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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, September 2008, Seite 15

M.del Carmen González/G.Ziesemer (Hg.):

Zukunft braucht Vergangenheit — Zukunft braucht Frauen, Berlin: Rhombos, 2005, 258 Seiten, 22 Euro

Beachtung verdient ein von Maria del Carmen González Gamarra und Gudrun Ziesemer herausgegebener Reader über den Zweiten Kongress internationaler Frauen, der, wenig beachtet von der Presse, vom 26. bis 28.März 2004 unter dem Motto „Zukunft braucht Vergangenheit — Zukunft braucht uns Frauen” in Frankfurt am Main stattfand.
Angesichts zunehmender nationalistischer, fundamentalistischer und sexistischer Umtriebe war es richtig, die interne Kommunikation der Frauen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen zu dokumentieren. Der Kongress knüpfte an den zwanzig Jahre vorher stattgefundenen Ersten Kongress Internationaler Frauen an. Sein Ziel war, nicht nur die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ausländischen und deutschen Frauen herauszuarbeiten, sondern auch danach zu fragen, was in den zwanzig Jahren, „einer Zeitspanne, in der aus einem Baby ein Erwachsener wird”, erreicht wurde.
Einige der Referentinnen hatten vor zwanzig Jahren noch gar nicht angefangen, Politik zu machen, für andere war Frauenpolitik damals ein Fremdwort, oder die „Befreiung der Frau” ein „Nebenwiderspruch, der sich mit der Revolution schon erledigen würde” In ihrer Jugend fühlten sie sich als Frau nicht benachteiligt, folgten dem Motto: „Wer sich nicht bewegt, spürt seine Ketten nicht” (Susanne Bötte). Je mehr sie sich aber bewegten und engagierten, desto mehr fiel ihnen auf, dass sie sich wehren müssen, wenn sie nicht weiter diskriminiert werden wollen.
Viele Beiträge artikulieren die Angst vor zunehmendem Rassismus und Sexismus. Beeindruckend sind die internationalen Beiträge. Viele der Autorinnen arbeiten seit vielen Jahren in feministischen, antirassistischen und queeren Gruppen. Die Iranerin Farzaneh Sharifi, fragte bspw. danach, was die Verschleierung der Frau mit pornografischer Darstellung des weiblichen Geschlechts gemeinsam habe, und ob die verschleierte Frau als Symbol des politischen Islam die „säkularisierte Welt” etwa herausfordern wolle. Yeo- Kyu Kang von der koreanischen Frauengruppe Heidelberg sprach über die Sexsklaverei des japanischen Militärs während des Asienpazifischen Krieges 1933 und 1945; über die israelische Besetzung Palästinas berichtete Paula Abrams-Hourani von den Frauen in Schwarz in Wien — um nur einige zu nennen.
Breiten Raum nahmen einige theoretische Beiträge zum Arbeitsbegriff und die historisch beleuchtete Begriffsentwicklung von Maria del Carmen Gonzáles ein: 1964 „Gastarbeiter”, 1984 „Ausländer”, 2004 „Migrant” Ausdrücklich verwies sie auf die unterschiedlichen Identitäten, von denen die religiöse nur eine Kategorie ist. Wird diese herausgegriffen, reduziert sie die Menschen, weil sie eben viel mehr sind und Religion alleine keine alles umspannende Identität stiftet oder stiften kann.
Die Erkenntnis, dass es für Frauen in den letzten zwanzig Jahren nicht leichter geworden ist, ist eine der Schlussfolgerungen der Konferenz. Einige bedankten sich ausdrücklich, sie hätten auf dem Kongress gelernt, dass es notwendiger denn je wird, gegen den Strom zu schwimmen. Denn leider ist das Patriarchat nicht zu Ende, auch wenn die italienische Philosophin Chiara Zamboni das in ihrem, nicht unwidersprochen gebliebenen, Referat, am letzten Tag des Kongresses behauptete.

Gisela Notz


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