SoZ - Sozialistische Zeitung

Zur SoZ-Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Mai 2008, Seite 04

Die LINKE vor dem Parteitag

Keine Umverteilungspartei?

von THIES GLEISS

Vor dem ersten ordentlichen Parteitag der Partei Die LINKE am 24. und 25.Mai versuchen die bürgerliche Presse und die Konkurrenzparteien, innerlinken Streit zu provozieren. Bei der „medienängstlichsten Partei” (O-Ton Georg Fülberth) des Landes bedarf es dazu nicht viel. Jüngstes Objekt ist das seit WASG-Zeiten von den Ex-Sozialdemokraten in der LINKEN gehegte Lieblingskind der Linkskeynesianer: ein Zukunftsinvestitionsprogramm.
Die Ver.di-Hauptamtlichen und Parteivorstandsmitglieder, Ralf Krämer und Michael Schlecht, legten im Februar dem Parteivorstand einen Antragsentwurf vor, der für Kenner der SPD- und Juso-Geschichte ein einziges Déjà-vu- Erlebnis gewesen sein musste. Für den „sozialen und ökologischen Umbau” und die „Entwicklung einer binnenmarktorientierten und Kaufkraft steigernden Wirtschaftspolitik” wurde ein Programm staatlicher Ausgaben in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und Beschäftigung gefordert. Der Antrag war harmlos und technokratisch. Inhaltlich nicht annähernd so deutlich wie die auch nicht gerade kampfeslustigen „Programmatischen Eckpunkte” vom Gründungsparteitag der LINKEN, enthielt er keinerlei Hinweise darauf, welche gesellschaftlichen Kräfte denn gegen welche anderen mobilisiert werden müssten und wie eine solche Mobilisierung organisiert werden könnte, damit auch nur eine einzige Forderung daraus erstritten werden kann. Wie die heute stattfindenden realen Konflikte um Lohnsenkung, Arbeitszeitverlängerung, um Rentenkürzung und Privatisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen unterstützt und radikalisiert werden können, war ebenso wenig Thema wie die populären Forderungen nach Vergesellschaftung der Energiekonzerne oder der sich selbst in ihrer Krise noch schamlos bereichernden Banken und Versicherungen. Irrealpolitik pur also.
Dennoch liefen die Regierungsozialisten vom Forum Demokratischer Sozialisten sofort Sturm gegen diesen „Utopismus” der West-Gewerkschafter; das alles sei „unseriös berechnet”, nicht gegenfinanziert und Populismus. Wenn man es nicht besser wüsste, hätte das auch die FDP anmerken können. In den Wochen danach verkündete Helmut Holter dann das Schlachtmotto: Die LINKE dürfe nicht als Umverteilungspartei etikettiert werden. Und statt eines gemeinsamen lauten Aufschreis „Ja was denn sonst?” ließen sich die Antragsteller um Ralf Krämer auf einen faulen Kompromiss ein. Der Antrag zum Investitionsprogramm wird auf dem Parteitag nicht gestellt. Stattdessen wird ein weichgespülter längerer Abschnitt in den allgemeinen Leitantrag integriert.
Ende gut, alles schlecht. Wieder eine Chance verpasst, mit der LINKEN eine echte, die gesellschaftlichen Kämpfe vorantreibende Offensive zu betreiben. Stattdessen fruchtloses, langweiliges Gekabbel in der eigenen Hälfte, mit Leuten, die sowieso nicht mehr wissen, wo das gegnerische Tor steht.


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