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Gotthold Ephraim Lessings Parabel von den drei Ringen, die sich letztlich
in nichts unterscheiden, hat sicher Pate gestanden, als Michael Schmidt-Salomon sich den Text für das
religionskritische Kinderbuch Wo bitte gehts zu Gott? fragte das kleine Ferkel ausdachte.
Höchste Zeit, einmal wieder die Gehalte aller drei großen monotheistischen Religionen
Judentum, Christentum und Islam danach zu hinterfragen, welches die „wahre Religion”
sei.Lessing tat das in seinem Stück Nathan der Weise, das 1783 in Berlin uraufgeführt wurde und
zu seiner Zeit Teilpublikationsverbot erhielt. Familienministerin Ursula von der Leyen wollte das Anti-
Gott-Buch Schmidt-Salomons verbieten und beantragte, es auf den Index zu setzen. Begründung: Das Buch
mache die drei Weltreligionen lächerlich und schüre Feindseligkeiten gegenüber
religiösen Gruppen, insbesondere gegen Juden.
Schmidt-Salomon lässt Schweinchen und
Igel fragen, welches der richtige Gott sei. Das Buch ist mehr als ein Kinderbuch. Auch wenn es
kindergerechte Texte und Illustrationen mit kindlichen Wesen (von Helge Nyncke) enthält, werden viele
Erwachsene Freude an der Lektüre der Abenteuer des kleinen Ferkels haben.
Worum geht es bei der Geschichte? Das
Ferkel und der kleine Igel wobei offen bleibt, wer Mädchen und wer Junge oder beides ist
führen in ihrem kleinbürgerlichen Häuschen mit Garten drumherum ein unbekümmertes
Leben. Eines Tages finden sie an ihrem Haus ein Schild: „Wer Gott nicht kennt, dem fehlt etwas”
Da sie bislang nicht wussten, dass ihnen etwas fehlt, machen sie sich auf die Suche nach Gott. Nachdem
ihnen die anderen Tiere keine Auskunft geben können, schickt man sie zu den drei großen
Häusern der Weltreligionen. Dort treffen sie zunächst einen jüdischen Rabbi, einen
christlichen Bischof und schließlich einen muslimischen Imam. Was die als Stereotype
dargestellten Kirchenvertreter erzählen, macht dem Ferkel und dem Igel Angst. Der Rabbi spricht
vom strafenden Gott und der Sintflut, der Bischof von Jesus und seinem Opfertod und der Imam von den
Höllenstrafen, die Ungläubige erwarten.
Die drei Gottesvertreter geraten über
die Frage nach der Richtigkeit ihrer Behauptungen und der adäquaten Behandlung der
„Gotteslästerer” in ein Handgemenge. Die endgültige und eindeutige Botschaft, die das
Ferkel und der Igel aus ihrem Ausflug ableiten, ist am Ende des Buches nicht: Wer Gott nicht kennt, dem
fehlt etwas! Sondern: Wer Gott nicht kennt, der braucht ihn nicht! Ihre Erlebnisse haben sie
überzeugt, „dass es den Herrn Gott überhaupt nicht gibt”
Das Buch kommt nicht auf den Index der
Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Das hat die Bonner Behörde am
6.März 2008 entschieden. Für jede andere Entscheidung fehlten überzeugende Argumente. Der
Vorwurf des Antisemitismus trifft nicht zu, weil der Rabbi nicht „besonders menschenverachtend,
grausam und mitleidslos” (wie das Bundesfamilienministerium behauptete) dargestellt ist, sondern
nicht anders als die anderen beiden Kirchenvertreter. So sah das auch der Zentralrat der Juden in
Deutschland. Die christlichen Kirchen und der Zentralrat der Muslime hingegen waren für die
Indizierung. Vertreter der katholischen Kirche hatten schon früh Strafanzeige erstattet.
Einige Pädagogen wurden nicht
müde, sich sofort hinter das Ministerium zu stellen. Allen voran Micha Brumlik,
Pädagogikprofessor aus Frankfurt, und Michael Berger, Kinderbuchexperte aus Potsdam. Sie meinten
schlicht: „Der Antrag hat eine Berechtigung” und: „Das Buch sollte nicht weiter
vertrieben werden."
Die Bundesprüfstelle allerdings mochte
solch überzeugendem Sachverstand nicht folgen. Der Vorwurf des Ministeriums, das Buch verletze
religiöse Gefühle, stellt ihrer Meinung nach keinen „Tatbestand der
Jugendgefährdung” dar. In diesem Land gilt Glaubensfreiheit, und damit auch die Freiheit, an
keinen Gott zu glauben. Wollte man „das kleine Ferkel” verbieten, so müsste man auch die
vielen Bücher verbieten, die Kinder in einem christlichen, muslimischen oder jüdischen Sinne
beeinflussen vor allem die Kinderbibeln.
Das Buch ist „für alle, die sich
nichts vormachen lassen,” als Gegengift zu religiöser Indoktrination weiter erhältlich. Es
steht in der Tradition der emanzipatorischen Religionskritik, indem es (nicht nur) Kinder dazu auffordert,
kritisch zu hinterfragen, wenn Menschen ihnen anbieten, ihre eigenen Entscheidungen an Götter
abzugeben. Ferkel und Igel lehnen solche Angebote ab und können ihre Entscheidung, keine der
Religionen zu übernehmen, begründen.
Nach Aussagen des Autors ist das Buch
bereits in etliche Sprachen übersetzt und kann Kindern verschiedener Kulturkreise (vor)gelesen werden.
Die können sich nun selbst entscheiden, an welchen Gott sie glauben bzw. nicht glauben wollen und ob
sie überhaupt einen solchen brauchen. Schließlich ist ein Drittel der deutschen Bevölkerung
bereits konfessionslos und diese Gruppe wächst. Zurecht verweisen Autor, Zeichner und Verlag in ihrer
Stellungnahme daraufhin, dass die einseitige Privilegierung religiöser Gemeinschaften von Seiten des
Staates nicht mehr lange aufrecht zu erhalten sein wird. Auch dazu kann das Buch, dem ich viele große
und kleine Leserinnen und Leser wünsche, einen Beitrag leisten.
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