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Auf der 19. Vertrauensleutekonferenz der IG Metall war die
Debatte des ersten Tages geprägt von der Krise der Finanzmärkte und ihren
Auswirkungen auf die Tarifrunde. Am Ende des Tages waren sich der Erste Vorsitzende Berthold
Huber und alle Diskutierenden einig: Die Forderung nach 8% mehr Lohn ist berechtigt, nichts
muss zurückgenommen werden. Die Nettogewinne in der Metall- und Elektroindustrie sind
zwischen 2004 und 2007 um 220% gestiegen (in 2007: 47,7 Milliarden Euro), die Einkommen in
diesem Sektor aber lediglich um 10%.
Katinka Poengen,
2.Bevollmächtigte der IG Metall Frankfurt, konterte den Ausspruch des Präsidenten
von Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, die IG Metall hätte wohl nicht mehr alle Tassen im
Schrank: „Die Kanne ist voll, die Tassen sind leer, 8% müssen her."
Schockiert war Gesamtmetall
nicht nur von der Höhe der Forderung, sondern auch davon, dass die IG Metall einen
gerechten Anteil der Beschäftigten an den Gewinnen der Unternehmen will.
Umverteilung darf nicht sein.
Kannegiesser hat auch gleich eine schlüssige Erklärung parat: Nur durch eine
Erhöhung des Eigenkapitals sei man gewappnet gegen die Unsicherheiten am Kapitalmarkt.
Am liebsten wäre es
Gesamtmetall, zur Berechnung der Höhe der Tarifforderung würde nur der
Produktivitätszuwachs herangezogen; der Ausgleich der Preissteigerungen ist den
Unternehmern seit Jahren schon zu viel. Kannegiesser droht mit Arbeitsplatzabbau,
Zerstörung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und Tarifflucht — und das
ganz unabhängig von den Crashs an den Finanzmärkten.
Die Arbeitgeber der Metall-
und Elektroindustrie argumentieren zurückhaltender mit dem Bankenkrach als die Presse,
die ein Almagam aus fallenden Börsenkursen und rückläufiger Automobilproduktion
erzeugt, um die IG Metall zu fragen: Ist eine so hohe Tarifforderung nicht schädlich
für die Gesamtwirtschaft, muss jetzt nicht zurückgerudert werden, ist dies nicht die
Zeit für Schlichter statt für Warnstreiks?
Tatsächlich fällt es
in diesem Kuddelmuddel von halbgaren Erklärungsversuchen, rückläufigen
Auftragseingängen und dem Ausfall von Produktionsschichten in der Autoindustrie auch
Gewerkschaftsmitgliedern nicht ganz leicht, Kurs zu halten. Wenn Berthold Huber in einem
langen Spiegel-Interview am 13.10. andeutet, eine längere Laufzeit von zwanzig Monaten
sei in Anbetracht der Unwägbarkeiten denkbar, sendet er Signale, die die Kolleginnen und
Kollegen verunsichern.
Ist Zurückhaltung doch
angebracht?
Lohnzurückhaltung wird
die abflauende Konjunktur nicht stoppen, eher wird die Binnennachfrage durch einen
mäßigen Abschluss noch weiter geschwächt. Es ist genug Geld da, das anders
verteilt gehört. Diese einfache Botschaft muss in den nächsten Wochen verbreitet
werden, damit die bundesweite Warnstreikwelle in der ersten Novemberwoche zum vollen Erfolg
wird.
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