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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2008, Seite 13

Erklärung von Wperjod

zum Krieg im Südkaukasus (Auszug)

Wperjod (Vorwärts) ist eine russische marxistische Organisation.

Gewöhnliche Menschen wurden zu Geiseln der beiden imperialistischen Blöcke. Zu den Opfern gehören das Volk von Südossetien, dessen Recht auf Selbstbestimmung zu einer Tauschmünze im Konflikt geworden ist, und das georgische Volk, das bereits unter dem Eindringen russischer „Friedensstifter” zu leiden hatte.
Es lässt sich nicht leugnen, dass das Gefühl des südossetischen Volkes unzweideutig ist: Russland wird von der Mehrheit der Osseten als ein Bollwerk gegen die ethnischen Säuberungen und die Gewalt der georgischen Regierung betrachtet. Diese Position ist ziemlich natürlich für eine friedliche Bevölkerung, die die Aggressionen der georgischen Armee zu spüren bekam. Das konkrete Kräfteverhältnis im internationalen Maßstab — ebenso wie die große Schwäche der internationalen und georgischen Arbeiterbewegung — führen deshalb dazu, dass die ossetische Bevölkerung keine andere Verteidigerin hat als die Armee des imperialistischen Russland. [...]
Unsere Position hat nichts zu tun mit jener der Politiker der Rechten und der vorgeblichen Linken, die das Banner des Kampfes für „die Interessen der Russischen Föderation” erheben. Als Verfechter einer vollständigen und bedingungslosen Solidarität mit dem ossetischen Volk und seinem Kampf für Selbstbestimmung verweigern wir jede Solidarität mit dem russischen Imperialismus und jede Unterstützung für den Staat Putins und Medwedews. Wenn wir ein politisches und moralisches Recht haben, die Osseten gegen die Unterdrückung zu unterstützen, der sie seitens des bürgerlich-nationalistischen Regimes von Saakashwili ausgesetzt sind, so weil wir bereit sind, jedes Volk zu unterstützen, das vom russischen Imperialismus unterdrückt wird.
Wir unterstützen das Recht Südossetiens auf Selbstbestimmung, bis hin zur Trennung von Georgien und der Schaffung eines unabhängigen Staates oder einer Vereinigung mit Nordossetien als Bestandteil der Russischen Föderation. Aber trotz ihrer „humanitären” und „Friedens"rhetorik ist die russische herrschende Klasse zu einem Haupthindernis auf dem Weg zu einer wirklichen Selbstbestimmung für das Volk von Südossetien geworden. Heute spielt die russische Regierung die Karte der Anerkennung der Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens aus. Aber sie wird sie nie in die Praxis umsetzen. Die Integration Südossetiens in die Russische Föderation würde in Widerspruch zum Prinzip der „territorialen Integrität” treten, das von Russland in Bezug auf Tschetschenien und jüngst anlässlich der Unabhängigkeitserklärung Kosovas bekräftigt wurde.
Vor allem die unabhängige Entscheidung des südossetischen Volkes über sein eigenes Schicksal würde einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen, in dem das System der „vertikalen Macht” und der bedingungslosen Unterordnung der Regionen unter das Zentrum verletzt würde. Die Wiedervereinigung Ossetiens als Bestandteil der Russischen Föderation würde die Regeln und Prinzipien in Frage stellen, auf denen die Föderation basiert. Die Einwohner Südossetiens und Abchasiens, die im Verlauf der letzten Monate die russische Staatsbürgerschaft angenommen haben, bleiben Bürger zweiter Klasse. Die Flüchtlinge aus Ossetien, die in die südlichen Regionen gelangen, fristen eine erbärmliche Existenz als Zielscheibe von Rassismus und Unterdrückung.
Bezüglich des Status von Südossetien muss auch der Gesichtspunkt Tausender Georgier berücksichtigt werden, die auf diesem Territorium lebten und heute nach Georgien geflüchtet sind. Wir appellieren an die Völker Russlands, Südossetiens und Georgiens, Rechenschaft von den Politikern und Geschäftsleuten dieser Länder zu fordern, die Verantwortung für die Massaker und das Leid tragen, und die Politik ihrer Regierungen, die nur zu neuen Kriegen führen kann, zu bekämpfen.


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