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Drei Nachrichten der vergangenen Woche:
Der Internationale Währungsfonds
(IWF) warnt auf seiner Frühjahrstagung 2008 vor dem Zusammenbruch des globalen Finanzsystems. Die
Belastung durch die Hypothekenkrise in den USA wird viel höher als erwartet, prophezeit er. Nicht nur
2 Millionen Häuser stehen dort zum Verkauf, sondern möglicherweise bald 15 Millionen. Die Krise
könnte die Kreditinstitute nicht bis zu 800 Mrd. US-Dollar kosten, sondern bis zu zwei Billionen.
Derselbe IWF warnt zusammen mit der
Weltbank vor Hungerkatastrophen. 36 Länder sind akut von einer Hungerkrise bedroht, 21 davon liegen in
Afrika. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen benötigt allein in diesem Jahr 1,4 Mrd.
US-Dollar mehr. Bye, bye Millenniumsziel, Hunger und Armut bis 2015 zu halbieren.
Und der Weltagrarrat ein UN-
Projekt ähnlich dem Weltklimarat, das 2002 in Johannesburg in Leben gerufen wurde fordert die
Rückkehr zu traditionellen Anbaumethoden, mit herkömmlichen Produktionsweisen, angestammtem
Saatgut und natürlichem Dünger. Dem Rat gehören 400 Regierungs- und Industrievertreter und
Agrarexperten an.
Fangen wir mit Letzterem an.
Die Rückkehr zu traditionellen Anbaumethoden eine zentrale Forderung der Kleinbauern in der
3.Welt wäre nicht mehr und nicht weniger als eine Agrarrevolution für das 21.Jahrhundert.
Sie würde nämlich die Landwirtschaft aus dem Diktat des Produktivitätsfortschritts befreien,
unter das sie die Nahrungsmittel- und Pharmakonzerne gestellt haben. Sie würde eine Entschleunigung
und damit eine neue Entwicklungslogik einleiten. Das ist alles sehr wünschenswert und würde nicht
nur großen Teilen der Bevölkerung im Süden die Existenz sichern, es würde uns auch hier
im Norden zwingen darüber nachzudenken, ob ein Land wie Deutschland es sich auf die Dauer leisten
kann, in der Landwirtschaft nur 3% der Bevölkerung zu beschäftigen.
Die Wahrheit aber ist: Was der Weltagrarrat
da ausgebrütet hat, ist mit den Gewinnmaximierungszielen der Industrie nicht vereinbar. Deshalb haben
die Regierungen von Kanada, USA und Australien sowie die gesamte Riege der Agro- und Biotechmultis den
Bericht umgehend abgelehnt; Deutschland ist im Rat nicht vertreten und hätte keine
rühmlichere Rolle gespielt. Eine neue, bäuerliche, Agrarordnung stellt den
Freihandelskapitalismus in Frage.
Die Hungerrevolten sind nicht das einzige
Indiz dafür, dass es „Weiter so!” nicht geht. Auch Bankiers und Finanzexperten haben
angefangen, nach dem Staat zu rufen. Josef Ackermann glaubt nicht mehr an die Selbstheilungskräfte des
Marktes zumindest wenn es um die Gewinne der Deutschen Bank geht, und selbst der IWF appelliert an
die Verantwortung der Staaten. Hat der Kapitalismus was gelernt? Kann man Milton Friedman jetzt einmotten?
Das wäre ein großes
Missverständnis. Was da auf Seiten der „Wirtschaftsführer” diskutiert wird, ist kein
Kurswechsel, keine Abkehr vom globalen Freihandel mit allem und jedem. In der Praxis dominiert weiterhin
das „Weiter so!” Die Weltbank hat angekündigt, ihre Investitionen in die Landwirtschaft
bis 2011 auf 1 Mrd. Dollar aufstocken zu wollen. Damit soll „die Landwirtschaft in den
Entwicklungsländern modernisiert und in die globalen Wertschöpfungsketten integriert
werden” Das soll sie lieber sein lassen. Da wird der Teufel mit Beelzebub ausgetrieben!
Und in den „Zusammenbruch des
globalen Finanzsystems” gehen die G7, die sich in Washington Mitte April trafen, sehenden Auges. Es
passiert nämlich nichts. Es gibt neue nationale (!) Aufsichtsgremien für die global
tätigen Banken (aber keine internationalen), es gibt kurze Drähte zwischen diesen
Aufsichtsgremien und den Zentralbanken für den Fall der Fälle, die Banken sollen
„Notfallpläne” erarbeiten und die Zentralbanken einen „ausreichenden
Instrumentenkasten” soll wohl heißen: ausreichend Geld bereit halten; die
Ratingagenturen werden ermahnt, sorgfältiger zu arbeiten, und Bonuszahlungen an Banker werden erst
dann getätigt, wenn die gesamten Auswirkungen ihrer Spekulationstätigkeit absehbar sind. Auf gut
deutsch heißt das: Es läuft alles weiter wie gehabt, und wenn der große Krach dann da ist,
rennen die Banken zum Staat, auf dass er ihnen helfe auf Kosten des Steuerzahlers natürlich.
Der notwendige Gang zum Staat hat eine
Debatte darüber entfacht, wofür der Staat, sprich: der Steuerzahler, denn gerade stehen soll.
Bislang pumpen die Zentralbanken zweistellige Milliardensummen zur Rettung großer Banken wie Bear
Stearns oder Northern Rock, ohne dass dafür eine Gegenleistung in Form erhöhter staatlicher
Aufsicht verlangt würde. Heiner Flassbeck hat in der Süddeutschen Zeitung gefordert, der Staat
solle sich Gedanken machen, „wie man solche verrückten Spiele, die die ganze Weltwirtschaft in
Gefahr bringen, in Zukunft verhindern kann. Der Staat muss in vielen Bereichen für Regulierung
sorgen” Er fordert Banken, deren Zusammenbruch die Weltwirtschaft gefährden kann, zu
verstaatlichen.
Warum eigentlich nur die? Warum soll die
öffentliche Hand nur zur Kasse gebeten werden, um die Löcher zu stopfen, die private
Spekulationslust gerissen hat? Und wer garantiert, dass Verstaatlichung auch mehr Regulierung bedeutet?
Schließlich waren in die Bankenpleiten der letzten 30 Jahre überwiegend (staatliche) Landesbanken
involviert.
Flassbeck argumentiert: „Banken sind
keine normalen Unternehmen, die Menschen haben dort ihr Erspartes hingetragen und dort für ihr Alter
vorgesorgt. Da kann sich der Staat nicht einfach heraushalten.” Das ist richtig, heißt aber
nichts anderes, als dass Banken durch ihre Spar- und ihre Kreditfunktion eine öffentliche Aufgabe
wahrnehmen. Öffentliche Aufgaben aber gehören unter öffentliche Kontrolle. Das Kreditwesen
als solches gehört in staatliche Hand und unter eine öffentliche Aufsicht, die
Verfilzungen wie bei den Landesbanken verhindern. Privater Reichtum darf nicht die Möglichkeit haben,
eine Volkswirtschaft zu dominieren.
Vor 160 Jahren forderten Karl Marx und
Friedrich Engels: „Expropriation des Grundeigentums; starke Progressivsteuer; Zentralisation des
Kredits und des Transportwesens in den Händen des Staates; gleicher Arbeitszwang für alle;
öffentliche und unentgeltliche Erziehung der Kinder.” Das 10-Punkte-Programm des Kommunistischen
Manifests hat offenkundig von seiner Aktualität nichts eingebüßt.
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