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In Deutschland gibt es zwei Institutionen zur staatlichen
Bankenaufsicht: die Deutsche Bundesbank und die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Letztere untersteht dem Bundesministerium der Finanzen.
Die Aufgaben der BaFin sind in
den §§6—9 des Kreditwesengesetzes festgeschrieben. Demnach soll sie unter
anderem „Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen”
entgegenwirken, die „die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte
gefährden, die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte oder
Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die
Gesamtwirtschaft herbeiführen können” Zudem soll sie Anordnungen treffen, die
solche Missstände verhindern oder beseitigen. Gemeinsam mit der Bundesbank führt sie
eine „laufende Überwachung” der Banken durch.
Die BaFin soll also
verhindern, dass deutsche Banken in krisenhafte Situationen geraten. Dass Privatbanken und
Landesbanken dennoch in den Sog der Finanzmarktkrise gerieten, deutet darauf hin, dass die
staatliche Bankaufsicht in Deutschland nicht besonders gut zu funktionieren scheint. Und
dieser Umstand wiederum zeigt, dass es mit dem aktuell zu vernehmenden Politikergeschwätz
von den „verantwortungslosen Bankern” nicht allzu weit her ist, da die Politik
für die Fehler der Bankenaufsicht mitverantwortlich ist. Allen voran der in der SPD
vormals für unsympathisch befundene und neuerdings als großer Zampano gefeierte
Finanzminister Peer Steinbrück. Das Versagen der Bankenaufsicht ist immer auch ein
Versagen des Bundesfinanzministeriums.
Und versagt hat die
Bankenaufsicht in den letzten Jahren nur allzu oft. So hätte laut Medienberichten die
Krise der SachsenLB verhindert werden können. Deren außerbilanziellen Geschäfte
mit Zweckgesellschaften in der Steueroase Dublin waren der BaFin seit Jahren bekannt. Die
BaFin und ihr Chef Jochen Sanio waren auch bei der Gründung der Bankgesellschaft Berlin
mit im Boot. An der komplexen Holdingstruktur des Skandalinstituts hatten sie nichts
auszusetzen, auch nicht an deren Schneeballgeschäft mit geschlossenen Immobilienfonds,
das 2001 implodierte und im „Berliner Bankenskandal” mündete.
Und bei den Rettungsaktionen
für beide Banken, also der Abwälzung von Risiken und Verlusten auf die
Allgemeinheit, spielte die BaFin eine wichtige Rolle. In Sachsen drängte Sanio zum
schnellen Verkauf, in Berlin verschreckte er die Abgeordneten gar mit dem Szenario, wenn die
Bank nicht umgehend von ihren Risiken befreit werde, könne kein Bargeld mehr ausgezahlt
werden, die Bundeswehr müsse einmarschieren und Suppenküchen für die
Bevölkerung aufbauen. Das gleiche Prinzip bei der IKB: Außerbilanzielle
Geschäfte mit faulen US-Immobilienkrediten, eine Maulaffen feilhaltende BaFin und zum
Schluss ein Crash.
Sollen Bankenkrisen
zukünftig verhindert werden, braucht es eine funktionierende Bankenaufsicht. Der erste
Schritt dorthin wäre eine Abkehr von der bisherigen Praxis, so lange ruhig zu halten, bis
es kracht. Längst überfällig wäre der Rausschmiss von offensichtlich
inkompetentem Personal, allen voran dem BaFin-Chef Sanio, an dem die Politik aus
unerfindlichen Gründen immer noch festhält. Selbstverständlich müssen
Struktur und Arbeitsweise der Aufsicht so geändert werden, dass sie auch effizient
beaufsichtigen und eingreifen kann — und dies rechtzeitig und nicht erst, wenn Hopfen
und Malz verloren sind. Dazu sind auch gesetzliche Bestimmungen zu ändern. Dabei
wäre noch ein weiteres Problem zu lösen. Denn dass die Bankenaufsicht bislang nicht
funktioniert, könnte zum Teil auch damit zusammenhängen, dass im Finanzministerium
auch Bankenlobbyisten ihre Schreibtische hatten und teilweise an den Gesetzen über die
Bankenaufsicht mitschrieben.
Inwieweit dieser Lobbyismus
auch auf das „Rettungspaket” der Bundesregierung für die Banken eingewirkt
hat, bleibt eine interessante Frage. Zur Schaffung einer funktionierenden Aufsicht steht
jedenfalls nichts im Gesetz — in der wohlinszenierten Eile wurde das wohl vergessen.
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