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Bald eine Milliarde Menschen auf der Welt hungert nicht weil nicht
ausreichend Nahrungsmittel produziert werden, sondern weil ihnen das Geld fehlt, solche zu kaufen, oder das
Land, solche zu produzieren.
Am 5.Juni ging in Rom der FAO-Gipfel
über Ernährungssicherheit zu Ende. Die FAO ist die UN-Organisation für Ernährung und
Landwirtschaft. Die Schlusserklärung lässt keine Richtungsänderung der Politik in diesem
Sektor erkennen, obwohl sie seit Jahren verfolgt wird und gerade sie zur derzeitigen Nahrungsmittelkrise
geführt hat.
Die wohlmeinenden Absichtserklärungen
und die Millionen Euro schweren Versprechen zahlreicher Regierungen, den Hunger auf der Welt zu beseitigen,
können die strukturellen Ursachen, die diese Krise hervorgebracht haben, nicht überwinden. Auch
der Vorschlag von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, die Nahrungsmittelproduktion um 50% zu steigern und
die Exportbeschränkungen für die betroffenen Länder aufzuheben, ist eher dazu angetan, die
Krise noch zu verschärfen, als die Mehrheit der Bevölkerungen des Südens ausreichend zu
ernähren.
Denn was auf diesem Gipfel nicht zur Sprache
kam, war das Monopol einiger Nahrungsmittelmultis über jedes einzelne Kettenglied der
Nahrungsmittelproduktion, angefangen vom Saatgut über die Düngemittel bis hin zur Vermarktung und
den Vertrieb dessen, was wir einkaufen und essen.
Die größten Saatguthersteller
Monsanto, DuPont, Syngenta haben bestätigt, dass ihre Gewinne gestiegen sind. Das gleiche
gilt für die wichtigsten Hersteller von Kunstdünger. Die Gewinne großer
Nahrungsmittelkonzerne wie Nestlé und Unilever sind ebenfalls gestiegen, aber viel weniger als die der
ersten beiden Gruppen. Auch große Lebensmittelketten wie Wal Mart, Tesco oder Carrefour steigern ihre
Profite.
Das Ergebnis des FAO-Gipfels bildet den
Konsens ab, der zwischen der UNO, der Weltbank und dem IWF erreicht wurde. Er verfolgt zwei Ziele: den
Süden wirtschafts- und handelspolitisch vom Norden abhängig zu halten; und die Unterstützung
der Nahrungsmittelmultis. In diese Richtung weisen auch die Empfehlungen für eine größere
Öffnung der Märkte im Süden, für die Subventionierung der Nahrungsmittelimporte aus den
Geldern für Entwicklungshilfe, und für eine neue Grüne Revolution.
Diejenigen, die das Land bearbeiten und in
deren Hände unsere Ernährung liegen sollte die Bäuerinnen und Bauern waren von
der Debatte ausgeschlossen. Als Vertreter von Bauernorganisationen versucht haben, bei den
Eröffnungsfeierlichkeiten des Gipfels ihre Vorschläge vorzutragen, wurden sie mit Gewalt entfernt.
Bei früheren Gipfeltreffen war eine stärkere Beteiligung der Zivilgesellschaft zugelassen worden.
Diesmal aber, wo die Lage sich so zugespitzt hat, seien die Türen verschlossen geblieben, klagt die
internationale Bauernorganisation Via Campesina.
Eine Lösung der Krise setzt voraus,
dass mit dem derzeitigen Modell des Landbaus und der Ernährung Schluss gemacht wird, weil es die
Wirtschaftsinteressen der großen Multis privilegiert vor den Nahrungsbedürfnissen von Millionen
Menschen. Die strukturellen Ursachen der Nahrungsmittelkrise liegen in 30 Jahren ununterbrochener
neoliberaler Politik, betrieben von den internationalen Organisationen Weltbank, IWF und WTO, im Einklang
mit den USA und der EU. Diese Politik hat weltweit eine wirtschaftliche Liberalisierung durchgesetzt, die
Märkte zwangsweise öffnet und Flächen, die der lokalen Nahrungsmittelversorgung dienen,
privatisiert und in Monokulturen für den Export umwidmet. Das ist die Politik, die zur derzeitigen
Nahrungsmittelkrise geführt hat. Laut Weltbank leiden heute 850 Millionen Menschen Hunger; ihre Zahl
soll in den kommenden Jahren auf 950 Millionen steigen.
Aus der Krise wird es nur einen Ausweg
geben, wenn die Märkte und der internationale Handel reguliert und kontrolliert werden. Die nationalen
Ökonomien müssen wiederhergestellt werden, die Bauern und ihre Familien wieder die Kontrolle
über die Nahrungsmittelproduktion und freien Zugang zu Boden, Saatgut und Wasser erhalten. Die
Landwirtschaft muss aus den WTO-Abkommen herausgenommen und der Spekulation mit dem Hunger ein Ende gesetzt
werden.
Der Markt kann die Krise nicht lösen.
Der stellvertretende Generaldirektor der FAO, José Maria Sumpsi, hat gesagt, es handele sich hier um
ein Problem von Angebot und Nachfrage, weil der Konsum aufstrebender Länder wie Indien, China und
Brasilien so stark steige. Man muss aber sagen, dass es noch nie in der Geschichte mehr
Nahrungsmittelproduktion gegeben hat als heute.
Auf der Welt wird heute dreimal mehr Nahrung
produziert als in den 60er Jahren, während die Weltbevölkerung in dieser Zeit sich nur verdoppelt
hat. Es gibt keine Krise der Nahrungsmittelproduktion, vielmehr ist es breiten Teilen der
Weltbevölkerung unmöglich, sich Nahrung zu beschaffen, weil sie ihnen zu teuer ist.
Die Lösung liegt nicht im Freihandel;
Freihandel führt nur dazu, dass die Zahl der Hungernden steigt und ihr Zugang zu Nahrungsmitteln
abnimmt.
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