza kurz nach Olmerts
Deutschlandtrip erklärte. 80% der Bevölkerung seien auf Lebensmittelhilfe durch internationale Organisationen
angewiesen. Und nur 10% der Waren, die vor einem Jahr nach Gaza kamen, dürften heute noch eingeführt werden.
All dies war für Kanzlerin Merkel kein Anlass für
Kritik an Olmert. Stattdessen gab es nur ein paar allgemeine Phrasen über die Unterstützung des
Nahostfriedensprozesses durch Deutschland und die EU sowie Andeutungen über eine deutsche Vermittlerrolle im Konflikt
mit dem Iran. Hier taktiert die Bundesregierung mit Vorsicht, um deutsche Wirtschaftsinteressen nicht zu gefährden.
Schließlich war der Energiekonzern RWE gerade Anfang Februar einem Konsortium beigetreten, das künftig iranisches
Gas in die EU transportieren will.
Klar geworden ist nach Olmerts Deutschlandreise wieder
einmal, dass die gegenwärtige israelische Regierung niemandem etwas zu bieten hat, weder den Palästinensern noch
der eigenen Bevölkerung. Daran ändert auch die heuchlerische Funktionalisierung der Ermordeten von Bergen-Belsen
nichts. Es ist die brutale Belagerungs- und Aushungerungspolitik Israels, die die Gewalt in Gaza hervorruft.
Man muss die Hamas nicht sympathisch finden. Ihre Aktionen
gegen die israelische Zivilbevölkerung sind zu verurteilen. Trotzdem führt für Israel kein Weg daran vorbei,
sich mit Hamas-Vertretern an einen Tisch zu setzen und offen und ehrlich zu verhandeln. Dies wäre ein Ausdruck
wirklichen Mitgefühls für die Bewohner von Sderot und anderen israelischen Dörfern und Städten, die
genau wie ihre palästinensischen Nachbarn zunehmend zu Opfern einer immer unkontrollierbareren Logik der Gewalt
werden.
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