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Homepage SoZ - Sozialistische Zeitung, Oktober 2008, Seite 16

Was bedeuten Obama und McCain für Afrika?

Außenpolitische Annäherung der beiden Kandidaten — auf der Linie McCains

von Anton Holberg

Der schwarze Kontinent wird für die USA immer wichtiger. Doch eine Änderung der Linie gegenüber der Bush-Regierung ist nicht in Sicht.
Es steht noch völlig in den Sternen, wer im November das Rennen bei den US- Präsidentschaftswahlen machen wird. Weder unterschiedliche Versprechen im Wahlkampf, noch die Tatsache, dass der Vater Obamas Kenyaner und er dadurch der erste schwarze Kandidat für die Präsidentschaft in den USA ist, aber auch nicht unbedingt die Tatsache, dass Obama in der letzten Phase des Wahlkampfes verschiedene seiner früheren Positionen öffentlich revidiert und sich McCain angenähert hat, bedeuten für sich genommen, dass er als Präsident das Eine oder das Andere tun wird. Für McCain gilt natürlich dasselbe. Die Demokratische Partei und die Republikanische Partei sind die beiden Hauptparteien des US-Imperialismus. Niemand kann bei ihnen Präsidentschaftskandidat werden, der nicht sowohl das nötige Großgeld hat, als auch die Gewähr dafür bietet, die Grundlagen des Systems zu verteidigen.
Dass Obamas Hautfarbe und mehr noch seine afrikanischen Familienbindungen ihn zu einem Präsidenten mit einem besonderen Interesse an Afrika und vor allem mit einem offeneren Ohr für „afrikanische Belange” machen könnten, muss keineswegs etwas für sich haben. Zum einen ist Afrika voll von schwarzen Präsidenten, die nur ein offenes Ohr für ihre sehr persönlichen Belange und die ihrer Entourage haben. Wichtiger ist jedoch, dass Afrika in den letzten Jahren schon unter dem Republikaner G.W.Bush eine in der US-Politik bis dato nicht gesehene Aufwertung erlebt hat.
Im Osten des Kontinents, wo die USA sichtbarer militärisch agieren, steht der islamistische Terrorismus, der vermeintlich in Somalia eine Basis gefunden hat, im Mittelpunkt, ebenso militärstrategische Interessen an der angrenzenden erdölreichen nah- und mittelöstlichen Region.
Zunehmend wichtiger dürfte das Interesse der USA an der Westflanke Afrikas werden. Hier liegen die wichtigsten Erdölstaaten, Nigeria, Gabun, Äquatorialguinea und Angola, und von wachsender Bedeutung sind auch Kamerun und dahinter der Tschad. Der Tschad erlaubt zugleich eine Einmischung in den Sudan. Der Sudan wurde bereits unter dem Demokraten Clinton als islamistischer „Schurkenstaat” bombardiert. Er hat seine reichen Erdölvorkommen nämlich nicht in erster Linie US-Firmen, sondern für Unternehmen der VR China geöffnet.
Im Hinterland der westafrikanischen Küste ist es besonders Mali, das US- amerikanische Interessen geweckt hat. Mali grenzt darüberhinaus an das erdöl- und erdgasreiche Algerien und ist in seinem wüstenhaften Norden Operationsgebiet nicht nur von Tuareg-Rebellen, sondern westlich von diesen auch von islamistischen Terroristen, die im Maghreb aktiv sind. In Mali gerieten US-Luftwaffenangehörige im September vergangen Jahres unter Feuer, als sie der malischen Armee Ausrüstung liefern wollten. Ende August 2007 waren rund 350 US-Militärs nach Mali gekommen, um dort Übungen zusammen mit Soldaten aus Tunesien, Algerien, Marokko, Mauretanien, Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger, und Nigeria durchzuführen.

Africom

Die erwähnten Erdölländer versorgen die USA inzwischen mit rund 20% ihrer Erdölimporte, ein Anteil, der in den nächsten Jahren rasant steigen soll. Das ist der Hintergrund, vor dem das Pentagon die Einrichtung einer eigenständigen Befehlsstruktur für Afrika unter dem Namen AFRICOM beschlossen hat. Am 1.10.2008 wird AFRICOM von Stuttgart aus operationell.
Zweifellos bilden die Sicherung der Rohstoffversorgung und der „Krieg gegen den Terror” das eigentliche Anliegen der USA. Doch es ist schon ein Allgemeinplatz geworden, dass sich das ohne gewisse begleitende soziale Maßnahmen nur schwer durchsetzen lässt. Beide Präsidentschaftskandidaten haben entsprechende Erklärungen abgegeben. Im Juli rief McCain in New Hampshire zur „Beseitigung der Herde der Entwicklung des Extremismus” auf, welche da seien die Armut, AIDS und „all diese grauenhaften Lebensbedingungen, die zur Unzufriedenheit der Menschen führen und sie zum Extremismus, namentlich des islamischen Extremismus, stoßen”
Obama hat eine Verdopplung der Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2012 auf 50 Milliarden US-Dollar versprochen, „um ein dauerhaftes Wachstum sicherzustellen, vor allem in Afrika.” Die Grundlage für die US-Intervention bildet nach wie vor der Foreign Assistance Act, der 1961 unter der Präsidentschaft von John F. Kennedy formuliert wurde; er legt das Hauptgewicht auf militärische Unterstützung begleitet von punktueller Hungerhilfe.
Obama wird im aktuellen Wahlkampf oft als der neue JFK angepriesen. Richtig ist, dass die Hilfe für Afrika, auch die zivile, schon unter G.W. Bush deutlich angehoben wurde, darunter für den Kampf gegen AIDS und Sumpffieber. Aber noch immer gibt Washington in Afrika viermal so viel Geld für Lebensmittelhilfe aus wie für landwirtschaftliche Entwicklung. Während aber von McCain niemand einen Bruch mit der bisherigen Praxis erwartet, wird Obama als neuer Hoffnungsträger verkauft. In manchen Fragen, wie etwa der Haltung zu Israel, steht er jedoch „rechts” von McCain, so z.B. wenn er ausdrücklich Jerusalem als Hauptstadt Israels bezeichnet. In Hinblick auf so zentrale Konflikte wie Irak und Afghanistan haben sich die Positionen der beiden Kandidaten im Laufe des Wahlkampfs angeglichen — in Richtung auf die seit je von McCain vertretene Position.
Die Afrikapolitik, zu der sich McCain vergleichsweise unkonkret äußert, wird auch bei Obama — sieht man sie im Zusammenhang mit seinem grundsätzlichen Interesse, den Niedergang der USA als unangefochtene imperialistische Führungsmacht zu stoppen — bestenfalls in Einzelfragen neu sein, entspricht in ihrer Tendenz jedoch absehbar der von der Bush- Regierung vorgegebenen Linie. Es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass der konservative Vietnamveteran McCain als Präsident, vor tiefgreifende Entscheidungen gestellt, sich als mutiger zu einem Bruch erweisen könnte als Obama. Erinnert sei an die charakteristische Unfähigkeit der „Sozialisten”, Algerien in die Unabhängigkeit zu entlassen. Dazu bedurfte es erst eines konservativen Generals wie Charles de Gaulle.


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