SoZ - Sozialistische Zeitung |
Der Marktanteil der Discounter am Einzelhandel hat sich in Europa den letzten zehn
Jahren mehr als verdoppelt. Die Zahl der Filialen stieg von 20000 auf 30000. Ihr Marktanteil in Deutschland
liegt über 40%. Nach einer Studie des Marktforschungsunternehmens ACNielsen sind sie der einzige
Geschäftstyp, der dauerhaft Umsatzzuwächse erzielt.
Das Geheimnis ihres Erfolgs liegt jedoch
nicht in der Einzigartigkeit der Qualität ihrer Produkte, sondern in ihrem Preis. Und den zahlen nicht
nur die Kunden, sondern erst einmal die Beschäftigten, die in einer weltweiten Wertschöpfungskette
diese Produkte herstellen, und die Beschäftigten in den Filialen der Einzelhandelsketten, die sie
verkaufen. Sie zahlen ihn mit Löhnen, die oft nicht zum Leben reichen, mit flexibilisierten
Arbeitsverträgen, mit einem gesundheitsgefährdenden Arbeitsdruck und mit Einschüchterungen,
die ihnen möglichst jeden Versuch der Gegenwehr austreiben sollen.
Zu einer gewissen Bekanntheit hat es vor
allem der Lidl-Konzern gebracht, der mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Bildung von
Betriebsräten unterdrückt und dabei ein stasiähnliches Bespitzelungssystem entwickelt hat.
Doch ist dies nur die Spitze des berühmten Eisbergs. Dessen wichtigste Konturen sichtbar zu machen ist
das Verdienst einer Reihe von Publikationen, die in den letzten Jahren von NGOs und Gewerkschaften erstellt
worden sind.
Von Südwind gibt es eine
Broschüre, die sich mit den Arbeitsbedingungen von Aldi-Zulieferern in China und Indonesien befasst.
Dokumentiert wird ein massiver Verstoß gegen Menschenrechte und ILO-Normen. Im Schlussteil wird ein
Konzept für eine „Globale soziale Rechenschaftspflicht” von Unternehmen entwickelt, das
Verbrauchern und Gewerkschaftern nutzen können, um den Konzern zur Beendigung dieser
menschenunwürdigen Praxis zu zwingen.
In der Nachfolge des „Lidl-
Schwarzbuchs” hat Ver.di das Schwarz-Buch Lidl Europa herausgegeben. Es folgt dem Konzern, der heute
mit 6000 Filialen in 24 europäischen Ländern vertreten ist und dort mittlerweile 50% des Umsatzes
macht. Das Heft enthält Interviews mit Verkäuferinnen und Erfahrungsberichte von Gewerkschaftern.
Gerade die grenzüberschreitende Kooperation der beteiligten Gewerkschafter ist ein wichtiger Schritt,
um voneinander zu lernen und gewerkschaftliche Antworten auf europäischer Ebene zu finden.
Eine weitere Publikation beschäftigt
sich mit dem Drogeriediscounter Schlecker. Sarah Bormann gelingt, es das perfide System der
Mehrwertsteigerung im „größten Drogerieunternehmen der Welt” vorzustellen. Die
persönlich haftende Familie hat sich ein Imperium mit 50000 Beschäftigten aufgebaut, dessen
rasante Entwicklung so die Autorin „nicht zuletzt durch eine Personal- und
Beschäftigungspolitik ermöglicht wurde, die bewusst gesetzliche Bestimmungen und tarifliche
Standards verletzte, die Würde der Mitarbeiterinnen ignorierte und gezielt auf eine Schwächung und
Behinderung der Interessenvertretung der Beschäftigten aus war”
Schließlich sei noch die Broschüre
erwähnt, die gemeinsam von Inkota, Netz Bangladesh, Terre des Femmes und der Ver.di-Bundesverwaltung
erstellt wurde. Die Studie untersucht u.a. Arbeitsrechtsverletzungen bei den Lieferanten von Lidl und Kik in
Bangladesh, argumentiert für die Einführung verbindlicher, staatlich gesicherter Sozialstandards
und fordert von der EU konkrete Schritte für ein „verbindliches Rahmenwerk für
unternehmerische Verantwortlichkeit”
Einen anderen Ansatz zur gewerkschaftlichen
Vernetzung von unten verfolgt das Projekt ExChains des Bildungswerks TIE. Es zielt darauf ab, Verbindungen
zwischen Arbeiterinnen im Einzelhandel und in der Textil- und Bekleidungsindustrie aus Europa und Asien
herzustellen, die entlang der globalen Zulieferkette arbeiten. Weitere Infos dazu erhält man unter www.labournet.de/branchen .
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