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"Eine Garrotte (auch Garotte, von spanisch garrote vil =
schändlicher/niederträchtiger Stock; im Deutschen auch Halseisen, Würgeisen oder
Würgschraube genannt) ist ein Hinrichtungsinstrument, bei dem der Verurteilte an einen Holzpfahl
gefesselt wird. Die Garrotte wurde und wird aber auch als Folterinstrument verwendet.” (Aus:
Wikipedia. Die freie Enzyklopädie. http://de.wikipedia.org/ wiki/Garotte.) Mit diesem Folterinstrument
wurde am 2.März 1974 Salvador Puig Antich in Barcelona hingerichtet. Er war der letzte, der auf diese
Art in Spanien zu Tode gebracht wurde.
In dem Film Salvador wird Puig Antich als
ein lebenslustiger junger Mann dargestellt, der gerne feiert und Musik hört. Aber das ist nicht alles.
Er engagiert sich in der Gruppe MIL (Movimiento Ibérico de Liberación), die sich dem Kampf gegen
die Franco-Diktatur verschrieben hatte. Die MIL wird oft als anarchistische Gruppe beschrieben. Theoretisch
hing sie aber wohl eher einer linksradikalen Interpretation des Marxismus an, die dem italienischen
Operaismus nicht unähnlich war. Den Film interessieren solche Feinheiten nicht. Er stellt die MIL als
eine Gruppe fröhlicher Anarchisten dar, die Banken überfallen, um das Geld den gegen Franco
kämpfenden Arbeitern zu geben. Dabei haben sie auch noch viel Spaß und wirken recht unbeschwert.
Am Anfang des Films kann man kaum glauben, dass der gesamte Repressionsapparat einer rechtsextremen
Diktatur hinter der MIL her war.
Wie man politische Diskussionen in einem
Spielfilm darstellt, hätten sich die Filmemacher bei Ken Loach abgucken können. Der Film setzt
stattdessen auf die Identifikation mit dem Hauptdarsteller. Ein sympathischer Idealist, der sich für
seine Sache opfert und noch im Gefängnis seine Gegner moralisch ins Unrecht setzt. Daniel Brühl
drückte das in einem Interview mit der Taz so aus: „Diesen Mut, etwas verändern zu wollen
und dafür auch etwas aufs Spiel zu setzen, bewundere ich sehr. Im Fall von Salvador gab es einen
klaren Feind, die Franco-Diktatur, gegen die man angekämpft hat. Diese Klarheit ist auch das, was mich
fasziniert an der Zeit damals. Das ist das Problem für uns heute, dass man vermeintlich alles tun und
lassen kann, dem aber eigentlich nicht so ist. Heute Mittel und Wege für Protest zu finden ist
schwierig."
Bei einem Teil der spanischen Linken
stieß der Film auf heftige Kritik (siehe Interview mit Txema Bofill und Sergi Rosés in Analyse
& Kritik, Nr.520). Sie werfen ihm eine Vereinnahmung von Puig Antich für bürgerlich-
demokratischen Antifranquismus aufgrund der Ausblendung seines politischen Hintergrunds und der
Banalisierung der Arbeiterbewegung vor. Auch kritisieren sie, dass die ETA im Film für den Tod
Salvadors verantwortlich gemacht werde.
Die Kritik erscheint mir nicht gerecht, da
im Film am mörderischen Charakter des Franco-Regimes und an dessen Schuld an Salvadors kein Zweifel
gelassen wird. Auch wird deutlich gesagt, dass das Urteil bis heute nicht aufgehoben wurde, was nicht
gerade ein Kompliment für die aktuelle bürgerliche Demokratie in Spanien ist. Aber dass diese
Kritik von linker Seite geübt wird, macht die Problematik der Darstellung im Film deutlich. Denn diese
Art von reinem Idealismus ist zwar auf Anhieb sehr erhebend, auf Dauer aber folgenlos. Denn wie Daniel
Brühl im Interview sagte, heute sei Rebellion schwer, weil der klare Gegner fehle. Das Engagement
setzt also heute mehr denn je außer Idealismus eine klare Analyse voraus.
Ich möchte den Film trotzdem
empfehlen. Es tut einfach gut, sich ca. zwei Stunden einen Film anzusehen, in dem ein linksradikaler Rebell
als positive Identifikationsfigur dargestellt wird. Und das braucht man einfach ab und zu.
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