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"Denn in der Familie stecken die Frauen.
Sie sollen wirken für das öffentliche Leben, aber man soll ihrer dabei nicht ansichtig werden,
denn sie sollen zu Hause bleiben”, schrieb der erste Familiensoziologe W.H.Riehl 1866 in seinem Buch
Die Familie. Das war deutlich und es war und ist eine Position die immer wieder und in allen Kreisen
Anhänger fand. Der Wunsch der Arbeitsmänner, „so viel zu verdienen, dass wir unsere Familien
ehrlich und ordentlich ernähren können”, so geäußert von dem Wortführer des
großen Bergarbeiterstreiks im Mai 1889, August Siegel, ging genau in diese Richtung.
Spätestens seit Louise Otto und Clara
Zetkin gibt es allerdings auch Frauen, die unruhig werden, wenn sie solche Töne hören. „Kaum
zu zügelnde Unruhe ... beim Familiengehalt”, das ist kein Bericht vom ersten Parteitag der LINKEN
vom 23. bis 25.Mai 2008 in Cottbus, sondern von einer Veranstaltung der CDU aus dem Wahlkampfjahr 2002.
Diese Partei hat dann davon Abstand genommen, das Familiengehalt ähnlich wie 1998 noch einmal zum
Wahlkampfthema zu machen.
Zehn Jahre später fordert Christa
Müller, familienpolitische Sprecherin der LINKEN im Saarland und Autorin von Dein Kind will dich ein
langjährig an Familien gezahltes Familiengehalt nach eben diesem Konzept und mit dem CDU/CSU-Argument
der „Wahlfreiheit” Hausarbeit soll demnach mit 1600 Euro (nach drei Jahren 1000 Euro) zur
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gemacht werden, wenn Kinder in der Familie angekommen
sind. In ihrem Buch Dein Kind will dich bezeichnet sie Frauen, die nach der Geburt eines Kindes „ohne
ökonomische Notwendigkeit” in den Beruf zurück wollen, als verantwortungslos und
selbstsüchtig.
Freilich war es unfair, dass viele
Genossinnen die Genossin Müller auspfiffen. Schließlich hatte sie 200 Unterstützerinnen und
bekam starken Beifall für ihre Thesen, und zudem birgt auch das von Parteivize Katja Kipping und ihren
Mitstreitern bevorzugte Konzept für ein „bedingungsloses Grundeinkommen” die Gefahr, dass
(vor allem) Frauen zu Langzeithausfrauen werden. Müllers Behauptung: „Kinder fühlen sich in
Familien am besten aufgehoben” wird auch von manchen bGE-Vertretern verfochten.
Verabschiedet wurde auf dem Parteitag ein
Antrag der LISA (Linke Sozialistische Arbeitsgemeinschaft der Frauen in der LINKEN), der den massiven Ausbau
elternbeitragsfreier Ganztagsangebote in öffentlichen Kindertagesstätten forderte. Die LISA
Leipzig hatte bereits im April Christa Müller aufgefordert, sie solle künftig bei ihren
Medienauftritten eindeutig klarstellen, dass ihre Vorstellungen vom Familiengehalt ihre persönliche
Ansicht und die einer Minderheit in der LINKEN seien. Der saarländische Landesverband der LINKEN will
damit allerdings in den Landtagswahlkampf 2009 ziehen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die am besten
ausgebildete Frauengeneration aller Zeiten zu solchen „Herdprämien” verhält. Die
gelebte Realität mit ihren vielfältigen Lebensformen geht ohnehin eigene Wege.
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